„Kamedi hat ein phänomenales Produkt gebaut, das weltweit signifikantes Potenzial hat …“
… sagt Daniel Stammler, Co-Founder von Kolibri Games, der gemeinsam mit Oliver Löffler und Janosch Sadowski beim Karlsruher Startup Kamedi eingestiegen ist. Mit seiner „Wunderwaffe“ gegen Insektenstiche streckt das Team seine Fühler jetzt auch auf den außereuropäischen Markt aus.
Man kann sie nicht schönreden: Mückenstiche können einem das Grillfest vermiesen, die Laune oder den Urlaub. Auch die Studenten Lukas, Stefan, Armin und Christof wurden bei ihren Outdoor-Trips regelmäßig von den blutsaugenden Biestern attackiert. Als sie davon hörten, dass Hitze bei Mückenstichen hilft, hatten sie eine Idee. Just for fun. Das war vor fünf Jahren. Heute verkauft das Karlsruher Startup Kamedi ein Smartphone-Gadget, das Juckreiz nach Insektenstichen in Sekundenschnelle stoppt, an weit über 100.000 Kunden in ganz Europa.
Mit heat_it will das Alumni-Team aus dem CyberLab jetzt auch auf den außereuropäischen Markt. Dass der Stichheiler weltweites Potential hat, davon sind auch die Investoren überzeugt. Die Gründer des erfolgreichen Spieleentwicklers Kolibri Games und ebenfalls CyberLab-Alumni sind mit ihrer neu gegründeten Firma BLN Capital bei Kamedi eingestiegen.
Aus Gedankenspielerei wird ein Medizinprodukt
„Wir waren alle total genervt“, erinnert sich Lukas Liedtke, Co-Founder von Kamedi, „dass die Mücken bei unseren Radtouren oder Wanderungen immer über uns herfielen. Das Prinzip mittels Wärme den Juckreiz abzustellen, fanden wir spannend und da man unterwegs nicht immer so viel mit sich herumtragen will, überlegten wir, ein Gadget fürs Handy zu entwickeln, das so klein ist, dass es an den Schlüsselbund passt.“ Was aus einer verrückten Idee entstand, ist heute ein zertifiziertes und nachhaltiges Medizinprodukt, das auf einen riesigen internationalen Markt trifft.
Smartphone-gepowerte Wunderwaffe gegen Juckreiz
Das Wirkprinzip von heat_it ist schnell erklärt.
Sobald man gestochen wurde, verbindet man das Gadget, das gerade mal so groß ist wie ein Stück Würfelzucker, über den USB-Anschluss mit dem Smartphone. Über die zugehörige App wird das Add-on eingeschaltet, auf den Stich gehalten und die betroffene Hautstelle kurzzeitig auf rund 51 °C erwärmt. „Der Hitzeschmerz bewirkt, dass die Nerven das Juckreizsignal nicht mehr so gut weiterleiten können“, erklärt Liedtke das Prinzip der lokalen Hyperthermie, das medizinisch bestätigt ist und ohne Chemie auskommt. „Dadurch kann das Jucksignal stark gemindert werden und damit auch das Bedürfnis, sich ständig zu kratzen.“ Dank der Stromversorgung per Smartphone benötigt das Gadget keine zusätzlichen Batterien und kann bis zu 1000 Stiche pro Handyladung behandeln.
heat_it auf Expansionskurs
„Wir hatten damals Lust darauf, eine smarte Techniklösung zu entwickeln. Der Markt hat uns erst mal nicht wirklich interessiert. Mit der Zeit haben wir erkannt, welches Potenzial in unserer Idee steckt, haben die Bereiche aufgeteilt und uns voll und ganz in die Entwicklung gestürzt“, erzählt Liedtke, der den Bereich Business-Development der 2018 gegründeten GmbH übernommen hat.
Da es sich bei heat_it um ein Medizinprodukt handelt, für das ein hochkomplexes Qualitätsmanagement mit anspruchsvollen medizinischen Richtlinien und einer Vielzahl formaler Kriterien notwendig ist, wird direkt am Karlsruher Firmensitz produziert, da man immer nah dran sein will.
Längst werden die Teile nicht mehr händisch zusammengebaut, sondern vollautomatisch produziert und von Karlsruhe nach ganz Europa verschickt. Zehn festangestellte Mitarbeiter und fünf bis zehn studentische Hilfskräfte gehören zum Kamedi-Team. Zunehmend warme Winter, in denen Insekten ideale Brutbedingungen vorfinden, vergrößern gleichzeitig den Kundenkreis stichgeplagter Mückenopfer.
