Apple hat neue iPad-Modelle vorgestellt. Flaggschiff ist das iPad Air 2, mit dem Cupertino auch auf den Business-Sektor schielt. Microsoft hält mit dem Surface Pro 3 dagegen und will das lukrative Feld nicht allein den Kollegen aus Kalifornien überlassen. Wer kann mehr überzeugen?
Der vor allem zwischen Anwendern geführte Zwist zwischen Microsoft und Apple überdauert bereits ein Vierteljahrhundert. Im Mittelpunkt standen dabei vor allem die Betriebssysteme Windows und Mac OS. Mit dem Surface genannten Tablet positioniert sich Microsoft seit gut zwei Jahren aber auch als Hardware-Konkurrent. Diese Rolle hat der Konzern aus Redmond mit dem aktuellen Surface Pro 3 nun zementiert. Das 12-Zoll-Tablet stellt nicht nur einen Angriff auf Apples iPad dar, sondern gleichzeitig auch auf das kompakte MacBook Air. Dass aber auch in Cupertino weiterhin fleißig getüftelt wird, bewies Apple mit der Ankündigung des iPad Air 2. Zeit für einen Vergleich.
Die nackten Zahlen
Im Innern des iPad Air 2 werkelt Apples selbstentwickelter 64 Bit A8X-Chip. Genauere Details sind zwar noch nicht bekannt, der A8X basiert aber auf dem A8-Chip des iPhone 6, der Prozessor und Grafikeinheit kombiniert. Der Zweikern-Prozessor ist Analysten zufolge auf 1,4 GHz getaktet, die GPU basiert mit hoher Wahrscheinlichkeit auf dem PowerVR GX6450 mit vier GPU-Kernen. Hinzu kommt ein Gigabyte Arbeitsspeicher und Flash-basierter Speicher mit wahlweise 16, 64 und 128 Gigabyte Kapazität.
Microsoft setzt bei seinem Tablet auf klassische Intel-Prozessoren. Erhältlich ist das Surface Pro 3 in drei Ausführungen. Als Einsteiger-Gerät mit Intel Core i3 1,5-GHz-Prozessor und Intel HD 4200-Grafik, in einer Mittelklasseversion mit Intel Core i5 2,9-GHz-Prozessor und Intel HD 4400-Grafik oder als High-End-Model mit Intel Core i7 3,3 GHz und Intel HD 5000-Grafik – der gleichen Grafikkarte, die Apple auch im aktuellen MacBook Air verbaut. Beim SSD-Speicher lässt Microsoft zwischen 64, 128, 256 oder 512 Gigabyte wählen, an Arbeitsspeicher sind vier oder acht Gigabyte verbaut. Bluetooth 4.0 LE und Wi-Fi nach dem 802.11ac-Standard sind in beiden Geräten mit an Bord.
Äußerlich entscheiden sich die Geräte auf den ersten Blick durch ihre Größe. Während das iPad Air 2 über ein 9,7 Zoll IPS-Display mit 2.048 x 1.536 Bildpunkten und einer Pixeldichte von 264 ppi verfügt, verbaut Microsoft ein ClearType-Display mit 12-Zoll-Diagonale und 2.160 x 1.440 Bildpunkten. Rechnerisch ergibt sich daraus eine Pixeldichte von 216 ppi. Aufgrund der geringen Größe ist das iPad mit etwa 440 Gramm nur etwa halb so schwer wie das Surface Pro 3, das immerhin 800 Gramm auf die Waage bringt. Die größere Bauform erlaubt Microsoft aber auch, einen microSD-Kartenleser, Mini DisplayPort-Anschluss und USB 3.0-Anschluss zu integrieren. Beim iPad ist außer für den Kopfhörer grundsätzlich ein Adapter notwendig, der wiederum nur Digitalkameras, SD-Karten oder einem HDMI-Kabel einen Anschluss bietet.
Klar getrennte Zielgruppen
Die Spezifikationen der beiden Tablets zeigen schnell, dass Microsoft und Apple unterschiedliche Zielgruppen ansprechen. So ist das iPad aufgrund der Größe und des geringen Gewichts deutlich Handtaschen- und Rucksack-tauglicher als Microsofts Surface Pro 3. Dafür ist das Microsoft-Tablet aufgrund der leistungsfähigen Komponenten auch anspruchsvollen Aufgaben gewachsen. Das größere Display macht das Surface Pro im Büro zu einem Ersatz für einen vollwertigen Rechner – ein Ziel, das Microsoft bereits während der Vorstellung des Tablets klar definierte. Selbst wer sich auch mit einem kleinen Bildschirm des iPads anfreunden kann, wird doch aufgrund der Software für bestimmte Aufgaben auf einen vollwertigen Rechner wechseln müssen.
