Am 10. Januar 2016 hat David Bowie den Kampf gegen den Krebs verloren. Sein Einfluss auf die Musikwelt ist unumstritten. Aber auch das Internet verdankt dem Briten durch eine Software-Entwicklung wichtige Impulse.

David Bowie kannte man als Pop-Chamäleon. Gemeint war damit vor allem seine Wandlungsfähigkeit und die Kunst des Neuerfindens, aber auch das Spiel mit den unterschiedlichen Stilen. Berühmt wurde er nicht nur als Ziggy Stardust, als Thin White Duke oder Aladdin Sane, sondern auch als Goblin King und als Thomas Jerome Newton. Den Wenigsten ist Bowie allerdings als Internet-Pionier bekannt, der schon 1998 mit BowieNet eine kostenpflichtige Plattform für Musiker zur eigenen Darstellung und zur Kommunikation mit den Fans ins Netz stellte – lange vor Myspace, Instagram, Youtube oder Twitter. Als erster Internet Services Provider eines Musikers schaffte es BowieNet sogar ins Guinness-Buch der Rekorde.

Nicht ohne Folgen blieb auch die Kooperation mit Ty Roberts, der Anfang der 1990er Jahre mit seiner Firma Ion Music für Musiker wie Bowie oder Brian Eno interaktive CD-ROMs produziert hat. Bei einer dieser Treffen bemerkte Roberts, dass Bowie sogenannte Cut-up-Techniken nutzte, um neue Textideen zu kreieren. Bowie nahm dazu ausgeschnittene Textpassagen aus Zeitungen und Selbstgeschriebenes, mischte sie in einem Hut und ordnetet danach die Textfragmente dem Zufall nach neu. Textstellen, die nicht passten, wurden gestrichen, und aus dem Rest konnte ein Liedtext werden.

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Roberts schlug Bowie daraufhin vor, eine Software zu programmieren, die den Prozess für den Musiker beschleunigen und angenehmer gestalten würde: die Geburtsstunde des Verbasizer.

Erweiterte Horizonte

Im Verbasizer sammelte Bowie Wörter und verteilte diese in verschiedenen Spalten etwa nach Verben, Adjektiven oder Substantiven. Jede Spalte konnte unterschiedlich gewichtet und per Knopfdruck neu geordnet werden. So entstanden in Sekundenschnelle neue Texte. Eine große Rolle spielte der Verbasizer bei der Entstehung des Albums „Outside“. Roberts konnte dabei beobachten, wie Bowie immer wieder vom Apple PowerBook zum Mikrofon sprang, um neues Textmaterial zu verarbeiten.

„Ich nehme hier den Satz und verteile die Wörter auf Spalten und dann, wenn ich, sagen wir drei oder vier oder fünf – manchmal sogar 20, 25 verschiedene Sätze habe, lasse ich sie zufällig wieder zusammensetzten. Und dann nehm ich die 20 Sätze und schneide die ganze Zeit zwischen ihnen rum, wähle verschiedene Wörter aus verschiedenen Spalten und aus verschiedenen Reihen“, erklärt Bowie in der Dokumentation „Inspirations“ von Michael Apted, wie die Software ihm beim Songs schreiben hilft.

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Die Bedeutung dieser Kooperation ist nicht zu unterschätzen. Der Verbasizer ist ein leuchtendes Beispiel für die Kreativität interdisziplinärer Teams. Bowie öffnet die Technologie Zugang zu Bereichen, an die er vorher nicht gedacht hätte. Umgekehrt hat die Erfahrung für Roberts wesentlich dazu beigetragen, ein paar Jahre später eine Musikerkennungssoftware auf Datenbankbasis zu entwickeln. Gracenote wurde zu einer der wichtigsten Schnittstelle zwischen Musik und digitaler Welt, die bis heute zum Beispiel in Apples iTunes ihren Dienst tut.