E-Scooter erobern Deutschlands Innenstädte. Was bei den einen Begeisterung auslöst, sorgt bei den anderen für Skepsis. Dennoch werden die elektrischen Tretroller schon bald ein fester Bestandteil urbaner Mobilitätskonzepte sein.
Ein Kommentar von Frank Feil
In Deutschland ist das immer so eine Sache mit neuen Technologien. Das lässt sich ganz hervorragend bei den Themen Mobile Payment und Smart Home beobachten. Was in anderen Ländern der Welt schon seit Jahren gängiger Standard ist, sorgt in Deutschland stets für rege Diskussionen. Das wiederum hat zur Folge, dass wir hierzulande in vielen Bereichen noch immer in der digitalen Steinzeit leben.
Jüngstes Beispiel für dieses international als „German Angst“ bekannte Phänomen sind die E-Scooter. Zwar hat der deutsche Gesetzgeber für die elektrischen Tretroller erstaunlich schnell den Weg frei gemacht, aber dennoch werden die kompakten City-Flitzer weiterhin mit großer Skepsis beäugt.
Eine Erfindung des Teufels?
Dass die E-Scooter hierzulande nicht wie andernorts selbstverständlich angenommen werden, sondern sich zum Teil massiver Widerstand regt, liegt größtenteils an der einseitigen medialen Berichterstattung.
Schauen wir uns die aktuellen Schlagzeilen zum Thema E-Scooter an:
- „Klima-Killer E-Scooter: So umweltschädlich sind die Elektroroller wirklich“
- „Die deutschen Autohersteller brauchen keine eigenen E-Scooter“
- „Weiter Ärger über E-Scooter“
- „Schwerer Unfall mit E-Scooter in Hamburg“
- „E-Scooter-Fahren ist um ein Vielfaches gefährlicher als Radfahren“
- „E-Scooter-Fahrer nach Unfall schwer verletzt“
- „Umwelt-Sauerei mit E-Scootern“
- „Die Scooter-Plage“
Natürlich nimmt die ohnehin schon skeptische Leserschaft solche Artikel wohlwollend zur Kenntnis – und sieht sich ein weiteres Mal darin bestätigt, dass alles Neue grundsätzlich schlecht ist. In der deutschen Medienlandschaft wurde der E-Scooter von Anfang an „niedergeschrieben“.
So lassen sich beispielsweise noch keinerlei Schlussfolgerungen dahingehend ziehen, ob künftig mehr Menschen ihr Auto stehen lassen und stattdessen zum E-Scooter greifen werden. Dafür ist das Thema viel zu neu. Es gibt dazu zwar bereits Umfragen, die abhängig vom Auftraggeber zum jeweils gewünschten Ergebnis kommen, aber wirklich aussagekräftig ist keine davon. Selbiges gilt für die Unfallzahlen. Da derzeit über jeden noch so kleinen Zwischenfall berichtet wird, entsteht in der Öffentlichkeit schnell der Eindruck, dass E-Scooter „gefährlich“ sind. Auf dieselbe Art und Weise wurden anfangs übrigens auch E-Bikes zur Gefahr auf zwei Rädern stilisiert. Statistisch eindeutige Belege für diese Thesen sucht man bis heute vergebens.
Ein weiterer Klassiker ist die Aussage, dass E-Scooter nur eine Lebensdauer von 28 Tagen und damit eine schlechte Umweltbilanz hätten. Demgegenüber steht das Versprechen einiger Deutscher E-Scooter-Anbieter, dass die hierzulande eingesetzten elektrischen Tretroller mehr als zwölf Monate genutzt werden können. Also warten wir das doch einfach mal ab.
Nicht der E-Scooter ist das Problem
Was ebenfalls oft ausgeblendet wird: Viele der Probleme, die der E-Scooter mit sich bringt, entstehen nicht durch den elektrischen Tretroller selbst, sondern durch dessen Nutzer. Denn die E-Scooter werfen sich weder selbst ins Wasser, wie in Marseille geschehen, noch blockieren sie eigenständig Bürgersteige.
Würden sich alle an die Spielregeln halten, würden sich viele der Kritikpunkte von selbst erledigen. Dann hätten die E-Scooter das Potenzial, die urbane Mobilität nachhaltig zu verändern und zur Verkehrswende in Deutschlands Ballungszentren beizutragen – mehr noch als Fahrräder oder der ÖPNV. Nicht umsonst befinden sich derzeit zahlreiche Städte in Gesprächen mit den Anbietern von E-Scooter-Sharing.
Wie wäre es, wenn wir den E-Scootern erst einmal eine Chance geben? ;)
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E-Scooter: Die wichtigsten Fakten im Überblick
- Geschwindigkeit: über 30 km/h, in Deutschland liegt die maximal zulässige Geschwindigkeit allerdings bei 20 km/h.
- Reichweite: je nach Modell und Akku zwischen 15 bis 30 Kilometern.
- Preis: Einstiegsmodelle sind bereits ab 300 Euro zu haben, im Premium-Bereich werden bis zu 2500 Euro fällig.
- Mindestalter: 14 Jahre.
- Helmpflicht: Nein.
- Fahrbahn: E-Scooter dürfen auf Radwegen und Radschutzstreifen sowie auf der Straße gefahren werden. Gehwege und Fußgängerzonen sind tabu.
- Versicherungspflicht: Ja (Haftpflichtversicherung).
- Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE): Muss vorhanden sein. Insbesondere günstigere Modelle verfügen über diese derzeit noch nicht.
- Mitnahme: Ab 1. August dürfen E-Scooter mit einem Gewicht unter 15 kg und einer Länge von weniger als 115 cm in Bussen und Bahnen des Verkehrsverbunds Rhein-Neckar gratis mitgenommen werden. Allerdings nur, wenn der Roller klappbar ist.
- Leihen: In Karlsruhe gibt es derzeit noch keinen E-Scooter-Sharing-Anbieter.