Mobiles OS vs. vollwertiges Windows
Die Software dürfte das wichtigste Kriterium bei der Auswahl sein. Wer sich für ein Surface Pro 3 entscheidet, bekommt ein vollwertiges Windows mitgeliefert. Anders als Windows RT, das nur im Windows Store geladene Apps ausführt, unterscheidet sich die Windows-Version auf dem Surface Pro 3 nicht von der vollwertigen Desktop-Variante. Gängige Anwendungen wie Adobes Creative-Suite, Microsoft Office oder andere Büroverarbeitungs-Anwendungen, Datenbanken und Co. lassen sich uneingeschränkt verwenden. Neben einem externen Display, das per DisplayPort Anbindung findet, können auch externe Eingabegeräte wie Mäuse, Tastaturen, Grafik-Tablets und mehr problemlos am Surface angeschlossen werden.
Apple setzt hingegen nach wie vor auf iOS, das zwar auf dem Desktop-Betriebssystem OS X basiert, jedoch 2007 als „iPhone OS“ veröffentlicht und später für das iPad angepasst wurde. iOS bietet zwar einige Vorteile wie kurze Reaktionszeiten und eine lange Akkulaufzeit, gleichzeitig fehlen wichtige Funktionen für die produktive Arbeit, allen voran die Möglichkeit der Mausbedienung oder die gleichzeitige Verwendung mehrerer Fenster – ein Trick, den Windows problemlos beherrscht. Mit iOS 8 hat Apple zwar einige für den produktiven Betrieb wichtige Funktionen integriert, darunter Verknüpfungsmöglichkeiten für Apps, die Integration von anderen Cloud-Speicher-Diensten und mehr, doch die Arbeit an Texten, Tabellen, Videos und Fotos bleibt weiterhin nur mit Mühe möglich.
iPad als portable Dokumentenablage
Trotz seiner Beschränkungen hat das iPad in einigen Unternehmen Fuß gefasst. Die erst kürzlich angekündigte Kooperation mit IBM zeigt, dass Apple noch stärker in die Enterprise IT vordringen will. Die Art und Weise wie große Unternehmen, darunter PepsiCo, General Electric, United Airlines und Co. das iPad verwenden, lassen ein gemeinsames Schema erkennen: der schnelle Abruf von Inhalten. Von Krankenakten über Analysedaten bis zu Flugdaten dient das iPad mit wenigen Ausnahmen zum schnellen Abruf und der Präsentation von Informationen oder um einfache Informationen wie Fragebögen schnell auszufüllen und zu übermitteln. Neben dem Komfort, den Apple aufgrund der Größe den Mitarbeitern unterwegs bietet, reicht Cupertino den System-Administratoren und Entwicklern eine Vielzahl von Werkzeugen an die Hand, um das iPad mit Unternehmens-Datenbanken zu verknüpfen. Hier gibt es also keinen Nachteil mehr gegenüber Microsoft, das historisch für die Kompatibilität mit der Unternehmens-IT bekannt ist.
Sicherheitsbonus Touch ID
Gerate im Business-Bereich spielt die Sicherheit von Daten eine wichtige Rolle. Microsoft bietet mit Windows zwar ein ganzes Arsenal an Sicherheits-Features, der Komfort und die Sicherheit des Fingerabdrucks als Entsperr-Funktion bleibt momentan jedoch Apple vorbehalten. Die Beschränkung auf den App Store, der von Apple verwaltet wird, ist ein zusätzliches Sicherheits-Feature im Vergleich zu Windows, das, sofern keine Beschränkungen von Administrator-Seite vorliegt, sich bei der Installation komplett offen zeigt. Die Gefahr auf Schadsoftware und Viren, die einem iPad im Prinzip nichts anhaben können, deutlich größer.
Abwägung
Business-Kunden müssen bei ihrer Wahl eine relativ einfache Entscheidung treffen: Ist man lieber mit möglichst wenig Aufwand und geringem Gewicht unterwegs und nimmt in Kauf, dass das Notebook weiterhin als Backup mit auf Reisen geht. Oder liegt der Schwerpunkt auf Produktivität und Kompatibilität. Für den zweiten Fall hat Microsoft das Surface Pro 3 erfolgreich als Tablet/Notebook-Zwitter positioniert das für kompromissbereite Geschäftskunden, sofern Windows eine Option ist, einen hervorragenden Kompromiss darstellt.
Auch beim Preis gilt es abzuwägen, ob sich der Zuschlag für ein Surface Pro 3 lohnt. Microsofts Tablet startet ab knapp 800 Euro, das iPad Air 2 ist in der günstigsten Version für 489 Euro erhältlich. Für 120 Euro zusätzlich verbindet sich das iPad außerdem mit dem Mobilfunknetz und erlaubt auch das Arbeiten von unterwegs aus. Microsofts Tablet ist dies nur mit zusätzlicher Hardware möglich.