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Artificial Intelligence, Internet of Things, Big Data, Fintech, Digital Health…fast kein Trend-Thema oder auch Buzzword wurde auf der hub conference ausgelassen und dementsprechend vollgepackt war auch die Agenda in der STATION in Berlin. Keynotes, Workshops, Panels, Startup-Wettbewerb: Auf drei Bühnen verteilt gab es insgesamt 54 Stunden Programm, obwohl das Event nur einen Tag lang dauerte. Laut Veranstalter, dem Digitalverband Bitkom, gab es bei der diesjährigen hub conference erstmals über 2.000 Teilnehmer. Ein persönlicher Event-Rückblick.
 

„Werden Roboter irgendwann mal unsere Chefs sein?“ Ein kurzes Zögern, ein kleiner Moment der Unsicherheit. Die Talkrunde verneint schließlich. Ich persönlich wäre mir da nicht so sicher. Schließlich sind solche Entwicklungen in Anfangszügen bereits zu beobachten.
 
Aber zurück zur Talkshow. „The Future Workplace – Employing artificial intelligence“ war der Titel dieser von KPMG organisierten Talkshow, die im Rahmen der hub conference live ins Web übertragen wurde. Die Gesprächspartner konnten unterschiedlicher nicht sein: Christian Thurau, Gründer der AI-Firma Twenty Billion Neurons; Leni Breymaier, neue SPD-Landesvorsitzende Baden-Württembergs; Joachim Bühler, Managing Director Bitkom und Thomas Erwin, Head of Data & Analytics, KPMG.

Truck Platooing und mehr: AI in der Arbeitswelt

Dass bestimmte Arbeitsplätze im Rahmen der Digitalisierung wegfallen werden, war dabei unbestritten. As Beispiel wurde das sogenannte Truck Platooning angeführt, eine teils autonom fahrende LKW-Kolonne, die früher zum Beispiel zehn und heute nur noch einen LKW Fahrer beschäftigt, da nur noch das erste Fahrzeug regulär gesteuert wird. Oder einfache Verwaltungstätigkeiten, die bisher von Sachbearbeitern erledigt wurden und künftig aber von einer Künstlichen Intelligenz, also von Algorithmen, gemacht werden könnten. Nach Meinung von Breymeier ist diese Entwicklung absehbar, jedoch müsse geklärt werden, wie man sich um die nicht mehr benötigten Arbeitskräfte kümmere. Weiter auseinander gingen die Meinungen beim Thema Sozialausgaben für Roboter oder Flexibilisierung von Arbeitnehmerregelungen, die von Joachim Bühler, Bitkom, als nicht kompatibel mit den Anforderungen der Digitalwirtschaft kritisiert wurden.
Allerdings wurde in der Talkrunde auch deutlich gemacht: Wenn Deutschland nicht im digitalen Wandel mithält und wettbewerbsfähig bleibt, so ist die Diskussion um Arbeitnehmerregelungen hinfällig denn wenn die Wirtschaft leidet, gibt es ja auch immer weniger Beschäftigte, um derentwillen man diskutieren könnte.

Predictive Analytics, 3D-Print, VR – Wachsende Märkte

Und es gibt im Zuge der Digitalisierung noch großes wirtschaftliches Potenzial zu heben. Das machten auch Ulrich Buhrmann und Dr. Anton Schäfer von T-Systems in ihrem Workshop zu Predictive Analytics deutlich. Als Beispiel erläuterten sie das Thema Predictive Maintenance, also vorausschauende Instandhaltung, bei der Bahn. Teure Bauteile von Lokomotiven können so besser, da flexibler, gewartet werden. Auch Zugverspätungen können durch Datenauswertungen genauer vorhergesagt werden, durch die Kombination von zum Beispiel Wetterinformationen und zugspezifischen sowie weiteren Daten. Herausforderungen bestehen zum Beispiel darin, wenn neue Technologien rund um Predictive Analytics auf alte Zugmodelle treffen.
 
Ein großes Thema auf der hub conference war auch der boomende Markt des 3D-Prints. Laut Ulli Klenk, Siemens Digital Factory, ermöglicht Rapid Prototyping durch 3D-Druck eine enorme Zeiteinsparnis und Innovationszyklen könnten erheblich beschleunigt werden. Und das Potenzial dieses noch jungen Marktes ist groß und vielleicht noch gar nicht wirklich zu erfassen: „Your imagination is a limit“, so Klenk.
Ein Beispiel aus einer ganz anderen Branche brachte Laurent Bernadac: Er bot eine musikalische Performance mit seiner 3D-gedruckten E-Violine.
 
