Deutschland will führend bei Künstlicher Intelligenz und digitaler Souveränität sein – doch fehlende digitale Basics bremsen den Fortschritt.
Die digitale Transformation ist längst zum zentralen Thema für Deutschlands Zukunft geworden. Begriffe wie Künstliche Intelligenz (KI) und digitale Souveränität stehen dabei im Mittelpunkt der politischen und gesellschaftlichen Diskussion. Der Digitalgipfel 2024 verdeutlichte, dass die Bundesregierung ambitionierte Pläne verfolgt: Deutschland soll ein führender Standort für KI in Europa werden und gleichzeitig seine digitale Unabhängigkeit sichern.
Derartige Ambitionen hat man in den vergangenen Jahren bereits häufiger formuliert. Aber die Realität sieht oft anders aus: Große Visionen treffen auf grundlegende Defizite im digitalen Bereich, die ihre Umsetzung erheblich behindern. Der Wille zur Transformation ist da – doch was fehlt, sind die Bausteine, auf denen diese aufbauen kann.
Wo Deutschlands Digitalisierung stockt
Die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz und digitaler Souveränität ist unbestritten. Doch ein Blick auf den aktuellen Stand der Digitalisierung in Deutschland zeigt, dass essenzielle Grundlagen noch immer fehlen.
Ein zentrales Problem ist die unzureichende Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Trotz jahrelanger Bemühungen kämpfen Bürger:innen und Unternehmen weiterhin mit analogen Prozessen, Papierformularen und langen Wartezeiten. Selbst das Onlinezugangsgesetz, das eine vollständige Digitalisierung von Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 vorsah, wurde nur unzureichend umgesetzt. Viele der angebotenen Services sind weder flächendeckend verfügbar noch nutzerfreundlich gestaltet – was nicht zuletzt auch an den föderalen Strukturen liegt.
Hinzu kommt der schleppende Breitbandausbau. Besonders ländliche Regionen leiden unter langsamen Internetverbindungen, die nicht nur die wirtschaftliche Produktivität beeinträchtigen, sondern auch den Zugang zu digitalen Innovationen erschweren. Für datenintensive Technologien wie KI sind flächendeckende und leistungsstarke Netzwerke jedoch unverzichtbar. Ein leistungsfähiges Breitbandnetzwerk ist längst eine Grundvoraussetzung für den Erfolg moderner Volkswirtschaften, doch in Deutschland bleibt der Ausbau weiterhin hinter den Erwartungen zurück. Die aktuelle Geschwindigkeit des Netzausbaus ist bei weitem nicht ausreichend, um mit dem technologischen Wandel Schritt zu halten.
Auch die Cybersicherheit stellt eine erhebliche Herausforderung dar. Vor allem das mangelnde Bewusstsein im Bereich IT-Sicherheit gefährdet nicht nur die digitale Souveränität, sondern auch das Vertrauen in neue Technologien. Die wachsende Zahl von Cyberangriffen zeigt, dass effektive Schutzmaßnahmen für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen oft nicht ausreichen. Es fehlt an standardisierten Lösungen, die flächendeckend zum Einsatz kommen können.
Und dann wäre da noch der eklatante Fachkräftemangel im digitalen Bereich. Der Bedarf an IT-Expert:innen, KI-Spezialist:innen und Fachleuten für Cybersicherheit steigt rapide, doch Ausbildungs- und Weiterbildungsangebote reichen nicht aus, um diese Nachfrage zu decken. Der Kampf um Talente ist längst ein globaler Wettbewerb, und Deutschland droht hier ins Hintertreffen zu geraten. Besonders im Mittelstand, der Rückgrat der deutschen Wirtschaft, fehlen häufig die Ressourcen, um entsprechende Kompetenzen intern aufzubauen.
Die Grundlagen für eine erfolgreiche Digitalisierung schaffen
Um die ambitionierten Ziele des Digitalgipfels zeitnah zu erreichen, muss Deutschland nun zuerst die grundlegenden Probleme der Digitalisierung konsequent angehen, denn ohne ein solides Fundament aus moderner Infrastruktur, effizienter Verwaltung und ausreichender Cybersicherheit sind selbst die besten Strategien im Bereich Künstliche Intelligenz und digitaler Souveränität nutzlos.
Ein zentraler Ansatzpunkt ist die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Einheitliche Plattformen, die alle Verwaltungsleistungen bündeln, könnten die Effizienz deutlich steigern. Nationale IT-Standards würden Doppelstrukturen vermeiden und Bürger:innen den Zugang zu staatlichen Dienstleistungen erleichtern. Open-Source-Lösungen bieten zudem Flexibilität und langfristige Kostenvorteile. Gleichzeitig braucht es gezielte Schulungsprogramme, um die Beschäftigten in der Verwaltung fit für neue Technologien zu machen.
Auch der Breitbandausbau muss massiv beschleunigt werden. Schnelles Internet ist die Basis für nahezu alle digitalen Prozesse. Dafür braucht es klare Zielvorgaben, weniger bürokratische Genehmigungen und gezielte Förderprogramme, vor allem für ländliche Regionen. Moderne Technologien wie Glasfaser und 5G müssen stärker eingesetzt werden, um die digitale Infrastruktur zukunftsfähig zu machen.
Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Cybersicherheit. Sie muss in jeder digitalen Initiative von Anfang an mitgedacht werden. Hier braucht es mehr Investitionen in Sicherheitslösungen und nationale Richtlinien, um kritische Infrastrukturen besser zu schützen. Gleichzeitig sollten Kampagnen und Schulungen das Bewusstsein für IT-Sicherheit erhöhen, während neue Ausbildungsprogramme und internationale Fachkräfte den Personalmangel in diesem Bereich lindern könnten.
Die Fokussierung auf KI und digitale Souveränität ist zweifellos der richtige Schritt, um Deutschland zukunftsfähig zu machen. Jetzt gilt es aber erst einmal die Basics als Priorität zu erkennen und konsequent umzusetzen – für eine digitale Zukunft, die nicht nur visionär, sondern auch realistisch ist.