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Wie steht es um die Share Economy? Diesen und anderen Fragen rund um das Thema „Teilen statt haben“ widmet sich der shareBW-Kongress. Wir haben mit Sharewood-Forest, den Gewinnern des Vorjahres, über den Wettbewerb gesprochen.

Lieber Florian, 2015 wart ihr eines der fünf Gewinner-Teams des Share Economy-Wettbewerbs des Landes Baden-Württemberg. Was hat sich seither für euch verändert?

Verändert hat sich im Grunde vieles! Wir sind mittlerweile ein eingetragener Verein und haben damit eine klare Ausrichtung – und viele neuartige Aufgaben, die zu bewältigen sind. Die turbulenten Tage der Ideen(weiter)entwicklung sind einem Strom eher formaler und weniger kreativer Aufgaben gewichen. Neben formalen und rechtlichen Belangen setzen wir unsere ehrenamtliche Arbeitszeit insbesondere für die Landpaten-Gewinnung ein.

Sharewood-Forest ist für Landpaten und Abenteurer. Für all diejenigen, die mit den Begriffen nichts anfangen können, erklärt doch bitte kurz euer Konzept.

Wir wollen das „wilde Zelten“ in Deutschland durch den Gedanken des Teilens möglich machen. Geteilt werden kann bei uns die Freude an der Natur. Wer ein eigenes kleines Grundstück im Wald oder der freien Natur besitzt und die Idee des naturnahen Zeltens für jedermann unterstützen möchte, kann auf sharewood-forest.de sein Grundstück für Abenteurer anbieten.

Unser Verein Sharewood-Forest e.V. betreibt die Website als eine altruistisch motivierte Plattform für Naturliebhaber mit einem Hang zum wilden Zelten (unseren „Abenteurern“) und Besitzer von wald- und naturnahen Grundstücken, die diese gerne zum Zelten teilen möchten (unseren „Landpaten“).

Jeder registrierte Abenteurer kann bei den Landpaten eine Anfrage mit einem Profilbild und einem kurzen Anfragetext stellen, ob er oder sie zu einem bestimmten Datum auf deren Grundstück zelten darf. Landpaten können solche Anfragen annehmen, über die Plattform mit den Abenteurern kommunizieren, oder natürlich auch jederzeit ablehnen. Somit hat der Landpate stets die Kontrolle, wer sich wann auf seinem Grundstück aufhält. Naturbegeisterte Abenteurer erhalten die einmalige Gelegenheit eine Nacht in der „wilden“ deutschen Natur verbringen zu können.

Im Gegensatz zu anderen Share Economy-Angeboten habt ihr euch für einen eingetragenen Verein (e.V.) und nicht etwa für eine GbR oder GmbH entschieden. Wie kam es dazu?

Wir haben uns im Laufe der Gründung von Sharewood-Forest zunehmend den Ideen des „Sharing“ und weniger der Idee der „Economy“ zugewandt. Der Verein hat somit in Summe einfach besser zu unserer ehrenamtlichen und altruistisch motivierten Ausrichtung gepasst. Uns geht es bei Sharewood-Forest ausdrücklich nicht darum Geld zu verdienen, sondern um einen nachhaltigen und sozialen Beitrag ganz im Sinne der urtümlichen „Sharing“-Idee.

Sharewood Forest

Gibt es Altersgruppen oder Gebiete, in denen euer Angebot besonders gut ankommt?

Wir folgen dem Grundsatz der Datensparsamkeit und kennen daher weder die Altersstruktur unserer Land-Paten, noch der Abenteurer. Aus persönlichen Kontakten wissen wir jedoch, dass in jeder Altersgruppe Interesse an unserem Projekt besteht, wenngleich etwas weniger ältere Menschen unter den Abenteurern sind.

Das Angebot an Übernachtungsplätzen ist, wie bei anderen rein altruistisch motivierten Anliegen noch überschaubar. Wir arbeiten weiterhin darauf zu immer mehr Menschen von unserer Idee zu begeistern. Über Fachmagazine wie beispielsweise WALDEN (in der Ausgabe NR. 04 „Wanderlust“) aber auch im direkten Gespräch versuchen wir die Grundstückregistrierung weiter voranzubringen. Unser besonderer Dank gilt an dieser Stelle den bereits registrierten Landpaten mit Ihren Grundstücken: wir danken Euch – auch im Namen der Abenteurer – für Eure Unterstützung!

Wie habt ihr den ShareBW-Wettbewerb erlebt und welche Tipps könnt ihr den Teilnehmern in diesem Jahr geben?

Der ShareBW-Wettbewerb war ein sehr intensives Erlebnis! Die Beschleunigung, die unsere Idee von ihrer frühen Entstehung bis zur heutigen Manifestierung in einem eigenen Verein erhalten hat, ist rückblickend beinahe unglaublich! Zu sehen, wie viele unterschiedliche Menschen und Organisationen bereit waren und sind unser Projekt zu unterstützen, ist eine besondere Erfahrung.

Ich empfehle jedem Teilnehmer die Zeit zu genießen und sich voll auf alle Herausforderungen, Höhen und Tiefen einzulassen. Das ist in dieser Form ein einzigartiges Erlebnis!

Welchen Stellenwert hat die Share Economy in eurem Leben? Greift ihr auch in anderen Bereichen auf entsprechende Angebote zurück?

Erst kürzlich habe ich meine Unterkunft für einen Forschungsaufenthalt in Großbritannien zum Thema „Vertrauen in der Sharing Economy“ über Airbnb gefunden. Aber auch in der täglichen Forschungsarbeit am KIT beschäftige ich mich Fragestellungen rund um die Sharing Economy. Da ich in meiner Freizeit einige ehrenamtliche Stunden mit der Vereinsarbeit für Sharewood-Forest verbringe, kann man sagen, dass die Sharing Economy für mich aktuell einen beträchtlichen Stellenwert genießt.

Was muss sich ändern, damit sich die Share Economy langfristig etabliert? In welchen Bereichen seht ihr derzeit die größten Probleme?

Längerfristig hängt der Erfolg der Sharing Economy von der Einstellung ihrer Nutzer ab. Vertrauen zwischen den beteiligten Akteuren wird hierbei eine zentrale Rolle spielen. Woher weiß ich beispielsweise, ob ich es beim gemeinschaftlichen Teilen immer mit einem wohlwollenden Gegenüber zu tun habe; einer Person die weiß was sie tut und Wort hält? Die erfolgreiche Beantwortung dieser Fragen liegt nicht zuletzt in der Hand von Plattform-Betreibern wie Airbnb, die bislang sehr erfolgreich in der Adressierung dieser Herausforderung waren. Kleinere Initiativen wie Sharewood-Forest können vom kreativen Erweitern etablierter Systeme profitieren und dazulernen. Wenn es möglich ist, Systeme zu entwickeln, die das Vertrauen zwischen allen Beteiligten optimal fördert, hat die Sharing Economy langfristig eine Chance. Ändern muss sich hierzu nicht viel. Die Sharing Economy ist auf einem guten Weg.

Probleme sehe ich hauptsächlich im Verlust der Kerngedanken des Teilens. Begriffe wie „Sharewashing“ (das heißt Vortäuschen von sozialen und nachhaltigen Prinzipien auf Plattformen in der Sharing Economy, die hauptsächlich profitorientiert ausgerichtet sind) stellen eine große Herausforderung dar. Bei einer Weiterentwicklung solcher Phänomene, wird langfristig nur noch der Economy-Gedanke von einer ehemals vielschichtigen Idee des Sharing übrig bleiben.