Auch Virtual und Augmented Reality durften bei der hub conference natürlich nicht fehlen.
So präsentierte Icaros beispielsweise seinen VR-Flugsimulator. Das Fraunhofer FIT stellte eine Augmented-Reality-Anwendung vor, mit der Architekten oder Hausmeister nicht nur einen virtuellen Rundgang durch ein Gebäude machen können, sondern jeweils auch die Infrastruktur hinter der jeweiligen Fassade, ob Wasserleitung oder Lüftungsschacht, erkennen können.
 
hub conference: Roboter
Humanoider Roboter der Beuth Hochschule Berlin
Und was wäre ein Tech-Event ohne Roboter. Bei der hub conference waren sie in unterschiedlichen Ausführungen vertreten. Da gab es den humanoiden Roboter der Beuth Hochschule Berlin, der selbstständig, wie ein Mensch, lernt; seine Umgebung durch eine Kamera erfasst und visuell verarbeitet und besonders fortschrittliche Körperreflexe aufweist.
 
Darüber hinaus gab es zum Beispiel die „Roboter-Spinne“ des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz, die unwegsame Gelände und künftig vielleicht sogar den Mond oder Mars erkunden könnte.
 
Roboterspinne auf der hub conference
Roboterspinne des DFKI

Gründerwettbewerb Innovators Pitch

Auch dieses Jahr fand im Rahmen der hub conference der Startup-Wettbewerb Innovators Pitch statt, diesmal zu den Schwerpunkten Digital Health, Mobility und Internet of Things. Drei Minuten hatten die neun Finalisten jeweils Zeit, um vor einer Jury zu pitchen. Gewinner in der Kategorie Digital Health wurde das Startup Medicus aus Wien, das eine App präsentierte, die Ergebnisse eines Bluttests für den Patienten verständlich darstellt und beim weiteren Vorgehen unterstützt. In der Kategorie Mobility gewann Synfioo aus Potsdam, mit seiner Software-Plattform zur gezielten Überwachung von Transportketten in Echtzeit. Sieger in der Kategorie Internet of Things wurde das Berliner Startup Skysense, das durch seinen vollautomatischen Inspektionsservice für Drohnen überzeugte.

hub conference 2016: Ein Schlussgedanke

Insgesamt fand ich die Mischung aus spannenden Startups, Konzernen, Mittelständlern, Politik und Forschungseinrichtungen gelungen und auch das Programm spiegelte in seiner Themenvielfalt die große Bandbreite der Digitalisierung der Wirtschaft wieder.
 
Allerdings: „Artificial Intelligence is like teenage sex. Everybody talks about it, but nobody really knows how to do it“. Diesen Satz von hub-Keynotespeaker Silvan Rath, predict.io, habe ich auch schon in Verbindung mit anderen IT-Buzzwords gehört. Aber im Grunde trifft es ja auch auf viele Trends zu: Mithalten will jeder und dumme Fragen stellen möglichst keiner. Doch auch dumme Fragen sind angebracht. Zum Beispiel: E-Health-Anwendungen sollen die Lebensqualität im Alter und bei Krankheit steigern, doch werden sich ausreichende Finanzierungsmöglichkeiten für diesen nicht in erster Linie hochlukrativen Markt finden? Was passiert mit all dem Kunststoffmüll, der durch den 3D-Druck produziert wird? Oder, eine rhetorische Frage: Kann man in der Tech-Welt überhaupt bestehen, ohne massenhaft persönliche Daten von sich erheben zu lassen? Eine tiefere Auseinandersetzung mit kritischen Fragen hat mir auf der hub weitgehend gefehlt. Ich habe mich deshalb gefreut, als ich gelesen habe, dass der bekannte US-Journalist Jeff Jarvis in der Schluss-Keynote (bei der ich nicht mehr teilnehmen konnte) Datenschutz als einen Wettbewerbsvorteil Deutschlands herauskristallisiert hat. Ein interessanter Aspekt. Deutschland könnte Gewinn machen aus seinen Bedenkenträgern.