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Bienen sollen Daten zum Kampf gegen das Bienensterben liefern. Klingt verrückt, ist aber die Geschäftsidee des Karlsruher Startups apic.ai.

Mit einer Kamera werden die fleißigen Honigsammlerinnen am Eingang ihres Bienenstockes rund um die Uhr gefilmt und die bewegten Bilder dann mithilfe von Künstlicher Intelligenz ausgewertet. „Bienen wissen ganz genau, was in ihrer Umgebung passiert“, beschreibt Unternehmensgründerin Katharina Schmidt die Idee hinter dem System.

„Und wenn wir die Bienen besser verstehen, können wir die richtigen Maßnahmen zum Schutz der Umwelt in die Wege leiten“. Und weil das Wohlbefinden der Bienen ein wirkungsvoller Indikator für Umweltbelastungen ist, können die Erkenntnisse aus der Datenauswertung von apic.ai auch zum Schutz von anderen Insekten genutzt werden. Vor zwei Jahren hat Katharina Schmidt das Startup gemeinsam mit Elektrotechniker Matthias Diehl und dem Informatiker Frederic Tausch aus der Taufe gehoben. Der Unternehmensname apic.ai ist dabei ein Wortspiel. Apis ist der lateinische Name für Honigbiene, Pic ist das englische Wort für Bild und AI ist das im angloamerikanischen Raum verbreitete Kürzel für Künstliche Intelligenz (Artificial Intelligence).

Bewegte Bilder im Kampf gegen das Insektensterben

Die Idee zur Gründung eines eigenen Unternehmens ist dabei eher zufällig entstanden. Als Katharina Schmidt vor drei Jahren zum ersten Mal vom Bienensterben erfuhr, entschloss sie sich zu einer Ausbildung zur Hobbyimkerin und begann mit der Vermarktung ihres eigenen Honigs.

„Ich dachte zunächst, dass das Problem durch mehr Bienenvölker behoben werden kann. Und weil mein Opa und mein Uropa ebenfalls Imker waren, lag diese Entscheidung quasi auf der Hand“, erzählt Katharina Schmidt. Weil die Gründe für den Rückgang der Bienenpopulation jedoch viel vielschichtiger und komplexer sind, unternahm die Betriebswirtin mit der Gründung ihres eigenen Unternehmens den nächsten Schritt im Kampf gegen das Insektensterben. Um die Auswirkungen der Umgebung auf die einzelnen Bienenvölker zu erfassen, haben die drei Unternehmensgründer ein System zum Zählen der einzelnen Insekten entwickelt. Mit einer stationären Kamera werden die Bienen am Ein- und Ausgang des Bienenstock gefilmt und die Aufnahmen dann mit einer speziellen Software analysiert.

Mit einer stationären Kamera werden die Bienen am Ein- und Ausgang des Bienenstock gefilmt und die Aufnahmen dann mit einer speziellen Software analysiert. (Bild: karlsruhe.digital)

„Wenn morgens 1.000 Bienen ausschwärmen und abends nur 500 zurückkommen, gibt es in der unmittelbaren Umgebung wahrscheinlich ein Problem“, sagt Katharina Schmidt. Außerdem könne die Software durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz auch Pollen an den Hinterbeinen der Bienen erkennen. „Sammeln Bienen verschiedene Pollen ein, ist die Biodiversität recht hoch. Wird nur eine Pollenart erkannt, handelt es sich um eine Monokultur“, betont Katharina Schmidt. Bringen die Bienen gar kein Pollen mehr in den Bienenstück, herrscht akuter Handlungsbedarf.

Pilotprojekt mit 48 Bienenstöcken in und um Karlsruhe

In Rahmen eines Pilotprojekt hat das Startup mit Geschäftssitz im Gründerinkubator CyberLab des Unternehmernetzwerks CyberForum mittlerweile 48 Bienenstöcke in und um Karlsruhe mit der entsprechenden Sensortechnik ausgestattet. Im Zoo werden dabei ebenso die Bienen gezählt wie auf dem Areal der Privatbrauerei Hoepfner und bei einigen Immobilien der Wohnungsbaugenossenschaft Familienheim.

apic.ai
In Rahmen eines Pilotprojekt hat das Startup mit Geschäftssitz im Gründerinkubator CyberLab des Unternehmernetzwerks CyberForum mittlerweile 48 Bienenstöcke in und um Karlsruhe mit der entsprechenden Sensortechnik ausgestattet. (Bild: karlsruhe.digital)

Eines der Ziele des Projekts ist das Erstellen einer interaktiven Karte zur Biodiversität in der Fächerstadt und deshalb wird die Pilotphase von der Stadt Karlsruhe bereits aktiv unterstützt. Mit konkreten Ergebnissen kann Katharina Schmidt allerdings noch nicht aufwarten. „Wir müssen zunächst einmal die Einsatzfähigkeit des Systems testen und noch einige organisatorische Fragen klären“, sagt die Geschäftsführerin.

Außerdem seien nach dem Projektstart auch einige unerwartete Fragen aufgetaucht, etwa ob Funksignale zum Übertragen der Bilder den Bienen auf Dauer schaden könnten. Doch bereits während des Testlaufs lotet das Gründer-Trio mögliche weitere Einsatzgebiete für das Bienenzählsystem aus. „Wer das Verhalten der Bienen genau analysiert, kann daraus auch Rückschlüsse auf die Verträglichkeit von Pflanzenschutzmittel in der unmittelbaren Umgebung der Stöcke ziehen“, sagt Katharina Schmidt.