Wir haben bei der esentri AG schon immer visionär und in die Zukunft gedacht. Zur Gründung 2010 hatten wir mit Social PM ein Softwareprodukt konzipiert, was mehr Transparenz und Kommunikation in agile Teams bringen sollte. Eine Mischung aus Social Communication und Task Management. Leider haben wir es mit der Softwareidee damals nicht geschafft so richtig erfolgreich zu sein – geblieben ist aber unser Mindset und die Idee von Transparenz, hoher Partizipation und Selbstverantwortung im Team.
So war es kein Zufall, dass wir uns auch nach dem Einstellen der Software dafür entschieden haben unsere Organisation konsequent daraufhin umzustellen. Wir wollten uns auf das Beratungsgeschäft konzentrieren und hatten anspruchsvolle Wachstumspläne die digitale Transformation bei Kunden auszubauen. Was kulturell gut gemeint war, haben wir organisatorisch zunächst nicht wirklich umgesetzt gekriegt und wir hatten große Mühe die gut gemeinten Ziele der Selbstorganisation zu erreichen.
Auf der Suche nach einer Lösung ist mein Bruder auf das Konzept der „Kollegialen Führung“ gestoßen und das Framework hat uns dabei geholfen mehr Struktur und klarere Rahmenbedingungen zu schaffen, so dass auch die motivierten Mitarbeiter:innen besser daran andocken konnten.
Wir wollten damals schon neue Märkte erschließen, innovative Lösungen vorantreiben und uns auf schnell in Richtung Zukunftsmärkte aufstellen. Das Framework hat für „neue Features“ im Unternehmen einen organisierten und für alle transparenten Veränderungsprozess vorgesehen.
All unsere Mitarbeitenden konnten durch diesen „esentri Evolution Prozess“ – eine Art betriebliches Vorschlagswesen für unsere Selbstorganisation – Vorschläge einreichen, was sich bei esentri ändern sollte. Erwartungsvoll dachten wir an Ideen zur Erweiterung unseres Portfolios, zur Optimierung der Marktbearbeitung oder technischen Innovationen.
Stattdessen kam: der Müsli-Spender.
Ehrlich gesagt dachte ich im ersten Moment: Das kann doch nicht ernst gemeint sein! Doch was in der Folge daraus entstand, hat uns fit für die Zukunft gemacht.
Mit diesem ersten „Müslispender-Ticket“ war das gesamte Unternehmen beschäftigt – nicht etwa von neuen Geschäftsmodellen, sondern von Fragen wie: Welches Müsli passt am besten? Soll es bio, regional und fairtrade sein? Welche Milch nehmen wir – Hafer, Mandel, Soja oder Kuhmilch? Wie viele Sorten Müsli brauchen wir? Wochenlang drehte sich gefühlt ein Großteil der Diskussionen in unserem Unternehmen um dieses „Müsli-Projekt“. Wir waren kurz davor den Evolution-Prozess wieder einzustampfen, so hatten wir uns das nicht vorgestellt!
Doch dann wurde mir klar: Was zunächst banal erschien, entpuppte sich als essenzielle Übung für unsere Selbstorganisation. Die investierte Zeit bis dahin hatte den Müslispender wahrscheinlich bereits zum teuersten der Welt gemacht. Klingt absurd? Zugegeben, ja.
Doch genau hier liegt die Lektion: Es ging nie um den Spender selbst, sondern um das, was er bewirkte. Das Engagement unserer Mitarbeitenden war beeindruckend. Ich erkannte, dass dieser Prozess viel mehr war als eine „Müsli-Diskussion“. Es war eine Blaupause für die Zukunft. Eine Generalprobe für die Herausforderungen, die uns in einer komplexen, dynamischen Welt bevorstehen. Und es war ein Schritt, um als Unternehmen über uns hinauszuwachsen und eigenverantwortliche Veränderung zu lernen.
Denn, nachdem die banalen Fragestellungen geklärt waren, sind endlich die richtigen Fragen dazugekommen: Wer beschafft eigentlich das Müsli? Auf welche Kostenstelle wir das gebucht? Was versprechen wir uns von der Frühstücksoption? Geht es um Mitarbeiterbindung oder für welches Ziel braucht es den überhaupt? Diese Episode hat uns gelehrt, dass Transformation nicht immer durch große, bedeutungsvolle Projekte anfängt. Manchmal sind es die kleinen, unscheinbaren Dinge, die den größten Unterschied machen.
Heute sprechen wir nicht mehr über Müslispender, sondern wirklich über neue Angebote für die Twin Transformation unserer Kunden, Konzepte für Equal Pay oder gesellschaftlichen Impact. Wir sind mit guten Vorschlägen auch hervorragend durch die Corona Zeit gekommen. Aus einigen der „esentri Evolution Initiativen“ sind tolle Erfolge geworden, z.B. Gewinn des FairPay Awards bei Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, eine erfolgreiche B-Corp Zertifizierung oder die Auszeichnung als Arbeitgeber des Jahres beim Handelsblatt 2023. Dort wurden wir genau für unsere Form der Selbstorganisation in gleich zwei Kategorien als Sieger prämiert – „Agile Organisation“ und „Corporate Culture“. Wow, das hätten wir uns nie erträumen lassen!
Was wir daraus gelernt haben
Veränderung braucht Zeit. Sie braucht Geduld, Vertrauen in die Menschen und eine ordentliche Portion Zuversicht. Was als vermeintlich banaler Vorschlag begann, wurde zu einer der wertvollsten Investitionen in unser Unternehmen. Den kulturellen Lernprozess auszuhalten und nicht gleich abzubrechen, war mitentscheidend für unser erfolgreiches Wachstum und unsere weitere Zukunft.
Ich finde das zugegebenermaßen auch ein bisschen verrückt und gleichzeitig total inspirierend, was möglich ist, wenn die richtigen Menschen zusammenkommen!
Kontaktiert mich gerne zu Fragen :)