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Uber, Airbnb und Co. verändern die Produktions- und Wertschöpfungsmechanismen unserer Welt. Wie, erläutert der Medienwissenschaftler Trebor Scholz in seinem Vortrag an der New School in New York.

Die Geschäftsmodelle der Sharing Economy basieren auf dem Prinzip, die eigene Zeit oder ein eigenes Produkt umsonst oder gegen Bezahlung anderen zur Verfügung zu stellen. Ohne profitorientierten Mittelsmann haben beide Seiten etwas davon. Bei einem auf Sharing Economy basierenden Geschäftsmodell hingegen sind die Vorteile schnell dahin, der Profit landet vor allem beim Vermittler, die Risiken werden ausgelagert. Kann das auf Dauer funktionieren?

Nein, sagt Trebor Scholz, Professor für Kultur und Medien an der New School in New York. Die Sharing Economy in ihrer aktuellen Form sei lediglich die „glänzende Speerspitze von Bequemlichkeit, Deregulierung, Gewerkschafts-Schwächung, Klassenunterschieden und Rassismus“. Hinzu kommen Probleme wie zerbröselnde Arbeitnehmerrechte, Steuerflucht sowie ein langsames Einschleichen der „Frag nicht, entschuldige dich einfach“-Mentalität.

Tausch alter Verbindlichkeiten gegen neue

Größtes Problem der als Plattform angelegten Modelle: Angestellte gibt es nur im engen Kreis für Aufgaben wie Entwicklung und Verwaltung. Diejenigen, die über die Plattformen ihre Arbeit mit Know-how, Zeit oder physischem Eigentum zur Verfügung stellen, sind in der Regel Selbständige, bei denen keine Unternehmerausgaben wie Kranken-, Sozial- und Rentenversicherung und somit auch Risiken anfallen. Scholz nennt dieses Phänomen „Crowd Fleecing“, was übersetzt so viel wie Ausbeutung durch die Menge bedeutet.

Ein weiterer Punkt, den Scholz kritisiert, sind die neuen Abhängigkeiten. Als Dienstanbieter bei einem Sharing-Economy-Unternehmen mache man sich nicht unabhängig, sondern tausche einfach „alte Verbindlichkeiten und Vorgesetzte gegen neue“. Dass Scholz‘ Kritik nicht nur reine Theorie ist, zeigen aktuelle Zahlen. In den USA sind 53 Millionen Menschen oder jeder dritte Arbeitnehmer als Freiberufler unterwegs, Tendenz steigend. Zum Vergleich: In Deutschland nimmt der Anteil der Selbstständigen am Gesamtarbeitsmarkt seit Jahren ab. Im dritten Quartal 2015 waren hierzulande 4,3 Millionen Menschen oder zehn Prozent aller Erwerbstätigen selbständig.

Trebor Scholz: Kooperative statt Monopole

Dennoch sieht Scholz auch die Vorteile der Sharing Economy: Neue Märkte, neue Möglichkeiten und vor allem Bequemlichkeit. Um die Vorteile mit einem sicheren Arbeitsplatz, anständigen und sicheren Löhnen, Anerkennung und selbstbestimmter Arbeit zusammenzubringen, müssen demnach Eigentum, staatliche Aufsicht mit rechtlichen Rahmenbedingungen und Solidarität in Form von Kooperativen neu entdeckt werden. Statt Oligarchen, die „auf dem Rücken der Armen reiten“ solle man das technologische Herz bestehender Sharing-Economy-basierter Unternehmen übernehmen, jedoch für das Allgemeinwohl arbeiten lassen und den Profit den Nutzern, Initiativen und Städten zufließen lassen.

An Beispielen mangelt es dem gebürtigen Deutschen nicht. Kooperative Marktplätze wie Fairmondo, das sich als faire Version von Amazon oder Ebay sieht und komplett seinen Nutzern und Mitarbeitern gehört, sind schon jetzt Alternativen zu den großen Playern. Plattformen wie Stocksy, das Fotos verkauft, beweisen dass „Produser“ – ein Fantasiewort aus Producer (Produzent) und User (Anwender) – als Eigentümer der Plattform, auf der ihre Arbeit gekauft werden kann, funktionieren. Auch Städte wären in der Lage als Eigentümer einer Übernachtungsplattform, besser die Abläufe zu regulieren und mitzugestalten, statt wie bisher per Gesetz, die Spätfolgen zu bekämpfen. Ein letztes Beispiel ist die Plattform als Protokoll. Ähnlich wie die E-Mail, die einen Standard bildet, der von anderen Programmen verwendet wird, könnten auch Kokonsum-Modelle über offene Protokolle vernetzt werden – ohne einen profitierenden Dritten als Vermittler.

Weitere Leseempfehlung: Trebor Scholz‘ Medium-Beitrag „Platform Cooperativism vs. the Sharing Economy