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Früher oder später stellt sich fast jeder Student die Frage: Studiere ich das Richtige? Gerade in der der Prüfungsphase, oder wenn es mal nicht so läuft, kommen die Zweifel. Doch was tun, wenn diese Unzufriedenheit größer wird, und ein Abbruch unausweichlich erscheint? Etwa das Fach wechseln oder doch lieber eine Ausbildung anfangen? Und ist es möglich, das abgebrochene Studium für die Ausbildung anrechnen zu lassen? Eine kleine Hilfestellung.

Heute mal keine Vorlesung: Die Ursachen für Zweifel am Studium sind so vielfältig, wie es inzwischen Studiengänge gibt. So sind die nicht zu bewältigenden Stoffmengen und Prüfungsstress häufige Auslöser für Studienabbrüche. Sehr eng damit verbunden sind auch psychische Gründe. Kein Wunder, denn viele junge Erwachsene ziehen für ihr Studium zum ersten Mal von zu Hause weg und müssen lernen, sich selbst zu organisieren. Aber auch der fehlende Praxisbezug macht es vielen Studierenden schwer, am Ball zu bleiben. So muss sich beispielsweise der Chemiestudent durch mehrere trockene Mathematik-Kurse quälen, bevor es mal praktisch wird. Laut einer Studie des Forum Hochschule 1l2017 werden gerade die Mathematik und die Naturwissenschaften mit einer Quote von rund 40% am häufigsten abgebrochen. Die Studie ergab ebenso, dass die Abbruchquote an Universitäten höher ist als an den etwas praktischer ausgelegten Fachhochschulen. Der erste Abbruchgedanke entsteht übrigens häufig schon in den ersten beiden Semestern.

Aussteigen, umsteigen oder weitermachen?

Nicht immer muss es gleich das Ende sein. Wer zweifelt, sollte zunächst die Gründe für seine Unzufriedenheit herausfinden. Ist es wirklich das Studienfach, das nicht passt? Oft sind es die Rahmenbedingungen, die zum Unmut beitragen. Hier hilft es, sich Zeit zu nehmen und in sich hineinzuhören: Fühle ich mich an meinem aktuellen Studienort wohl? Kann ich Familie und Hochschule durch eine andere Studienform besser miteinander vereinen? Gibt es Möglichkeiten mehr praktische Tätigkeiten in den Lernalltag einzubinden? Oft sind es kleine Veränderungen, mit denen sich Zweifel am Studium überwinden lassen. Auch muss sich niemand mit seinen Zweifeln alleine gelassen fühlen. An den meisten Universitäten und Hochschulen gibt es zahlreiche Einrichtungen, die zu Themen wie Prüfungsangst und Zweifel beraten . Wenn die Zweifel allerdings weiterhin überwindbar erscheinen, hilft nur ein Neuanfang.

Hallo neue Welt!

Und da ist er dieser Moment, an dem die klare Entscheidung gegen das Studium fällt. Doch wie geht es nun weiter? Prinzipiell ist es möglich, direkt nach dem Studienabbruch in das Berufsleben einzusteigen. Allerdings haben es Personen ohne Berufsabschluss schwerer eine Vollzeitstelle zu finden und sind schneller von Arbeitslosigkeit betroffen. Ohnehin stellen viele Betriebe ausschließlich ausgelernte Fachkräfte ein. Eine Ausbildung lohnt sich also in vielerlei Hinsicht. So stehen laut BIBB-Datenreport 2015 die Chancen gut, nach einer Ausbildung übernommen zu werden. Gerade im boomenden IT-Bereich werden im Zuge der zunehmenden Digitalisierung künftige Führungskräfte aber auch Unternehmensnachfolger dringend gesucht. Zusatzqualifikationen, Auslandsaufenthalte oder ein ausbildungsintegriertes duales Studium können die Ausbildung zudem abrunden auch die Verdienstmöglichkeiten steigern.

Der Mut neue Pfade zu gehen wird also belohnt. Bei den 327 anerkannten dualen Ausbildungsberufen ist inhaltlich sicherlich für jeden etwas dabei. Auch hier gilt: genügend Zeit für die Neuorientierung nehmen. Viele öffentliche Einrichtungen und Betriebe bieten Praktika an, bei denen man etwas in den Beruf reinschnuppern kann.

Studienabbrecher stehen bei Ausbildungsbetrieben hoch im Kurs

Auch bei der Bewerbung um eine Ausbildungsstelle spukt so manche Frage durch den Kopf. Hat man bei auszubildenden Unternehmen überhaupt eine Chance auf ein Vorstellungsgespräch? Immerhin könnten die Ausbilder ja denken, man hätte kein Durchhaltevermögen. Doch dem ist nicht so. Viele Personaler schätzen Abbrecher gerade wegen ihrer „Trial and Error“-Mentalität . Wer sein Studium abgebrochen hat, der hat sich ausgiebig mit der Entscheidungsfindung befasst. Diese Weitsicht und die Eigenschaft, mit Misserfolgen positiv umzugehen, verleiht dem Bewerber eine Reife, die jemand, der frisch von der Schule kommt, noch nicht hat.

Vom Informatikstudenten zum Fachinformatiker in nur 18 Monaten?

Vor der Bewerbung um eine Ausbildungsstelle ist es wichtig, den Übergang frühzeitig zu planen und sich ausgiebig beraten zu lassen. Beratungs- und- Vermittlungsstellen, wie die IHK, die HWK oder das Cyberforum können neben wertvollen Tipps auch Ausbildungsbetriebe vermitteln. Auch können die Berater einschätzen, ob vergangene Studienleistungen, praktische Erfahrungen oder sonstige Vorkenntnisse für die jeweilige Ausbildung angerechnet werden können. So können beispielsweise Informatik-Abbrecher ihre Ausbildung zum Fachinformatiker auf bis zu 18 Monate verkürzen.

Ebenso ist es möglich, Studienleistungen auf Fortbildungen oder Prüfungen anrechnen zu lassen. Beispielsweise können Auszubildende im kaufmännischen Bereich mit zwei Jahren Berufspraxis und 90 ECTS-Punkten in einem betriebswirtschaftlichen Fach ihre Fortbildungsprüfung zum Handelsfachwirt beschleunigen.

Fazit: Wer einen Plan hat, tut sich leichter im Erwerbsleben Fuß zu fassen

Prominente, wie Mark Zuckerberg, Steve Jobs oder Bill Gates sind die besten Beispiele: Ein Studienabbruch ist kein Beinbruch. Die Chancen und Möglichkeiten einer Neuorientierung sind enorm. Letztendlich ist es wichtig, etwas zu finden, das Spaß macht und in dem man sich vorstellen kann später zu arbeiten. Wer sich für eine duale Ausbildung entscheidet, kann diese sogar verkürzen, sofern sie inhaltlich zum abgebrochenen Studium passt. Aber auch eine inhaltliche Neuorientierung ist nicht gleichzusetzen mit vergeudeter Zeit, denn wer sich mit seiner Entscheidung wohlfühlt, der wird erfolgreich sein in dem, was er tut.