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Jeder redet über das Internet der Dinge (IoT), das in den vergangenen Jahren in alle möglichen Bereiche unseres Lebens Einzug gehalten hat. Inzwischen sind sogar Weinreben vernetzt. Ich war zu Besuch beim Weingut Haart in Piesport an der Mosel, das zusammen mit dem Nürnberger Unternehmen MyOmega und Intel einen der ersten smarten Weinberge in Deutschland betreibt.

Ich bin zwar kein Fan der Deutschen Bahn, aber eine Zugfahrt entlang der Mosel hat landschaftlich doch so einiges zu bieten. Man kann sich zurücklehnen, für ein paar Minuten abschalten und einfach die Natur genießen. Dabei wird schnell klar, dass der Weinanbau für die Region von großer Bedeutung ist. Wo man auch hinschaut sieht man Reben, die an den unzähligen Hängen die Sonne genießen.

Das Ziel meiner Reise heißt an diesem Tag Piesport, eine Ortsgemeinde im Landkreis Bernkastel-Wittlich in Rheinland-Pfalz und zugleich der größte Weinbauort im Anbaugebiet Mosel. Dass die Uhren hier noch anders ticken, merkt man schon bei der Ankunft am Bahnhof in Wittlich. Alles wirkt wie aus einer früheren Zeit. Stress und Hektik kennt man hier nicht. Während andernorts ungeduldige Taxifahrer vor den Bahnhöfen auf Kundschaft warten, steht in Wittlich nur ein Schild mit einer Telefonnummer. Einen Anruf und 15 Minuten später biegt ein junger, freundlicher Taxifahrer entspannt um die Ecke. Bis zum Weingut Haart fährt man knapp 20 Minuten. Der Fahrer erzählt, dass die Straße, auf der wir gerade unterwegs sind, wohl bald geschlossen wird, weil sie kaum noch jemand nutzt.

Kaum jemand würde wohl vermuten, dass sich ausgerechnet hier einer der ersten smarten Weinberge Deutschlands befindet, dessen Besitzer sich rund um die Uhr alle wichtigen Daten aus der Cloud auf sein Smartphone holen kann.

Einer der ersten smarten Weinberge befindet sich im Landkreis Bernkastel-Wittlich. (Bild: Frank Feil)
Einer der ersten smarten Weinberge befindet sich im Landkreis Bernkastel-Wittlich. (Bild: Frank Feil)

Intel, MyOmega, MYNXG und die vernetzte Rebe

Der smarte Weinberg von Winzer Johannes Haart nutzt die IoT-Plattform MYNXG (My NeXt Generation), die von dem Nürnberger Unternehmen MyOmega entwickelt wurde und auf Intel-Technologie basiert. Die Funktionsweise ist schnell erklärt: MYNXG verbindet Sensornetzwerke, die an bestimmten Stellen des Weinberges installiert sind. Diese Daten werden rund um die Uhr ausgelesen und gelangen per Mobilfunk in die Cloud, von wo aus sie über die TracoVino-Plattform von MyOmega auf dem PC oder Smartphone ausgewertet werden können.

In den vergangenen Jahren hat sich die Kellerarbeit des Winzers stark gewandelt: Ob pneumatische Membranpressen, um den Traubensatz zu gewinnen, Vakuumfilter um Schwebstoffe zu entfernen oder temperaturgesteuerte Edelstahltanks für die Gärung – moderne Technik hat in den meisten Bereichen Einzug gehalten. Im Gegensatz dazu unterscheidet sich der Anbau der Rebstöcke kaum von Cäsars Zeiten. Die Pflanzen sind dem Klima des Anbaugebiets ausgesetzt, der Winzer muss je nach Wetterlage entscheiden, wie und wann er im Weinberg aktiv wird. Zwar gibt es heute deutlich zuverlässigere Wetterberichte als vor 2000 Jahren, doch wenn die Wetterstation nicht zufällig zwischen den Rebstöcken aufgebaut wurde, erhält der Winzer keine exakten Daten. Was fehlt, ist eine genaue Repräsentation des Mikroklimas im Weinberg. Und zwar nicht nur an einer Stelle, sondern über die komplette Anbaufläche des Winzers verteilt.

smarter Weinberg
Modernste hat in den Technik hat in den Weinbau Einzug gehalten. (Bild: Frank Feil)

Sensoren liefern alle für den Weinanbau relevanten Daten

Welche Daten sind für den Winzer denn nun überhaupt wichtig? Zunächst muss man wissen, dass Sonnenstrahlung, Wasser, Boden und Lage die räumliche Umwelt der Rebe darstellen. Bei den sensiblen Trauben wirken sich dynamische Schwankungen der Witterung unmittelbar auf die Menge und Qualität des Weines aus.

Zudem hat die globale Erwärmung Auswirkungen auf zahlreiche Aspekte im Rebanbau: Vegetationsdauer, Ertragsmenge, Traubenqualität und Schadorganismen verändern sich mit steigenden Durchschnittstemperaturen. Zu wissen, welche Eckdaten gerade im Weinberg herrschen, ist für den Winzer absolut entscheidend.

Bislang mussten sich Winzer allein auf ihre Kenntnis der Umgebung und ihre langjährigen Erfahrungen bezüglich des Klimas verlassen. Nun unterstützt TracoVino den Winzer mit Zahlen und Fakten, die ihn in seiner Beurteilung und den daraus resultierenden notwendigen Maßnahmen unterstützen.

TracoVino beinhaltet einen MYNXG-Controller und eine MYNXG-App für Smartphones. Die Lösung für Winzer erfasst Daten über im Weinberg installierte Sensorplattformen. Diese Sensorplattformen ermitteln Temperatur, Luft- und Bodenfeuchtigkeit sowie Sonnenein- strahlung und Lichtstärke. Weitere Sensoren, die Blattfeuchte, Boden PH- und Nährstoffwerte messen, können jederzeit zusätzlich installiert werden. Die Sensoren sind energieautark, da sie durch Solarzellen mit Strom versorgt werden.

Die Sensorplattformen ermitteln alle für den Weinbau relevanten Daten. (Bild: Frank Feil)
Die Sensorplattformen ermitteln alle für den Weinbau relevanten Daten. (Bild: Frank Feil)

Per LTE in die Cloud

MyOmega hat auf Basis der Intel XMMTM 7160 LTE-Plattform entsprechende Cloud-Services und Secure Network Connections entwickelt. TracoVino kommuniziert mittels Mobilfunk, existierendem WiFi oder einer Ethernet-Infrastruktur sicher mit dem Internet. Durch Cloud-basierter Applikationen kann der Winzer jederzeit Prognosen über den Zustand seiner Weinberge, möglichen Schädlingsbefall oder die zu erwartende Qualität oder Quantität abrufen und entsprechende Maßnahmen ergreifen.

Die Messstellen lassen sich durch Kartenansichten und Satellitenfotos schnell zuordnen, Datenverläufe werden übersichtlich präsentiert und geben detaillierte Informationen zur aktuellen und historischen Situation vor Ort im Weinberg.

Wie funktioniert TracoVino? (Video: Intel Deutschland)

Projekte wie dieses machen das Internet der Dinge erlebbar und sind wichtig, um die Menschen von den Vorteilen einer vernetzten Welt zu überzeugen. In den kommenden Jahren werden immer mehr Bereiche unseres Lebens mit IoT-Technologien in Kontakt kommen – und dieses um einiges einfacher machen.

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