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Thermogeneratoren (TEG) erfahren derzeit eine kommerzielle Renaissance. Mittlerweile nimmt die Technik sogar bei den Themen Industrie 4.0, Internet der Dinge sowie bei der Optimierung von Energieprozessen an Fahrt auf. Das Karlsruher Startup Otego setzt dabei auf organische Materialien, die zum einen kostengünstig sind, zum anderen besitzen ihre TEGs die Größe eines Zuckerwürfels. Im Folgenden stelle ich die Otego-Technologie im Detail vor.

Es fing alles am KIT in Karlsruhe an. André Gall, Diplom Physiker und verantwortlich für die Produktionsentwicklung bei Otego – Thermoelektrische Generatoren , hat nicht nur das Unternehmen mitbegründet; er hat den Generator im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit am KIT sogar erfunden. Nach der Patentanmeldung haben anschließende Versuche gezeigt, dass das erdachte Konzept tatsächlich funktioniert. Was folgte, klingt wie aus dem Silicon Valley. Es gesellten sich Silas Aslan, Frederick Lessmann und Matthias Hecht zum Führungsteam hinzu und schon war Otego geboren.

Seebeck-Effekt: Wärme wird zu Strom

Doch bevor wir TEGs in Verbindung mit dem Internet der Dinge oder der Industrie 4.0 bringen können, müssen wir die Technologie dahinter verstehen. Speziell die thermoelektrischen Effekte spielen eine entscheidende Rolle. Grundsätzlich gilt: TEGs wandeln Wärme direkt in Strom um, sobald sie in einen Temperaturunterschied gebracht werden. Physikalisch wirken hier insgesamt drei thermoelektrische Effekte zusammen, von denen der sogenannte Seebeck-Effekt für Otego am interessantesten scheint. „Der Seebeck-Effekt bewirkt, dass sich durch einen Temperaturunterschied die Ladungsträger in einem elektrischen Leiter bewegen, also ein elektrischer Fluss stattfindet. Es findet eine direkte Umwandlung von thermische in elektrische Energie statt, bei der es keine beweglichen Teile gibt oder sich die Materialien chemisch verändern“ erklärt Frederick Lessmann, Wirtschaftsingenieur Business Development Otego die Technik dahinter. „TEGs arbeiten daher vollkommen verschleiß- und somit auch wartungsfrei und können bereits kleine Temperaturunterschiede nutzen.“

Otego Usecase

„Mit unseren TEGs können künftig naheliegende Wärmequellen zur lokalen Energieversorgung der Sensoren genutzt werden. Damit wären die drahtlosen Sensoren vollkommen energieautark und im Betrieb über ihre gesamte Lebensdauer wartungsfrei“, Frederick Lessmann.

Ebenfalls nicht uninteressant: TEGs von Otego besitzen nach eigenen Angaben und im Vergleich zur Konkurrenz besondere Eigenschaften. So verfügen sie über elektrisch-leitfähige Kunststoffe aus eigener Entwicklung. Die TEGs sind unter anderem mechanisch flexibel und können einfach an gekrümmte Oberflächen wie Rohre angepasst werden. Zudem enthalten die TEGs nach eigener Aussage keinerlei Schwermetalle wie Blei und Tellur.

Thermogeneratoren und das Internet der Dinge

Bisher sind TEGs allerdings ein kostspieliges Unterfangen; für den Massenmarkt eigentlich nicht geeignet. Eigentlich? Genau dort setzt das Karlsruher Startup an. „Die Kombination aus kostengünstigen Materialien und groß-industriellen Produktionsverfahren katapultiert uns in Zukunft auf den Massenmarkt, ohne auf die entsprechende Qualität verzichten zu müssen. So werden die elektrischen Schaltungen auf industriellen Druckmaschinen gedruckt und künftig vollautomatisch in einem patentierten Verfahren weiterverarbeitet“, so Lessmann weiter.

Und wie können die thermoelektrischen Generatoren die Trends aus dem Internet der Dinge wie auch die aus der Industrie 4.0 adaptieren? Nun, im Zuge der Vernetzung durch die Industrie 4.0 werden immer mehr Daten von Sensoren benötigt um Prozesse zu überwachen und Betriebszustände von Maschinen zu erfassen. Bisher werden nahezu alle Sensoren über eine Kabelinfrastruktur miteinander verbunden. Wenn die Industrie in Zukunft riesige, weit verzweigte Sensor-Netzwerken mit Milliarden Sensor-Knoten einsetzen möchte, dann können diese nicht alle über eine unflexible und teure Kabelinfrastruktur verbunden werden.

Daher gibt es immer mehr drahtlose Sensoren, die per Funk Daten verschicken und so flexibel installiert werden können. Jedoch sind diese drahtlosen Sensoren bisweilen noch auf Batterien oder Akkus angewiesen, die regelmäßig von Hand gewechselt werden müssen. Bei tausenden von Sensoren in einer Industrieanlage führt dies zu einem riesigen Wartungsaufwand und natürlich Sicherheitsrisiko.

Die Zukunft wird zeigen, in wie weit thermoelektrische Generatoren den Massenmarkt erobern werden. Auf der anderen Seite sind es gerade die neuen IT-Felder (IoT und Industrie 4.0), die vielleicht in Sachen Energieeffizenz auf eine solche Technologie gewartet haben. Meine Wenigkeit ist zumindest gespannt, inwieweit sich das junge Unternehmen auf dem Markt etablieren kann.

Hintergrundinformationen: Thermoelektrische Generatoren

Der deutsche Physiker Thomas Johann Seebeck entdeckte 1922 die Technologie. Die Generatoren sind wie Solarzellen, nur wandeln Sie kein Licht in Strom, sondern Wärme in Strom.

TEGs eignen sich daher als nachhaltige Energieversorgung für das Internet of Things. Für viele vernetze Kleingeräte werden lästige Batteriewechsel bald der Vergangenheit angehören. Denn Wärme gibt es fast überall. Mit TEGs lässt sich die Energie selbst kleinster Wärmequellen vollkommen wartungsfrei in nützlichen Strom umwandeln – und zwar dort, wo er gebraucht wird. Elektrische Verbraucher erhalten so eine unabhängige Energiequelle. Bislang werden TEGs allerdings fast ausschließlich in der Raumfahrt angewendet, dort aber sehr zuverlässig und seit über 50 Jahren. Das oben beschriebene thermoelektrische Prinzip ist sogar schon seit über 200 Jahren bekannt. Für den Einsatz in Massenanwendungen sind herkömmliche TEGs insbesondere aufgrund ihres hohen Preises nicht geeignet. Darüber hinaus sind sie unflexibel, stoßempfindlich und beinhalten seltene und darüber hinaus giftige Schwermetalle.