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Das Bearbeiten, Kombinieren und Vervielfältigen von existierendem Material ist in der digitalen Welt so einfach wie nie zuvor. Das sogenannte Remixen ist eine kreative Ausdrucksform unserer Gesellschaft. Doch wie lässt sich diese Praxis mit dem Urheberrecht vereinbaren ?

Manifest: Ein Recht auf Remix!

Mit den folgenden Worten beschreibt die Initiative Recht auf Remix eine Kulturpraxis, die allgegenwärtig ist:

Wir leben in einem Zeitalter des Remix. Kreativität und Kultur bauten schon immer auf bereits Bestehendem auf. Internet und digitale Technologien ermöglichen aber die kreative Nutzung existierender Werke in völlig neuen Dimensionen: Nie zuvor war es so vielen möglich, Werke auf so unterschiedliche Arten zu verändern und so einfach anderen zugänglich zu machen. Mehr denn je gilt heute: „Everything is a Remix“ .

Beim „Remixen“ wird vorhandenes Material durch Bearbeitung oder Kombination zu einem neuen Produkt montiert. Mediale Einzelteile werden aus ihrem Kontext gelöst und in einem anderen Bezugssystem neu etabliert. Der Filmemacher Kirby Ferguson widmet sich dieser Praxis im doppelten Sinne. Auf der Plattform Everythingisaremix.com erzählt er in der ersten Episode einer vierteiligen Videoreihe die Geschichte des Remixens – beginnend bei Sampling in den 1970er Jahren – in dem er historische Videoschnipsel neu montiert.

Gegenüber einer Neuschöpfung definiert sich der Remix laut rechtaufremix.org darüber , „dass das ursprüngliche Werk im neuen Werk deutlich erkennbar ist bzw. bleibt“. Remixkultur zeichnet sich durch „die massenhafte Verbreitung von transformativen und kreativen Werknutzungspraktiken in der digitalen Gesellschaft“ aus.

Ein Puzzle aus Sound: Multi-Mashups

Ein populäres Remix-Beispiel ist das Online Projekt „ThruYou“. Hierfür hat der israelische Musiker „Kutiman“ unzählige Musikclips auf YouTube angesehen, kurze Sequenzen herausgelöst und sie zu neuen so genannten „Multi-Mashups“ montiert. Darunter versteht man das Zusammenmischen von mehr als zwei bereits existierenden Musikstücken. So entstanden ist unter anderem das Stück „No one in this world“. Zu einer durchgängigen Gesangsspur mischt Kutiman das Material aus 17 weiteren Quellen. Die einzelnen Versatzstücke sind so gekonnt zusammengesetzt, dass sie ein harmonisches, neues Ganzes ergeben.

Sein aktuelles Projekt „Mix the city“ geht noch einen Schritt weiter und macht den User zum Remixer. Die partizipative Plattform ermöglicht es, die Stadt Tel Aviv auf audiovisuelle Weise zu erfahren und ihr einen individuellen Sound zu verleihen.

Multi-Mashups produziert auch Mashup-Germany. Der Deutsche DJ, der unter auch unter dem Pseudonym Ben Stiller firmiert, bespielt seit Jahren Clubs weltweit mit seinen neu zusammengesetzten Tracks. Bis zu 15 Titel mixt er zusammen auf einen durchgängigen Beat, die er über Facebook, Soundcloud und auf seiner Webseite distribuiert.

Ein Bild geht um die Welt: Virale Phänomeme

Auch Meme gehören zur Kultur des Remixens. Darunter subsumiert werden virale Phänomene, die sich in Form einer Bild- oder Videodatei im Internet rasant verbreiten. Populäre Plattformen für die Entstehung und Verbreitung von Memes sind reddit, 4chan sowie knowyourmeme.

Bekanntes Bespiel eines Memes ist das Success Kid (Bild: http://knowyourmeme.com/memes/success-kid-i-hate-sandcastles)
Bekanntes Bespiel eines Memes ist das Success Kid (Bild: http://knowyourmeme.com/memes/success-kid-i-hate-sandcastles)

Bekanntes Bespiel eines Memes ist das „Success Kid“. Das Bild eines kleinen Jungen mit verkniffenem Gesichtsausdruck, seine rechte Hand zur Faust geballt, wurde 2007 von seiner Mutter auf die Fotoplattform Flickr hochgeladen. Seitdem wurde es auf unzähligen Plattformen geteilt und durch die Hinzufügung von Worten respektive Bildbearbeitung geremixt.

Wem gehört das Material?

Die vorgestellten Beispiele sind Produkte einer neuen Kulturtechnik. Daran geknüpft sind vielfältige Debatten um Autorschaft, Werkcharakter und Originalität, denn häufig ist das verwendete Material urheberrechtlich geschützt. Mashup-Germany beispielsweise bietet alle Tracks zum kostenlosen Download an, Geld darf er mit seinen Neuschöpfungen nicht verdienen. Und wie steht es um das Urheber- und Persönlichkeitsrecht im Falle des Success Kids? Im digitalen Zeitalter ist dringend eine Modifizierung des Urheberrechts nötig. Das europäische Urheberrecht kennt nur einen abgeschlossenen Katalog an Beschränkungen und Ausnahmen von urheberrechtlichem Schutz, die Praxis des Remixens ist bislang davon ausgenommen. Dirk von Gehlen, Leiter der Abteilung “Social Media/Innovation” bei der Süddeutschen Zeitung erklärt die aktuelle Gesetzgebung als veraltet. „… Meme führen es eindeutig vor Augen – in Zeiten der digitalen Kopie ist jeder ein Urheber: die Erstellung von Kunst steht jedem offen.“

Wer mehr über die Remix Kultur erfahren möchte, dem seien folgende Bücher ans Herz gelegt.