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Im Gründerview stellen wir eigentlich die StartUps der Region vor – aber was wären diese StartUps ohne Institutionen, an denen sie sich Beratung, Betreuung und heiße Tipps abholen können? Deswegen weiten wir die Serie an dieser Stelle ein wenig aus, um auch die regionalen Angebote für Gründer und ihre Arbeit vorzustellen…

„Einfach vorbeikommen…“ – so beschreibt Michael Lüder, Vorstandsmitglied in der PionierGarage, das Einstiegskriterium zum Mitmachen… „denn wir bieten Studenten den perfekten Einstieg in die Karlsruher Gründerszene!“ Die PionierGarage ist die Hochschulgruppe für unternehmerisches Denken und Handeln am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und damit eine der aktiven Plattformen für gründungsinteressierte Studenten und StartUps in Karlsruhe.

In der Hochschulgruppe unterstützen Studierende andere Studierende, die sich mit dem Thema Gründen befassen oder sogar schon konkrete Gründungspläne umsetzen wollen. Dabei nimmt die PionierGarage viele Rollen ein, um die Studenten zu unterstützen: Hier treffen sich potenzielle Mitgründer, Studenten werden für das Thema Gründen begeistert. Angehende Gründer haben zudem die Möglichkeit, sich Input und Feedback von anderen Studenten zu holen, um ihre Ideen zu verbessern. Ergänzt werden diese Aktivitäten von Angeboten wie Hackathons, Gründerwettbewerben und nationalen sowie internationalen StartUp-Touren. Besonders beliebt: die Vorträge spannender Gründerpersönlichkeiten, die die PionierGarage regelmäßig einlädt…

PionierGarage – ist der Name eurer Hochschulgruppe eine Reminiszenz an die berühmten „Garagengründer“ von Windows, HP und Apple? Wie kann man sich von diesen Gründern inspirieren lassen?

Lustigerweise wissen wir selbst nicht so genau, wer damals die Idee zum Namen „PionierGarage“ hatte. Klar ist jedoch, dass in beiden Wörtern – „Pionier“ und „Garage“ – Assoziationen anklingen, die sich mit dem Gründen gut verbinden lassen. Natürlich gibt es da die großen Gründungsgeschichten von Microsoft, Apple und Co., aber auch im Kleinen denkt man dabei an bootstrapping, basteln oder etwas ausprobieren. Zusammen mit dem Wort „Pionier“, als jemand, der etwas Neues entdeckt, passt das einfach gut zusammen. Ich denke, was die schon angesprochenen Ursprünge von Microsoft, Apple und Co. angeht kann man vor allem lernen, dass es sich lohnt anzufangen, auch wenn man gerade zu Beginn noch kaum Ressourcen zur Verfügung hat. Wenn die Idee gut ist, kann man es trotzdem schaffen.

Seit wann gibt es die PionierGarage eigentlich? Und wer hat die Hochschulgruppe damals gegründet?

Die PionierGarage als eingetragenen Verein gibt es seit dem Frühjahr 2011. Jedoch schon ungefähr zwei Jahre vorher haben sich einige gut befreundete Studenten an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften zu einer Hochschulgruppe zusammengeschlossen und in kleinem Kreis Geschäftsideen ausgetauscht und diskutiert. Diese Gruppe gab sich den Namen Pioniergarage und war sozusagen die Keimzelle aus der sich der Verein entwickelt hat.

Beratet ihr Gründer und Gründungsinteressierte bei konkreten Fragestellungen oder bietet ihr eher breit aufgestellte Informationen rund um die Gründung und StartUps? Und was ist, wenn ich noch gar keine Idee davon habe, was „Gründen“ genau bedeutet?

Wir versuchen ein wenig von beidem zu bieten. Dabei sieht das folgendermaßen aus:  Gründer oder Gründungsinteressierte kommen mit konkreten oder allgemeinen Fragestellungen zu uns. Wir setzen uns dann in der Gruppe mit diesen Fragestellungen auseinander und geben Tipps für die Lösung der Probleme.

Für Mitglieder, die zur PionierGarage kommen und noch nichts in Richtung Gründen kennengelernt haben, bieten wir ausführliche Informationen zur Gründerszene und zum Gründen im Allgemeinen an. Außerdem haben wir mit der „Meet the Founder“-Reihe auch Treffen mit erfahrenen Gründern, die uns ggfs. auch bei unseren Fragen und Problemen weiterhelfen.

