Ich landete an einem regnerischen Tag wieder in Frankfurt. Im Gepäck mein Macbook, FlipFlops, ein paar Souvenirs und die Erkenntnis, dass es wirklich funktioniert. Ich kann meinen Job tatsächlich von jedem Ort der Welt aus erledigen, vorausgesetzt es gibt dort vernünftiges Internet. Meine dreimonatige Reise als Digitale Nomadin führte mich durch drei Länder und neun Coworking Spaces im schönen Südostasien. Alles begann mit einer simplen Frage, die meinen Chef für einen kurzen Moment sprachlos machte.
Die Überraschung war groß, als ich Freunden und Familie von meinen Plänen berichtete. Auch „on the road“ war es eher ungewöhnlich, als feste Mitarbeiterin mit eigenem Verantwortungsbereich die Möglichkeit zu haben, von unterwegs aus zu arbeiten. Viele fragten mich mit großen Augen, wie ich das angestellt habe. Die Antwort ist leider sehr einfach: ich habe einfach gefragt!
Inspiration einer Digitalen Nomadin
Inspiriert zu meiner Reise hat mich eindeutig Conni Biesalski auf ihrem Blog Planet Backpack. Sie beschreibt dort sehr detailliert ihren Alltag als Online-Unternehmerin und Digitale Nomadin und brachte mir überhaupt erst ins Bewusstsein, dass mein Arbeiten ja eigentlich gar nicht nur an einem Ort in einem festen Büro stattfinden muss. Zwischen „Cool, sowas geht?“ über „Das würde ich auch gern mal machen“ bis hin zu „Warum eigentlich nicht?“ verging ungefähr ein Jahr.
Sicherlich war meine Anfrage ungewöhnlich und überraschend, trotzdem war auch seitens meines Arbeitgebers esentri schnell klar: Warum eigentlich nicht? Ein Großteil meiner Arbeit im Marketing spielt sich ohnehin zu großen Teilen online ab. Unsere Jour Fixe werden während meiner Reise einfach via Skype geführt. Die Zeit wird genutzt, um verstärkt wieder konzeptionell zu arbeiten. Einige Aufgaben rund um die anstehenden Events werden von Kollegen übernommen. Die interne Kommunikation läuft in erster Linie online über Yammer, Abstimmungen mit Externen wird weitestgehend via E-Mail abgewickelt. Der aktuelle Aufgabenstatus wird über ein digitales Kanbanboard transparent gehalten. Soweit eigentlich ganz einfach. Klar, dass es trotzdem einige Dinge im Vorfeld zu berücksichtigen gab, was mich zu den Voraussetzungen führt.
Ohne das geht´s nicht: Vertrauen, Mut und die Cloud
Die wichtigste Voraussetzung war nicht mal technischer Natur. Die Basis für solch ein Projekt ist schlichtweg Vertrauen und ein Unternehmen, das mit seiner Kultur neuen Formen der Arbeit offen gegenübersteht und den Mut hat, es auch auszuprobieren. Niemand konnte schließlich wirklich prüfen, ob ich den ganzen Tag vor dem Laptop sitze und arbeite. Daher kam es umso mehr auf gute Ergebnisse und eine klare Kommunikation an.
Was die technische Seite betrifft, sind wir als modernes IT-Unternehmen gut aufgestellt und haben so ziemlich alles in der Cloud. All meine benötigten Tools wie Mailchimp und Hootsuite sind genauso wie unsere internen Services ausschließlich webbasiert und daher von überall zu erreichen.
Produktiv trotz Traumstrand vor der Nase
Ablenkungen gab es unterwegs natürlich genug. Die richtige Balance zwischen Reisen und Arbeiten zu finden, war mit Sicherheit eine der größten Herausforderungen. Die wichtigste Amtshandlung war daher, bei jedem Ortswechsel die Suche nach einem ruhigen Arbeitsplatz, wo ich trotz ungewohntem Umfeld schnell in meine Arbeitsroutine finden konnte. Die beste Umgebung hierfür fand ich in den verschiedenen Coworking Spaces, in die ich mich tageweise eingemietet hatte.
Stabiles Internet, guter Kaffee und vor allem eine ruhige Atmosphäre unter Gleichgesinnten war für mich der entscheidende Vorteil gegenüber dem Arbeiten in Cafés, wo es schon etwas unruhig zugehen kann. Die meiste Zeit arbeitete ich also in einem der vielen Gemeinschaftsbüros entlang meiner Reiseroute unter Gleichgesinnten: Onlinemarkeeters, Blogger, Grafiker und Webentwickler tummeln sich hauptsächlich hier – Jobs, die für das Digitale Nomadentum prädestiniert sind.
Wie man Distanz und Zeit überbrückt
Neben der Entfernung von über 8.000 km trennten mich und meine Kollegen sechs, in Bali sogar sieben, Stunden Zeit. Das hieß in der Praxis, dass ich schon beim Nachmittagskaffee saß, während meine Kollegen morgens ihre Rechner hochfuhren. Anfangs hatte ich Bedenken, ob die Kommunikation unter diesen Umständen auch reibungslos funktionieren kann und die Deadlines gehalten werden können – nach einer Weile liebte ich es. Mehr als einen halben Tag ungestört Aufgaben bearbeiten und E-Mails beantworten zu können ist wahrer Luxus. Meinen Arbeitstag hatte ich in dieser Zeit entsprechend angepasst: bis 15 Uhr stand „Kopfarbeit“ und Organisatorisches an, am Nachmittag hatte Kommunikation und Abstimmung Vorrang.
Arbeiten im Urlaubsland ist, mit der richtigen Planung – und ja, etwas Disziplin ;) -, also durchaus machbar. Gratis obendrauf gab es eine Menge Impulse, die jeder Aufenthalt in einer fremden Kultur mit sich bringt und die unbezahlbare Möglichkeit, mal wieder mit frischem Blick auf die eigene Arbeit und ihre Abläufe zu schauen.
Fazit: sehr empfehlenswert.