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Beim Kontakt mit Geschäftspartnern, Kollegen oder Kunden sind Höflichkeit und Professionalität gefragt, egal ob wir persönlich oder medienvermittelt kommunizieren. Doch haben wir die guten Umgangsformen auch im digitalen Geschäftsalltag immer parat? Antworten am Beispiel E-Mail.

In einer Nachricht an „alle Abteilungen“ lästert der Geschäftsführer der Werbeagentur Miller Shanks London freimütig über die Kollegen der Dependance in Finnland. Was er nicht weiß: Der vermeintlich interne Verteiler enthält auch die Adresse des CEO in Helsinki. Ein Fauxpas. In Matt Beaumonts Roman E-Mail an alle ist dieser Fehler der Auftakt einer amüsanten Satire auf die Werbebranche. Doch auch im Alltag von Unternehmen sind solche Szenen nicht selten.

Das zumindest fand der Datendienstleiter Varonis in einer Umfrage heraus. Viele der Befragten räumten ein, eine E-Mail schon einmal versehentlich an einen anderen Empfänger als den eigentlichen Adressaten versendet zu haben. Ein weiterer häufiger Lapsus sei, einen heimlichen dritten Empfänger statt in Blindkopie (BCC) zu verbergen für alle sichtbar in der Kopiezeile (CC) zu platzieren.

Doch selbst eine korrekt adressierte E-Mail kann als taktlos empfunden werden. Für Inhalt, Länge und Form geschäftlicher Nachrichten gelten Regeln ebenso wie für die Beantwortungsdauer. Spätestens nach 24 Stunden sei zumindest eine Rückmeldung geboten und nach drei Tagen sollte der Absender eine Antwort erhalten, rät CIO.

Gleichzeitig ist das E-Mail-Aufkommen sehr hoch und wird weiter zunehmen: Laut Varonis erhalten 50 Prozent der Befragten täglich zwischen 50 und 100 E-Mails, Entscheider noch weitaus mehr. Der Branchenverband Bitkom verzeichnete im Juli dieses Jahres einen deutlichen Anstieg von E-Mails im deutschen Geschäftsalltag im Vergleich zu 2011.

Frustration vermeiden

Aus Gründen der Effizienz, aber auch der Höflichkeit ist somit gute Organisation statt Aktionismus gefragt: Unnötiger Aufwand und Frustration lassen sich beispielsweise vermeiden, indem man zunächst alle E-Mails eines Absenders liest, bevor man antwortet. Auch ein Blick auf die Empfängerliste lohnt. In vielen Fällen ist man selbst gar nicht direkt angesprochen, sondern erhält die E-Mail lediglich zur Kenntnisnahme.

Allzu oft empfangen Kunden oder Partner auch E-Mails ohne Signatur des Absenders. Das ist vor allem beim ersten Kontakt äußerst unhöflich. Zu viele lose Dateianhänge erwecken einen unaufgeräumten Eindruck und auch zu große Dateien können zum Problem werden. Außerdem: Lesebestätigung anzufordern oder hohe Priorität auszuweisen wirkt in nahezu allen Fällen anmaßend.

Ein großes Sammelsurium von Benimmregeln für die digitale Welt findet sich unter eetiquette.de. Die Plattform präsentiert Vorschläge zu sämtlichen Themenbereichen und Medien auf unterhaltsame Weise im Stile traditioneller Sinnsprüche. Entstanden ist eetiquette.de aus einem Projekt des Royal College of Art in Großbritannien, der Knigge Gesellschaft, der Universität der Künste und der Deutschen Telekom zusammen mit Internetnutzern und Experten. Das Angebot wird laufend um neue Vorschläge erweitert. Deren teils kritische Diskussion seitens der Nutzer zeigt aber auch, dass Umgangsformen Verhandlungssache sind und die Suche nach einer einheitlichen Netiquette längst nicht abgeschlossen ist.

Anbei ein paar Beispiele für E-Mail-Leitlinien auf eetiquette.de:

  • Der Betreff einer E-Mail ist wie die Beschriftung eines Umzugskartons. Was drin ist, sollte auch draufstehen.
  • DIGITALER SCHRIFTVERKEHR IN GROßBUCHSTABEN IST MIT SCHREIEN GLEICHZUSETZEN UND ZUDEM NUR SCHWER LESBAR.
  • Ein ‚digitales Lächeln‘ in Form von Smileys kann private Türen öffnen :) aber auch professionelle schließen :-|
  • Reduziere Deinen CC-Ausstoß. Denke an Deine Umwelt und setze nur diejenigen in CC, die Bescheid wissen müssen.
  • Schütze Deine Kontakte durch BCC – vor allem, wenn Rundmails über den Kegelklub hinausgehen.
  • Bestätige den Empfang wichtiger Nachrichten, wenn Du zur Beantwortung etwas mehr Zeit benötigst.
  • Entschuldige Dich immer für eine verspätete Antwort.
  • ‚Hast du meine E-Mail erhalten?‘ ist keine ungeduldige Frage, sondern ein Eingeständnis für die Wahl des falschen Kommunikationskanals.
  • Mit einem kurzen Telefonanruf lässt sich eine endlose Kette frustrierender E-Mails umgehen.