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Google setzt seine Premium-Strategie mit dem Pixel 2 fort. Das neueste Smartphone des US-Konzerns lässt technisch keine Wünsche offen – und hat trotzdem ein Problem: ihm fehlt der Charme.

Vor einem Jahr hat Google seine beliebte Nexus- durch die Pixel-Reihe ersetzt. Während sich Nexus-Smartphones durch ein überdurchschnittlich gutes Preis-Leistungs-Verhältnis auszeichneten, ging es beim Pixel ausschließlich darum, in einer Liga mit Apple, Samsung und Huawei zu spielen. Das Label „Made by Google“ sollte gleichbedeutend mit „Premium“ sein – und wenn die Leute für ein iPhone 7 759 Euro ausgeben, dann können sie das ruhig auch für ein Google-Smartphone tun.

Zurück in die Gegenwart. Das neue iPhone 8 ist seit ein paar Wochen auf dem Markt. Preis? 799 Euro. Was bedeutet das für Google? Genau: Das neu vorgestellte Pixel 2 muss selbstverständlich auch 799 Euro kosten. Das ist ziemlich viel Geld für ein Smartphone, hält die Leute aber nicht vom Kauf ab, wie Apple und Samsung seit Jahren beweisen.

Das Problem von Googles Pixel-Reihe liegt an einer ganz anderen Stelle.

Google Pixel 2: High-End-Smartphone ohne Charme

Geht für einen Moment in euch und denkt darüber nach, ob ihr in den vergangenen zwölf Monaten jemals ein Google Pixel in freier Wildbahn gesehen habt – im Büro, in der Bahn oder in einem Café. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihr diese Frage mit „Nein“ beantwortet, ist recht hoch. Abgesehen von ein paar Bloggern, Journalisten und YouTubern, die das Pixel zum testen hatten, ist zumindest mir nie jemand mit einem Google Pixel begegnet – und beim Pixel 2 wird das nicht anders sein.

An der Hardware liegt das nicht. Das Google Pixel 2 arbeitet mit einem Snapdragon 835-Prozessor und verfügt über 4 GB RAM. Dazu gibt es ein 5-Zoll-Full-HD-Amoled-Display (16:9) und beim Pixel 2 XL sogar einen pOLED-Bildschirm mit 6 Zoll und QHD+-Auflösung (18:9). Die 12 Megapixel-Kamera auf der Rückseite mit Blende f/1.8 erzielt in ersten Tests sensationelle Ergebnisse und auch ansonsten lässt das Pixel 2 keinerlei Wünsche offen.

Google Pixel 2

Und dennoch fehlt dem Smartphone „Made by Google“ jeglicher Charme. Das Pixel 2 ist so emotionslos, wie die Keynote auf der es präsentiert wurde. Es ist so nüchtern, wie die Webseite, auf der man das Smartphone seit Mittwochabend vorbestellen kann. In diesem Punkt unterscheidet sich das Pixel 2 von einem iPhone 8 oder einem Galaxy S8. Apple und Samsung vermitteln mit ihren Produkten und der Art und Weise, wie sie diese der Öffentlichkeit präsentieren, einen bestimmten Lifestyle. Sie setzen auf Emotionen. Auf diese Weise gelingt es ihnen, die Menschen für ihre Produkte zu begeistern.

Google hingegen verzichtet auf all das – und macht aus dem Pixel 2 ein Smartphone, das technisch zwar einwandfrei ist, aber in den Käufern keine Emotionen weckt. Und Features allein verkaufen nun einmal keine Smartphones.

Google-Fans ist das Pixel 2 zu teuer

Bleiben noch die Google-Fans, also diejenigen, die einst stolze Besitzer eines Nexus-Smartphones waren. Ihnen geht es – im Gegensatz zum Durchschnittskunden – tatsächlich in erster Linie um die Technik. Sie schätzen Stock Android und die damit verbundenen schnelleren Updates – aber sie sind nicht bereit, 799 Euro – oder beim Pixel 2 XL sogar 939 Euro – dafür auszugeben.

Das ist das Dilemma, in dem Google derzeit steckt: Für die breite Masse ist das Pixel 2 zu langweilig, für die technikaffinen Nutzer zu teuer. Und so wird die Sichtung eines Pixel-Smartphones in freier Wildbahn wohl auch weiterhin ein seltenes Ereignis bleiben.