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Union und SPD haben sich im Streit um ein neues Telemediengesetz geeinigt. Mit der Abschaffung der Störerhaftung legt die Regierung den Grundstein für den Ausbau öffentlicher Wlan-Hotspots.

Es hatte sich abgezeichnet. Die Bundesregierung gibt den Widerstand gegen freie Wlan-Netze auf. Die Experten der Ministerien für Justiz, Wirtschaft und Inneres sprachen sich am 11. Mai 2016 gegen jede Art von Zugangsbarriere für Wlan-Netze aus. Nach anderthalb Jahren Arbeit an der Neuregelung ist nun der Weg frei für mehr öffentliche Hotspots.

Großes Hemmnis war in Deutschland bislang die sogenannte Störerhaftung. Diese besagt, dass Betreiber der öffentlichen Netze dafür haften müssen, wenn Nutzer darüber gegen geltendes Recht verstoßen und zum Beispiel illegal Filme oder Musik herunterladen. Was hilft, Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche durchzusetzen, gilt als große Barriere beim Ausbau freier Internet-Hotspots in Deutschland. Zum Vergleich: Auf 10.000 Einwohner kommen in Deutschland nur etwa 1,9 offene Wlan-Netze. In Frankreich sind es 5,4 in Großbritannien sogar 28,7. Netzexperten, Bürgerrechtler und Digital Natives beklagen seit Jahren diesen typisch deutschen Zustand. Zuletzt hatte sich der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof Mitte März dagegen ausgesprochen, dass Anbieter für diese Rechtsverletzungen haftbar gemacht werden.

„Keine Haftungsrisiken“

Er ist der Meinung, dass die Betreiber zwar verpflichtet sind, eine Rechtsverletzung zu beenden oder zu unterbinden, Geschädigte könnten aber nicht verlangen, dass das kostenlose Wlan abgeschaltet, durch ein Passwort gesichert oder gar die Kommunikation überwacht wird. Das Plädoyer des Generalanwalts führte letztlich dazu, dass der Entwurf des Telemediengesetzes vom vergangenen September, der eine von der CDU/CSU-Fraktion geforderte Vorschaltseite und einen Passwortschutz beinhaltete, wieder geändert wurde. Auch die bislang angedachte Unterscheidung zwischen gewerblichen und privaten Anbietern sei vom Tisch , sagte Lars Klingbeil, netzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, zu Reuters. „Jetzt kann jeder sein Netz öffnen und hat keine Haftungsrisiken.“ Demnach soll eine komplette Gleichstellung von WLAN-Anbietern mit Access-Providern erfolgen. Betreiber von offenen Netzen würden ebenfalls von deren Haftungsprivilegierung profitieren.

Auch Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder begrüßt die neue Rechtssicherheit und hofft auf einen Schub bei der Digitalisierung des öffentlichen Raums: „Die Neuregelung macht den Weg frei für den Ausbau von WLAN-Hotspots in Cafés, Restaurants, Geschäften oder anderen öffentlich zugänglichen Einrichtungen. Zudem erleichtere sie Kommunen das Angebot öffentlicher WLAN-Bereiche, so Rohleder.

Noch ist offen, wann das Gesetz final verabschiedet wird. Ungeklärte Fragen, etwa zur endgültigen Rechtssicherheit und dem möglichen Fortbestehen eines Unterlassungsanspruchs fassen Netzpolitik.org und die Digitale Gesellschaft zusammen.