Welches ist die kurioseste Gründungsidee, die euch in der PionierGarage bisher untergekommen ist?

Das ist eine schwierige Frage. Die wenigsten Ideen sind wirklich kurios. Meistens sind Geschäftsideen eher sehr naheliegend, wenn man beginnt über sie zu diskutieren. Ich glaube das Problem mit den meisten auf den ersten Blick kuriosen Geschäftsideen ist, dass sie einer genauen Prüfung nicht standhalten und es deswegen dann nicht bis zur Verwirklichung schaffen. Eine Idee, die am Campus umgesetzt wurde, ich weiß leider gar nicht mehr ob von einem Pionier oder nicht, die cool und eher exotisch war, war „Walking Würschtel“, ein tragbarer Würstchengrill, den man mieten konnte.

Gibt es einen universellen Rat für Gründer?

Ich finde es schwer eine generelle Aussage zu treffen. Ein geheimes Kochrezept für den Erfolg eines StartUps gibt es nicht. Ein Motto gibt es aber, welches einem universellen Ratschlag am nächsten kommt: „Einfach ausprobieren!“

Am Ende weiß man durch einfaches Versuchen mehr, als sich im vornherein den Kopf zu zerbrechen, ob die Idee wirklich funktionieren kann. Und selbst wenn die Idee am Ende keinen Erfolg hat, kann man daraus Lehren für die nächste ziehen und aus seinen Fehlern lernen. Ansonsten sollte man jeden Rat ernst nehmen. Viele Gründer sind manchmal etwas beratungsresistent und urteilen zu schnell, weil sie sich auf eine Vision versteift haben und früh denken, sie würden einen Markt verstehen. Diese Einstellung ist sehr gefährlich.

Karlsruhe ist für Gründer…

…eine hervorragende Voraussetzung. Es gibt eine, mit Berlin verglichen zwar kleine aber sehr offene und hilfsbereite Gründer-Community. Sie steht mit Rat und Verbindungen bei der Gründung zur Seite. Vor allem aber ist Karlsruhe ein Standort mit beeindruckend hoher technischer Kompetenz und vielen Talenten in den Ingenieursdisziplinen. Es fehlen leider noch ein paar Ressourcen, um im Gründungsbereich einen richtigen Durchbruch zu erreichen. Aber dazu später mehr.

Beim Gründungswettbewerb GROW unterstützt ihr Teams, die schon eine Geschäftsidee haben. Was können die teilnehmenden angehenden Gründer in den 10 Wochen des Wettbewerbs lernen?

Vor allem werden Studenten dazu motiviert loszulegen. Nach dem vorher erwähnten Motto „Einfach ausprobieren“ versuchen wir so viele Teams wie möglich an den Markt zu bringen. Es langt nicht nur über seine Idee zu sprechen, sondern man muss damit tatsächlich auch anfangen. Mit GROW versuchen wir dafür einen Rahmen zu schaffen.

Außerdem zeigt GROW den Leuten, dass man am Anfang relativ wenige Ressourcen braucht, um zu starten. Noch dazu lernen sie potenzielle Mitgründer und vor allem andere Teams kennen, die sich in ähnlichen Situationen befinden – das hilft ungemein.

Wir versuchen natürlich auch wesentliche Inhalte für die Gründung zu vermitteln und relevante Kontakte zu knüpfen. So gibt es z.B. Workshops zum Thema Lean StartUp, einen Pitch-Workshop und zwei Workshops zu Rechtsthemen. Jedes Team bekommt im Laufe des Programms zudem einen Mentor, der u.a. eine externe Perspektive in das Projekt einbringt.

Ein wichtiger Teil des Wettbewerbs sind auch das Coaching durch Mentoren und das Feedback durch eine Fachury… Wie überzeugt ihr die Mentoren und Jurymitglieder, die teilnehmenden Teams ehrenamtlich zu unterstützen?

Glücklicherweise haben wir dabei selten Probleme. Natürlich hat der eine oder andere Gründer oder Business Angel öfter mal keine Zeit. Doch wie schon gesagt sind die erfolgreichen Gründer hier recht offen und gehen regelrecht darin auf, junge Teams zu unterstützen und wachsen zu sehen. Der Gedanke, diese jungen Teams zu helfen scheint in Karlsruhe besonders ausgeprägt zu sein. Hierfür sind wir und die GROW-Teilnehmer sehr dankbar.

Ihr veranstaltet in regelmäßigen Abständen Touren ins Silicon Valley… Was macht ihr dort und wer kann alles mit?

