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Er sieht aus wie ein Briefkasten aus Holz und ist am Eingang eines Bienenstocks angebracht. Ausgestattet mit einer Kamera soll das System Bienen beim Betreten und Verlassen ihrer Bienenstöcke visuell erfassen. Mit Hilfe von neuronalen Netzen können die Bilddaten ausgewertet werden, sodass Imker Rückschlüsse über den Gesundheitszustand ihrer Bienenvölker ziehen können.

Die Idee dahinter stammt vom Karlsruher Startup und CyberLab-Team apic.ai. Wie das Ganze funktioniert und was sich über einzelne Bienenvölker herausfinden lässt, erklärt uns Katharina Schmidt, CEO bei apic.ai, im Interview.

Liebe Katharina, du und dein Team entwickeln derzeit ein System, das Bienen mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz retten soll. Erzähle mir doch in ein paar Sätzen was eure Idee ausmacht und wie euer System funktioniert.

Wir haben ein System entwickelt, mit dem Honigbienen beim Betreten und Verlassen ihrer Bienenstöcke visuell erfasst werden. Die Bilddaten werden mit Hilfe intelligenter Software und neuronaler Netze ausgewertet. Auf diese Weise werden Informationen über den Zustand der Bienen gewonnen. Mit Hilfe der Aggregation dieser Daten wollen wir Implikationen von Maßnahmen aus der Landwirtschaft oder der Infrastrukturplanung, welche sich auf das Ökosystem auswirken, sichtbar machen. Durch die Auswertung schaffen wir Verständnis für die synergetischen Beziehungen zwischen Bienen und Natur. Die gewonnenen Informationen eignen sich darüber hinaus als Indikator für die Gesundheit des Ökosystems.

Was lässt sich dank Künstlicher Intelligenz alles über einzelne Bienenvölker herausfinden?

Wir erkennen beispielsweise, wie sich ein Bienenvolk im Jahresverlauf verändert, ob der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln den Bienen in der Umgebung schadet und wann die Bienen schwärmen. Das hilft den Imkern besser und weniger invasiv zu arbeiten. Wir gehen jedoch noch einen Schritt weiter als nur den Imkern zu helfen. Durch die Erfassung bestimmter Merkmale einzelner Bienen ist es uns möglich zu erkennen, ob die Bienen (und damit auch andere Insekten) in ihrer Umgebung genug Futter finden.

Das lässt uns darauf schließen, ob das lokale Ökosystem nachhaltig ist und ermöglicht uns Handlungsnotwendigkeiten aufzuzeigen, wenn es nicht so ist. Richtig interessant wird es, wenn man die Informationen aus vielen Bienenstöcken miteinander vernetzt. Damit lassen sich völlig neue Einblicke in die synergetischen Beziehungen der Natur aufdecken.

Inwiefern lässt sich damit das Bienensterben verhindern?

Unser System erkennt und interpretiert verschiedene Merkmale, wie Krankheiten, um Handlungsnotwendigkeiten aufzuzeigen. Handeln müssen dann die Imker bzw. die Gesellschaft. Unser Ziel ist dabei der Erhalt der biologischen Vielfalt. Wenn Menschen Städte bauen und Felder bestellen hat das oft negative Auswirkungen auf die Natur, beispielsweise weil Insekten durch versiegelte Flächen und Monokulturen weniger Nahrung finden.

Bislang gibt es aber noch keine Möglichkeit diese Auswirkungen zu messen. Unser System soll das leisten und so verhindern, dass die Ungewissheit über die Zusammenhänge in der Natur die Biodiversität gefährdet. Wenn Probleme erkannt werden ist es aber schlussendlich an den Menschen und der Politik verantwortungsbewusst zu handeln. Wir liefern dabei die Datengrundlage für diese Entscheidungen.

Gibt es aktuell schon Imker, die eure Technologie nutzen?

Unser Prototyp ist bereits bei unserem ersten Kunden, den Stadtwerken Ettlingen im Einsatz. Im Oktober werden wir einen ersten größeren Test mit Imkern aus der Region starten.

Nicht nur Imker zählen zu eurer Zielgruppe – für welche Zwecke lassen sich die gewonnenen Daten sonst noch nutzen?

Die Art von Daten die wir erheben gibt es bisher so noch nicht, deshalb ist das schwer zu sagen. Wir haben eine ganze Reihe von Anwendungsfällen für unterschiedlichen Branchen – von Landwirten über Versicherungen und professionelle Bestäubungsdienstleister bis hin zum FBI. Nun gilt es unsere Hypothesen in Pilotprojekten mit den verschiedenen potentiellen Kundengruppen zu testen.

Wie sehen eure Zukunftspläne aus? An was arbeitet ihr aktuell?

2019 wollen wir ein großes Pilotprojekt starten, bei dem wir Bienenvölker in ganz Karlsruhe miteinander vernetzen. Bis zu 1,5 Millionen Bienen sollen dann, quasi als fliegende und honigsammelnde Sensoren die Stadt erfassen. Mit ihrer Hilfe wollen wir herausfinden wo die Fächerstadt schon insektenfreundlich ist und wo noch Nachholbedarf besteht. Damit soll gewährleistet werden, dass das Ökosystem der Fächerstadt dauerhaft erhalten bleibt. Wir suchen derzeit Unternehmen die dieses Vorhaben unterstützen und in diesem Zuge Lust auf eigene Unternehmensbienen haben, die dann mit unserem System ausgestattet werden. Wenn jemand Interesse hat, freue ich mich über eine Mail. Die Völker werden von einem Imker betreut und obendrauf gibt es noch eine 20 kg Honiggarantie ?.