Alumni CyberLab-Team investiert in den smarten Stick
„Viele Startups stehen anfangs vor der Herausforderung, den ‚Product-Market-Fit‘ zu finden. Kamedi hat bereits unmittelbar nach seiner Gründung ein Produkt auf den Markt gebracht, dessen Kundeninteresse – so kurz nach seiner Einführung – insbesondere im Hardwarebereich seinesgleichen sucht“, sagt Daniel Stammler, Investor und Co-Founder von Kolibri-Games, der das Team auf einer Veranstaltung im Sommer 2020 kennenlernt und sofort Feuer fängt.
Kolibri Games – damals noch Fluffy Fairy Games – wurde 2016 in einer Karlsruher Studenten-WG gegründet. Heute hat das Unternehmen 150 Mitarbeiter mit Sitz in Berlin. Die Gründer Daniel Stammler, Oliver Löffler und Janosch Sadowski sind kürzlich nach dem Verkauf an Ubisoft ausgestiegen und investieren mit ihrer neugegründeten Firma BLN Capital in vielversprechende Startups. Neuerdings auch in den smarten Stichheiler aus Karlsruhe.
Zum heat_it Gadget gehört auch eine intuitive und einfach zu bedienende App, mit der man neben der Behandlungsdauer auch einstellen kann, ob es sich um eine empfindliche Stelle der Haut handelt und ob der Stick bei einem Erwachsenen oder bei einem Kind angewendet wird. Die breite Funktionsspanne, die Größe des Gadgets und der Nachhaltigkeitsaspekt hat die Investoren begeistert. „Kamedi hat ein phänomenales Produkt gebaut, das in Deutschland und auch weltweit signifikantes Potential hat. Wir freuen uns, Teil dieser Erfolgsgeschichte sein zu dürfen“, kommentiert Daniel Stammler die Investmententscheidung.
Die Kolibri-Gründer, die zu Beginn ihrer Karriere, wie Kamedi auch, Teilnehmer des CyberLab Accelerator-Programms waren, das von der Initiative Startup BW gefördert wird, halten bis heute engen Kontakt zum Inkubator. „Wir sprechen regelmäßig mit den Teams und vor angehenden Gründern und betrachten mit BLN Capital seit dem Verkauf von Kolibri natürlich auch viele Unternehmen als potentielle Investmentopportunitäten“, sagt Daniel Stammler und gibt Gründern diesen Tipp mit auf den Weg: „Macht euch Gedanken über den Markt, für den ihr ein Produkt bauen wollt. Ein kleiner Marktanteil an einem großen Markt (> 10 Mrd.) oder ein großer Marktanteil an einem mittelgroßen Markt (500 Mio. bis > 1 Mrd.) erlauben einem Unternehmen, langfristig eine relevante Umsatzgröße zu erreichen, insbesondere durch Ausbau des Produkts in nahestehende Produkte oder Dienstleistungen.
Sehr kleine Märkte (unter 500 Mio.) sind jedoch oft schwierig. Oft erlauben sie nur einem großen Spieler eine Daseinsberechtigung. Bei zwei Unternehmen wird es bereits für beide Parteien unprofitabel. Gleichzeitig begrenzt ein kleiner Markt das Potential der Firmengröße, was wiederum ein ausschlaggebender Faktor für ein potentielles Investment durch einen VC ist – auch wenn das Produkt vielleicht zukünftig auch in größere Märkte übertragbar wäre.“
„Die beste Erfindung seit Bier“
Die Zukunft von Kamedi bleibt spannend. „Es gab hunderte von Änderungen in den letzten Jahren, in unserem Produkt steckt noch viel Potential, das wir weiter ausbauen wollen. Wir können uns auch vorstellen, weitere Medizinprodukte zu entwickeln“, so Liedtke. „Am außereuropäischen Markt sind wir bereits dran. Da es jedoch unterschiedliche nationale Vorschriften, Register, Tests oder Verpackungssymbole gibt, brauchen wir hier noch etwas Geduld.“
Friedrich Georg Hoepfner (Hoepfner HI-TECH Beteiligungsgesellschaft) gab dem Produkt, dessen Idee in der Hoepfner Burg, der ältesten Karlsruher Brauerei, verwirklicht wurde und das er gemeinsam mit anderen namhaften Business-Angels mit unterstützt hat, jedenfalls ein gewaltiges Prädikat mit auf den Weg: „heat_it ist die beste Erfindung seit Bier“.