Wege zur erfolgreichen Integration von KI
Unternehmen stehen vor der Herausforderung, KI-Kompetenzen zu identifizieren und aufzubauen, um diese zukunftsweisende Technologie erfolgreich zu integrieren. Der effektive Einsatz von KI in Unternehmen steht in direktem Zusammenhang mit den vorhandenen Kompetenzen im Team. Die zögerliche Einführung von KI-Technologien kann zu einem großen Teil auf einen Mangel an spezifischen Kompetenzen zurückgeführt werden. Das Kompetenzzentrum KARL schafft hier Transparenz und Kompetenzentwicklung. In einem aktuellen Projekt werden praxistaugliche Materialien zur eigenständigen Identifikation möglicher Kompetenzdefizite erarbeitet.
Ariane Lindemann im Gespräch mit Marco Baumgartner von der Hochschule Karlsruhe, die gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) das KARL-Forschungsfeld „Kompetenzen für und durch KI“ leitet.
Welche Kompetenzen benötigen Unternehmen und ihre Mitarbeitenden, um KI-Technologien erfolgreich einzuführen und im Arbeitsumfeld effektiv zu nutzen?
Die Anforderungen sind vielfältig: Zum einen sind Entscheidungskompetenzen erforderlich, um eine KI-Lösung aus unterschiedlichen Perspektiven zu bewerten und entsprechend über die Einführung zu entscheiden. Daran schließt sich die Implementierungsphase an, die sowohl technische Kompetenzen zur Entwicklung der Technologie als auch Soft Skills zur Koordination und Kommunikation erfordert. In der darauffolgenden Nutzungsphase sind spezifische Fähigkeiten für die Anwender:innen notwendig. Der gesamte Prozess erfordert ein fundiertes Projektmanagement mit spezifischen technischen und nicht-technischen Kompetenzen, um die erfolgreiche Einführung und Nutzung von KI zu gewährleisten.
Wie können Unternehmen dies erreichen?
Schritt 1 wäre, die Ermittlung des Kompetenzbedarfs der Belegschaft im Umgang mit KI-Technologien. Der Bedarf variiert je nach Anwendungsfall der KI und den Rahmenbedingungen des Unternehmens. Zunächst ist es wichtig, sich bewusst zu machen, welche Kompetenzen relevant sind. Anschließend erfolgt die Analyse der intern vorhandenen und extern verfügbaren Kompetenzen, z.B. durch Workshops und Dienstleister.
Was bietet das Kompetenzzentrum KARL dazu an?
KARL bietet eigene Workshops an, in denen Unternehmen spezifische Kompetenzen für ihren Use-Case identifizieren können. Ein zusätzliches Instrument ist der KI-Benchmark von KARL, der durch die Bewertungen von 215 Unternehmensvertreter:innen relevante Kompetenzen im KI-Kontext hinsichtlich Wichtigkeit und Verfügbarkeit analysiert. Damit können Unternehmen gezielt auf ähnliche Rahmenbedingungen anderer Unternehmen zurückgreifen und den Bedarf für ihren Anwendungsfall ermitteln. Basierend auf diesen Erkenntnissen können sie dann gezielt Schulungsmaßnahmen durchführen oder Personal einstellen, um den größten Bedarf zu decken.
Wie ist die aktuelle personelle Ausstattung der Unternehmen hinsichtlich der Fähigkeiten zur Implementierung und Anwendung von KI-Technologien?
Hier gibt es einige Herausforderungen. Während spezifisches, technisches KI-Wissen selten intern vorhanden ist, kann es extern eingekauft werden, insbesondere im Bereich der Entwicklungskompetenzen. Schwieriger gestaltet sich jedoch das Fehlen von grundlegendem KI-Wissen in den Unternehmen. Dieses Defizit erfordert internes Know-how, um externe Partner anzuleiten und realistische Erwartungen an das Gesamtprojekt zu entwickeln. Darüber hinaus fehlt es oft an „weichen“ Kompetenzen, um Personen einzubinden, die den Prozess verstehen und über das notwendige Prozesswissen verfügen. Dies ist entscheidend, um eine aktive Beteiligung an Entscheidungen und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zu ermöglichen. In KI-Projekten, in denen Techniker:innen mit spezifischem Fachjargon und Anwender:innen ohne vorherige KI-Erfahrung zusammenkommen, wird die Vermittlung zwischen diesen Gruppen als nicht trivial erlebt.
Hier stößt man nicht selten auf Ängste der Mitarbeitenden …
In der Tat gibt es hier viele Ängste, zum Beispiel vor Arbeitsplatzverlust, Datenschutzbedenken, oder auch der Blackbox-Charakter, den eine Künstliche Intelligenz mit sich bringt, das hat für viele etwas Mystifiziertes, das Ängste hervorrufen kann. Hier müssen Unternehmen auch in der Lage sein, diese Ängste auch zu adressieren und ein entsprechendes Set an Soft Skills aufweisen.
Wie könnte das generelle Verständnis von KI in Unternehmen verbessert werden, angefangen von der Führungsebene bis hin zu den Mitarbeitenden, insbesondere vor dem Hintergrund einer Vielzahl von KI-Anwendungen, die über Chatbots hinausgehen?
