Ich bin auf eine interessante Studie gestoßen, die von DHL Paket und dem Kölner Handelsforschungsinstitut IFH durchgeführt wurde. Die Studie zeigt auf, welche Chancen und Risiken mit dem Onlinehandel verknüpft sind. Die Kernaussage vorweg: Um am Wachstum teilzuhaben, setzen Onlinehändler zunehmend auf die Marktplätze und Plattformen großer Anbieter (Amazon, Ebay, Zalando). Das bringt Reichweite, neue Kunden und zusätzliche Umsätze. Vorteile, für welche die Händler aber auch einen Preis bezahlen: Abhängigkeit.
Onlinehandel, E-Commerce oder der Handel im Internet – egal wie man ihn nennt; er wird laut der Studie ‚Onlinehändler im Spannungsfeld von Wachstum und Marktkonzentration‘ immer stärker von wenigen Anbietern beherrscht. Das Paper geht sogar soweit, dass es „für mittlere und kleinere Händler inzwischen eine große Herausforderung ist, eine direkte Kundenbeziehung aufzubauen“. Die Studie zeigt deutlich die Zwickmühle, in der sich immer mehr Onlinehändler befinden: Einerseits erhoffen sich Händler mit dem Sprung auf die digitalen Marktplätze eine Steigerung ihrer Umsätze (53 Prozent der Befragten), Reichweiten-Vorteile (47 Prozent) und die Gewinnung neuer Kunden (45 Prozent).
Auch wenn aktuell „nur“ etwa jeder fünfte Euro online direkt bei Amazon ausgegeben wird, so wird ein weiteres Drittel der Onlineumsätze durch Amazon als Informationsquelle beeinflusst.
ifhkoeln.de
…in Abhängigkeit eines großen Marktplatz-Anbieters
Andererseits begeben sie sich damit, fast automatisch, in die Abhängigkeit eines großen Marktplatz-Anbieters, der den Zugang zum Kunden kontrolliert, da die direkte Kundenbeziehung dem Marktplatz-Betreiber vorbehalten bleibt. Das kann zum Verlust des Kundenkontakts führen. Beispielsweise dann, wenn der Händler-Account vom Marktplatz-Betreiber gesperrt wird oder wenn der Marktplatz-Betreiber die Produkte ins eigene Sortiment aufnimmt. Jeder dritte befragte Onlinehändler sieht die Abhängigkeit kritisch. Als weitere Kritikpunkte werden ‚hohe Provisionen‘ (40 Prozent der Befragten) und ‚große Konkurrenz“ (38 Prozent) genannt. Wie stark sich Onlinehändler in Abhängigkeiten begeben, zeigt der aktuelle Branchenreport Onlinehandel 2018. Das Thema, auf Basis selbiger Quelle, nimmt aktuell auch die Seite Neuhandeln.de auf: „Der Online-Riese baut seine Vormachtstellung aktuell nicht nur über sein eigenes Handelsgeschäft weiter aus, sondern profitiert vor allem von einem florierenden Marktplatz-Geschäft. So mache allein der ‚Amazon Marketplace‘ in diesem Jahr rund 25 Prozent des gesamten deutschen Online-Handels aus, während das eigene Handelsgeschäft momentan rund 21 Prozent ausmache.“
Infografiken der Studie – weitere in der verlinkten Studie (zum vergrössern, bitte anklicken.)
Allerdings können Einzelhändler auch beim Onlinehandel mit Werten punkten, die ihnen aus dem stationären Handel vertraut sind. Zum Beispiel mit einem fairen Preis-Leistungs-Verhältnis – davon sind zumindest 47 Prozent der befragten Händler überzeugt. Auch in Sachen höherer Produktqualität (42 Prozent) und einem professionellen Kundenservice (24 Prozent) wollen die Onlineneulinge punkten – letzteres liegt ihnen förmlich im Blut. Wie genau Händler von den Marktplätzen profitieren, zeigt unser Artikel ‚Amazon in Zahlen‚ von 2017 – auch der stationäre Handel kann partizipieren.
Aus Konsumentensicht gehören überdies Versand und Lieferung zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Kundenbindung bei Onlinegeschäften. Dazu zählen vor allem die Zuverlässigkeit der Lieferung (wichtig für 85 Prozent der Kunden) sowie die Schnelligkeit der Lieferung (66 Prozent). Speziell die eigentliche Zustellung ist für den Kunden ein zentraler Teil des Einkaufserlebnisses. Zuverlässigkeit, Freundlichkeit von Zustell-Personal und die Möglichkeit, auf die Empfangspräferenzen von Bestellern einzugehen, sind daher wesentliche Kriterien von Konsumenten bei der Bewertung eines Shops. Onlinehändler können sich daher besonders über die Logistik von Wettbewerbern differenzieren und mit exklusiven Leistungen wie beispielsweise taggleicher Lieferung oder Zustellung in Zeitfenstern Kunden binden. Immerhin: Mehr als die Hälfte der Online-Shopper interessiert sich für eine Same Hour Delivery, also eine Lieferung innerhalb von zwei Stunden.