In erster Linie richtet sich die Tour an die Mitglieder der PionierGarage. Allerdings haben wir immer einige Plätze frei und nehmen auch gerne Externe mit. Bisher haben wir damit nur gute Erfahrungen gemacht und jeder interne sowie externe Mitfahrer war eine große Bereicherung für das Team.

Bei unseren StartUp-Touren versuchen wir die Atmosphäre unterschiedlicher Gründerszenen in anderen Städten einzufangen und sich mit den Gründern vor Ort auszutauschen. In den meistens 10 Tagen dauernden Touren besuchen wir StartUps, Firmen (von Pre-Seed-StartUps bis Google ist hier alles vertreten), Universitäten, Hochschulgruppen, VCs, Business Angels und Inkubatoren. Ein NBA-Spiel und Sightseeing sowie nächtliche Entdeckungstouren werden natürlich nicht ausgelassen. Meistens sehen wir uns zunächst die Büros der Firmen an. Daraufhin erzählen die Gründer von ihren Erfahrungen und im Anschluss gibt es rege Frage- und Diskussionsrunden.

Dabei sind die StartUp-Touren natürlich nicht nur auf das Valley begrenzt. So haben wir vor knapp zwei Wochen New York und Boston sowie vor einem Jahr Tel Aviv besucht. Auch in Zukunft sind weitere Touren zu exotischen Orten, wie z.B. Mumbai geplant.

Was konntet ihr von den bisherigen Begegnungen im Valley mitnehmen?

Kurz gefasst: Inspiration und Motivation. Mit so vielen erfolgreichen Gründern zu reden und die unterschiedlichsten Erfolgsgeschichten hautnah mitzubekommen begeistert natürlich. Und diese Begeisterung können wir von diesen Touren mitnehmen und in unsere eigenen Projekte einfließen lassen.

Allerdings entmystifizieren solche Touren das Valley auch immer. Dort arbeiten hochintelligente Leute mit unermüdlicher Motivation an ihren Projekten – aber sie kochen eben auch nur mit Wasser. Die Bedingungen sind zwar besser, aber andere Städte holen auf. Man lässt sich also inspirieren und lernt, die eigenen Chancen zu erkennen und wahrzunehmen.

Ein weiterer Punkt ist der Schein nach außen, den das Valley projiziert. Was für uns in Deutschland wie ein glücklicher Übernacht-Erfolg aussieht, ist meistens das Resultat aus jahrelanger, harter Arbeit, gescheiterten Projekten und Träumen sowie zahlreichen Fällen von gescheiterten Freundschaften, Ehen und ernst zu nehmender Gründerdepression. Das gehört alles dazu und sollte nicht vergessen werden.

Abseits der bestehenden Angebote – was fehlt dem Gründerstandort Karlsruhe? Und was würdest du dir für ein noch besseres Gründungsklima in Karlsruhe wünschen?

Es gibt zwei Punkte, die meiner Ansicht nach in Karlsruhe noch fehlen: Investoren. Auch wenn ein Teil der Karlsruher Szene inzwischen eine andere Meinung vertritt, fehlt aus unserer Sicht weiterhin das Kapital. Damit wollen wir nicht sagen, dass es hier keine Finanzierungsmöglichkeiten gäbe – die letzten Jahre haben das Gegenteil bewiesen. Aber es könnte besser sein. Insbesondere im Bereich der Seed-Investments müsste noch viel mehr passieren. Das schließt das Potenzial für die späteren Investitionsrunden natürlich nicht aus. Auch dort besteht viel Bedarf.

Ein anderer Punkt ist die Raumsituation. Es ist sehr schwer als ein kleines Unternehmen in Karlsruhe an günstige Räume zu kommen. Das fällt bei jungen Unternehmen nicht nur finanziell  ins Gewicht. Gute CoWorking-Spaces dienen auch zum Austausch und Networking unter Gründern. Auch an der Universität fehlt noch etwas der Rahmen für Unternehmensgründungen. Es gibt vergleichsweise wenig Kurse, die sich mit dem Thema beschäftigen und den Fokus darauf legen mit der Idee an den Markt zu gehen. Man ist immer noch sehr auf sich selbst gestellt.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass in Karlsruhe definitiv noch Potential nach oben besteht, aber in vielen Bereichen bereits ein positiver Trend zu beobachten ist.

Auf dem Weg zur nächsten StartUp-Tour (Bild: pionierGarage)
Auf dem Weg zur nächsten StartUp-Tour (Bild: PionierGarage)