Es ist wichtig, ein breiteres Bewusstsein für Künstliche Intelligenz zu schaffen, indem nicht nur Führungskräften, sondern auch Mitarbeitenden aufgezeigt wird, dass KI mehr ist als nur Chatbots. „Während der Begriff KI in der Vergangenheit vor allem Assoziationen mit humanoiden Robotern hervorgerufen hat, denken heute viele Menschen bei KI sofort an ChatGPT. Unternehmen sollten sich daher bemühen, ein breiteres Verständnis von KI unter ihren Mitarbeitenden zu fördern, um die Vielfalt der möglichen Anwendungen besser zu kommunizieren.
Welchen Beitrag leistet das Forschungsfeld „Kompetenzen für und durch KI“ dazu?
Das Projekt trägt maßgeblich dazu bei, den Kompetenzbedarf von Unternehmen zu erheben und mit Hilfe eines entwickelten Analyserasters Kompetenzlücken zu identifizieren. Auf dieser Basis können gezielte Weiterbildungsangebote entwickelt werden. Das Schulungsangebot umfasst Module zur Vermittlung von KI-Grundlagen und -Kompetenzen, wobei technische, organisatorische und humanzentrierte Perspektiven beleuchtet werden. Unternehmen können diese Schulungen modular buchen, um gezielt Grundlagenwissen zu vermitteln. Neben Schulungen bietet KARL auch Workshops zu Einführungsstrategien, Transparenz, Erklärbarkeit, Datenschutz sowie ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten an. Darüber hinaus stellt das Projekt auf seiner Homepage Tools und Hilfestellungen für Unternehmen zur Verfügung.
Wie geht es nach dem Projektende weiter?
Das Projekt ist noch bis mindestens 2025 geplant und soll danach als eigenständiges Geschäftsmodell weitergeführt werden. Derzeit sind die angebotenen Dienstleistungen noch kostenlos, da sie im Rahmen des Forschungsprojektes erprobt werden. Für die Zukunft ist jedoch geplant, dass sich das Kompetenzmodell selbst trägt – sowohl durch Dienstleistungen als auch durch verschiedene weitere Angebote und Hilfestellungen.
Wofür sind die Erkenntnisse des Projektes bestimmt?
Wir nutzen die gewonnenen Erkenntnisse als Basis, um das Verständnis für KI in Unternehmen und Hochschulen durch die Entwicklung, Erprobung und Evaluation praxisorientierter Lehr- und Lernmethoden zu fördern. Dabei sieht KARL die Anwendung intelligenter wissensbasierter Systeme als bedeutende Chance für Innovationen im Bildungssektor. Insbesondere die Möglichkeit, KI-gestützte individualisierte Inhalte anzubieten, wird als Potenzial für die Entwicklung von Kompetenzen durch KI betrachtet.
Die gewonnenen Erkenntnisse sollen in der Praxis durch Vorträge, Konferenzen und Workshops verbreitet werden, um zu informieren und zu sensibilisieren. Gleichzeitig sollen sie durch wissenschaftliche Publikationen dazu beitragen, das Verständnis für KI breit zu fördern. Zudem werden die Erkenntnisse in der Lehre genutzt, um Studierenden relevante Informationen und ein entsprechendes Mindset zu vermitteln, die später in ähnlichen Projekten Verantwortung tragen könnten.
Über KARL
Ziel von KARL ist es, KI-unterstützte Arbeits- und Lernsysteme menschzentriert, transparent und lernförderlich zu gestalten und in konkreten Praxisanwendungen demonstrierbar zu machen. Das Projekt richtet sich an Unternehmen, Beschäftigte und Interessierte in der Region Karlsruhe, die KI-unterstützte Arbeits- und Lernsysteme einsetzen, sich damit auseinandersetzen oder diese besser verstehen wollen. KARL ist eines von derzeit acht regionalen Kompetenzzentren, die sich mit den Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz (KI) auf die Lern- und Arbeitswelt beschäftigen.
Das CyberForum ist Teil des Projektkonsortiums und hauptsächlich mit der Öffentlichkeitsarbeit, dem Community-Management sowie dem Nachhaltigkeitskonzept betraut. Konsortialführer ist die Hochschule Karlsruhe. Projektpartner sind neben neun Forschungs- bzw. Transferpartnern auch elf regionale Unternehmen.
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Marco Baumgartner
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Lernen und Innovation in Netzwerken (ILIN) an der Hochschule Karlsruhe. Er ist Mitarbeitender im Forschungsprojekt KARL (Künstliche Intelligenz für Arbeit und Lernen in der Region Karlsruhe) und Leiter des KARL-Gestaltungsfelds „Kompetenzen für und durch KI“. Daneben beschäftigt er sich unter anderem im Rahmen seiner Promotion mit soziotechnischen Fragestellungen in den Bereichen Mensch-Technik-Vertrauen, Nachhaltigkeit bei Technologieeinführungen im Unternehmen und technologieunterstütztem Wissensmanagement.