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Haben Sie schon mal etwas vom Unternehmen Mackevision gehört? Nein? Aber vielleicht kennen Sie die Erfolgsserie Game of Thrones? Auch nicht? Dann ist das folgende Interview ein Muss für Sie. Ich konnte die Visualisierungskünstler, die ihre Wurzeln in Baden-Württemberg haben, zu einem Interview überreden – natürlich rücken dabei auch Autos mit in den Fokus.

Wer oder was verbirgt sich hinter Mackevision? Gründung? Mitarbeiter?

Bereits 1994 fing alles an und heute zählt die Mackevision Medien Design GmbH 370 Mitarbeiter – am Hauptsitz Stuttgart sowie an den Standorten München, Hamburg, London, Florenz, Paris, Detroit, Los Angeles, New York, Beijing, Shanghai, Seoul, Tokio und Singapur.

Mackevision zählt zu den Weltmarktführern für Computer Generated Imagery, kurz CGI. Dazu gehören die Bereiche 3D-Visualisierung, Animation und visuelle Effekte. Das Unternehmen gestaltet und produziert Bild- und Filmmaterial sowie interaktive Anwendungen in High-end-Qualität. Wir entwickeln zudem Technologielösungen zur Bilderzeugung und begleiten den gesamten CGI-Prozess; von der Datenaufbereitung bis zur kreativen Gestaltung. Das international aufgestellte Team betreut Großkonzerne, mittelständische Unternehmen und deren Agenturen.

Der Durchbruch kam damals mit Mercedes? Wie hat die Automobil-Branche, speziell Mercedes, von Mackevision profitiert?

Produktvisualisierungen und Filme für die Automobilindustrie zählen zu unserem Kerngeschäft. Wir binden virtuelle Fahrzeuge in real gedrehte Filme oder in fotografierte Hintergründe ein. Der Einsatz von CGI bringt den Kunden – allen voran der Automobilindustrie enorme Vorteile: Man muss heutzutage keinen Erlkönig mehr bauen und mit ihm zum Shooting zum Beispiel nach Süd-Afrika fahren. Das macht uns unabhängig von äußeren Einflüssen wie Wetter oder organisatorischen Hürden. Außerdem müssen unsere Kunden somit nicht mehr befürchten, dass Bilder ihrer Prototypen vorab in die Medien gelangen.

Dazu kommt, dass der Bildbedarf der Automobilindustrie – um in diesem Segment zu bleiben – bedingt durch das Modellfeuerwerk gigantisch ist. Auf herkömmliche Art und Weise kann dieser Bedarf gar nicht mehr abgedeckt werden. So stellt der Webkonfigurator von Mercedes-Benz zum Beispiel dreidimensional und in höchster Bildqualität jede Fahrzeugvariante dar. Für jedes Fahrzeug stehen gegenwärtig 40 Perspektiven (Innenansichten und eine Außen-Rundumsicht) zur Verfügung. Dazu können die Nutzer zwischen einer Tag- und einer Nacht-Ansicht sowie der Darstellung in normaler oder hoher Auflösung wählen. In Verbindung mit allen Farbvarianten, Felgen, Polster- und Zierteilvarianten sowie mehr als 30 Sonderausstattungen ergibt das mehrere hundert Billionen unterschiedliche Merkmalsausprägungen. Dies abzubilden gelingt nur mit CGI.

Die zukünftigen Entwicklungen gehen dahin, dass künftig nicht mehr nur Fahrzeug-Konstruktionsdaten übernommen werden, sondern zunehmend auch kinetische Simulationsdaten. Auch um so die Bewegungsdynamik eines Fahrzeugs korrekt abbilden zu können.

Statt ein Auto nur zu sehen, können Kunden und Interessierte es dann tatsächlich erleben, ohne in einem physisch vorhandenen Fahrzeug zu sitzen. Denn die Entwicklung geht zum vollständigen Fahrsimulator, den die Händler ihren Kunden im Rahmen ihres Showroom-Auto-Konfigurators zur Verfügung stellen können.

Solche Mehrwerte werden zunehmend benötigt, um Kunden gleich zu Beginn abzuholen. Weitere Beispiele für den extravaganten Mehrwert setzen den Einsatz von Virtual- und Augmented-Reality-Techniken voraus: Kunden können so beispielsweise mithilfe von Datenbrillen das Fahrzeug erleben und Materialien ändern, um unterschiedliche Ausstattungen und Farbkombinationen unter allen denkbaren Lichtverhältnissen auszuprobieren.

