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Die Entwicklung im E-Commerce muss sich nicht nur den Kunden, sondern auch den Bedürfnissen der Händler anpassen. Der Modehändler Zalando will in diesem Bereich neue Impulse setzen.

Der Beratungs- und Technologieanbieter Artegic hat verschiedene Studien und Analysen für das erste Halbjahr 2015 zusammengetragen und kommt dabei zu erstaunlichen Ergebnissen: Etwa 43 Prozent der Verbraucher weltweit kaufen inzwischen lieber online ein als im stationären Handel. Allerdings würden 44 Prozent der Käufer häufiger online shoppen, wenn sie die bestellte Ware im Geschäft vor Ort abholen könnten.

Was das bedeuten kann, konkretisiert Zalando-Gründer Robert Gentz in einem Interview mit BerlinValley News: „Wenn ich heute ein T-Shirt online bestelle, wird es in unserem Lager in Erfurt oder Mönchengladbach verpackt und verschickt. Aber wenn die Marke hier in Berlin einen Store hat, in dem genau das T-Shirt in der richtigen Größe liegt, ist es eigentlich nur eine technische Frage, wie es in den nächsten 20 Minuten direkt zu mir kommt. Mein Handy weiß ja genau, wo ich bin.“

Bestellen, bekommen: Alles an einem Tag

Auf diese technische Frage möchte Zalando eine Antwort geben. Dabei will das Unternehmen zu einer Plattform werden, die sowohl Marken hilft, online ein gutes Geschäft zu machen, als auch für Kunden die Wartezeit auf bestellte Waren drastisch verkürzt. Zur Zeit werden Gespräche mit Einzelhändlern über erste Pilotprojekte geführt. Im Moment arbeiten rund 800 Entwickler für Zalando. Gentz schätzt, dass für die Realisierung der Vision zirka 3.000 Top-Entwickler nötig sind. Der Umbau vom Handelsunternehmen zu einem Tech-Unternehmen beziehungsweise Infrastrukturanbieter ist bereits in vollem Gange. Vorbild sind die Amazon Web Services.

Ein erster Test läuft derzeit in London. Mit dem Service „My Returns on Demand“ können Kunden in einem einstündigen Zeitfenster den Abholzeitpunkt für Retourware bestimmen. Ein Kurier kommt und holt die Ware am Tag des Kaufs oder am folgenden kostenfrei ab.

Mobile Infrastruktur einbinden

64 Prozent aller Besitzer von Mobile Devices nutzen diese inzwischen auch für den digitalen Einkaufsbummel und 74 Prozent der Käufer sind grundsätzlich dazu bereit, standortbezogene Daten mit Händlern zu teilen. Alles Zahlen, die Zalando in die Hände spielen. Zalando wird zudem in Großbritannien einer der ersten Online-Modehändler sein, der das mobile Bezahlsystem ApplePay akzeptiert.

„Die Kunden benutzen immer mehr mobile Endgeräte. So können wir ganz anders mit ihnen interagieren. Sie können uns mitteilen, wo sie sind. Sie können mit ihrer Kamera Eindrücke sammeln. Sie sind nicht mehr offline, wenn sie in einem Laden sind“, so Gentz.

Mut zur Veränderung

In den Monaten Januar bis März 2015 wurden 12,1 Milliarden Euro Umsatz bei deutschen Online- und Versandhändlern erzielt. Bis Ende des Jahres werden nach der Marktbeobachtung von Artegic 52,8 Milliarden Euro im deutschen E-Commerce prognostiziert. Die Herausforderungen für den Handel sind ebenso offensichtlich. Ein großes Problem sind nach wie vor die hohen Absprungquoten in Webshops. Mangelhafte Nutzerführung, Einschränkung der Zahlungsmöglichkeiten oder übertriebenes Retargeting sind Faktoren, die das Kauferlebnis schmälern oder abbrechen. Weitere Don’ts im E-Commerce hat das Magazin Internet World zusammengestellt.

Klar ist aber auch: Der stationäre Handel ist nicht abgeschrieben. Mit der passenden Infrastruktur spielt er eine wichtige Rolle beim Kaufprozess der Zukunft: Ware online bestellen – Verfügbarkeit vor Ort prüfen – Käufer mobil über den nächstgelegenen Standort informieren. Hier kann er dann entscheiden, ob er die Ware selbst abholt oder noch innerhalb weniger Stunden von einem Kurierdienst zustellen lässt.