Im nächsten Schritt säße man als Kunde dann im Auto, hätte einen realen Eindruck vom Innenraum und Sitzkomfort und bekäme mittels Datenbrille eine andere Ausstattungen oder Interieur-Farben ins Sichtfeld eingespielt. Spätestens dann wird CGI zu CGE: Computer Generated Experience. Das ist allerdings ein anderes Thema.

Inwiefern werden visuelle Effekte heutzutage auch in der Automobilwerbung eingesetzt? Gibt es dazu in die Praxis umgesetzte Beispiele?

CGI und visuelle Effekte ergänzen sich wunderbar. So schufen unsere Artists zum Beispiel für eine Kampagne für Mercedes-Benz Schweiz ein Schneemonster. In der Print-Kampagne war es dem mit 4MATIC angetriebenen Fahrzeugen dicht auf den Fersen; bekam sie aber nicht zu fassen. Anhand solcher Geschichten lässt sich die Symbiose von CGI und VFX wunderbar nachvollziehen.

Auch an dem Messefilm zur Einführung des Hybrid-Sportwagens Porsche 918 Spyder, der komplett am Computer generiert wurde, hatten unsere VFX-Spezialisten großen Anteil an der Animation und dem Shading.

Porsche 918 Spyder from Mackevision on Vimeo.

Das Unternehmen Mackevision ist weltweit erfolgreich, spielt zweifelsohne visuell in der ersten Liga. Mittlerweile darf man sich damit rühmen, visuelle Effekte für die weltweit erfolgreiche Serie Game of Thrones (GoT), aktuell 5. Staffel, umgesetzt zu haben. Was für einen Aufwand steckt eigentlich hinter so einem Set?

Die fünfte Staffel von Game of Thrones (HBO-Serie) besucht einige bekannte Orte wieder, die man beispielsweise aus vorigen Staffeln schon kennt. Mackevision kreierte 66 VFX-Shots selbst und konnte so eine Gesamtdauer von über sechs Minuten beisteuern. Wie groß dieser Aufwand war, zeigt sich anhand der beteiligten Crew: Satte 35 Artists werkelten über sechs Monate an den Ausschnitten.

Animation der Stadt Braavos mit dem Titan - Game of Thrones.
Animation der Stadt Braavos mit dem Titan – Game of Thrones.

Unter der VFX-Supervision von Jörn Großhans wurden mehrere groß zu sehende Gebäude als 3D-Environments, sowie Mattepaintings und CG-Schiffe mitsamt Wellensimulation realisiert (siehe Bilder und Video). Ein Beispiel: Für die Darstellung einer flüssigen Sequenz von einer Sekunde werden ungefähr 24 Einzelbilder verwendet, für die Berechnung eines aufwendigen 3D-Bildes wird allerdings eine Stunde pro Bild benötigt – und somit ein Zeitfenster von 24 Stunden benötigt. Ein enormer Aufwand.

Game of Thrones, Season 5 – VFX making of reel from Mackevision on Vimeo.

Welche Projekte stehen in Kürze bei euch an? Wird es wieder eine Beteiligung bei GoT, 6. Staffel geben?

Bei Game of Thrones durften wir inzwischen schon Season 3, 4 und 5 mitgestalten und hoffen, dass wir auch bei Season 6 Teil des Produktionsteams sein werden. Momentan sind wir an weiteren großen Produktionen beteiligt, darunter die von dem amerikanischen Sender MTV beauftragte Serie „Shannara Chronicles“. Mehr wird aber nicht verraten.

Natürlich ist Mackevision ein beliebter Arbeitgeber. Sucht ihr noch Mitarbeiter? Was muss ein Artist mitbringen?

Als Grundlage ist zunächst eine gute Ausbildung unabdingbar. Wir haben in Deutschland sehr gute Schulen und Akademien, in denen unsere Artists ihr Handwerk lernen. Mit der Filmakademie Baden-Württemberg und der Hochschule der Medien haben wir in Stuttgart zwei ausgezeichnete Institutionen direkt vor der Tür. Klar, der angehende Artist sollte schon Kreativität und Einfallsreichtum, bildästhetisches Urteilsvermögen und einen Sinn für Dramaturgie und Rhythmus mitbringen. Zeitliche Flexibilität, Stressresistenz, Teamfähigkeit, technisches Verständnis und das klassische selbständige Arbeiten runden das Profil ab. Mit einer gewissen Leidenschaft und dem richtigen Ehrgeiz geben wir dem künstlerischen Nachwuchs immer gerne die Chance, bei uns hinein zu schnuppern.

Kleiner Hinweis der Redaktion: „Game of Thrones“, Staffel fünf auf Sky Atlantic HD und auf Abruf über Sky Go und Sky Online – es lohnt sich.