Chrono24 hat in den vergangenen Jahren ein beeindruckendes Wachstum hingelegt. Auf dem Marktplatz für Luxusuhren bieten Händler aus aller Welt über 200.000 Zeitmesser an. Das Portal ist derzeit in 22 Sprachen verfügbar und zieht monatlich mehr als 8 Millionen User aus über 80 Ländern an.
Welche Herausforderungen sich im Content-Bereich bei dieser Menge an Sprachen ergeben und welche Erkenntnisse das Unternehmen daraus ziehen konnte, erläutert Frieder Dappen, Head of Content Services bei Chrono24.
Internationalization – A Piece of Cake?
Im Grunde liest sich die Bauanleitung für eine mehrsprachige Webseite doch recht simpel: Man nehme eine deutschsprachige Seite als Grundlage, kaufe sich die gleichnamigen Top- Level-Domains (TLDs) der entsprechenden Zielmärkte, beauftrage einen externen Dienstleister mit der Übersetzung und pflege anschließend die Inhalte in das Content- Management-System. Zack. Fertig ist die mehrsprachige Webpräsenz. Weit gefehlt!
Die hohe Kunst der Lokalisierung
Auf dem Weg zur mehrsprachigen Webseite wartet so manche Stolperfalle. Denn in der Regel fehlt im Unternehmen die nötige Sprachexpertise, um die Arbeit eines Übersetzungsdienstleisters adäquat überprüfen zu können. Und so melden sich kurz nach dem Launch der mehrsprachigen Seite die ersten Kunden mit falschen Übersetzungen. Im besten Fall sind diese lustig. Im schlimmsten Fall ziehen sie aber ein PR-Desaster nach sich.
Bekanntestes Beispiel ist wohl der Geländewagen „Pajero“, den Mitsubishi nach einer südamerikanischen Raubkatze benannte – der „felis pajero“. Leider hat „el pajero“ rund um Chile und Argentinien noch eine ganz andere, etwas vulgärere Bedeutung. Dumm gelaufen.
Doch müssen die Übersetzungsfehler nicht einmal so gravierend sein. Oft genügen schon sprachliche Ungereimtheiten, damit sich der Besucher auf einer Webseite fremd fühlt – und eben nicht heimisch. Dabei ist die Problematik klar: Die Seite wurde nur übersetzt, nicht aber lokalisiert.
Übersetzungsdienstleister: Helfer und Problemquelle zugleich
Wie also die Lokalisierung angehen? Schon drei kleine Tipps können eine große Wirkung haben:
- Bei größeren Übersetzungsprojekten mit professionellen Dienstleistern hat der Kunde nur in den seltensten Fällen direkten Kontakt zu den eigentlichen Übersetzern. Und manchmal arbeiten sogar mehrere Übersetzer an ein und demselben Auftrag. Die Folge sind stilistische Ungereimtheiten.
Tipp: Handeln Sie deshalb mit Ihrem Dienstleister aus, dass stets dieselben Übersetzer an den Projekten mitwirken. - Hinzu kommt, dass der Übersetzer in der Regel das Unternehmen, die Dienstleistung oder das Produkt gar nicht oder nicht gut genug kennt. Ein Beispiel aus der Praxis: Aus „Auf Chrono24 bieten 1.600 Händler über 200.000 Uhren an“ wurde „On Chrono24, we offer more than 200,000 watches to 1,600 dealers”. Der Übersetzer wusste nicht, dass es sich bei Chrono24 um einen Marktplatz handelt und hat so kurzerhand das komplette Geschäftsmodell umgedreht.
Tipp: Nehmen Sie sich die Zeit und erarbeiten ein ausführliches Briefing mit allen relevanten Informationen zu Ihrem Produkt, Ihrer Dienstleistung und Ihrem Unternehmen. - Ein weiterer Fallstrick liegt in der Mehrdeutigkeit vieler Begriffe. Das deutsche Wort „Angebot“ beispielsweise steht für:
- Eine angebotene Ware
- Das gesamte Sortiment eines Händlers
- Das Kaufangebot eines Interessenten
- Einen Vorschlag
Je nachdem, ob der Übersetzer den Kontext versteht oder nicht, kann im Englischen aus „Angebot“ dann „offer“, „quote“, „bid“ oder sogar „proposition“ werden
Tipp: Erstellen Sie zusammen mit Ihnen vertrauten Muttersprachlern ein mehrsprachiges Glossar, das Übersetzern als Grundlage dient. Ein Begriff kann dann nicht mehr falsch übersetzt werden und wird immer einheitlich verwendet.
Markenkommunikation verlangt ein Marken-Mindset
So richtig kompliziert wird es, wenn neben der reinen Informationsvermittlung zusätzlich der Markenaufbau im Fokus steht. Brand Building erfolgt oftmals auf einer unterbewussten Ebene. Emotionen, Bilder und Eindrücke entstehen durch Sprache. Ob diese in einer Fremdsprache dieselben sind wie im Deutschen, ist zu bezweifeln.
Deshalb ist Brand Building mit herkömmlichen Übersetzern auch nur schwer vorstellbar. Hierfür braucht es Experten, die den Text nicht 1:1 übersetzen, sondern die subtile Nachricht verstehen, sie in das Markenbild einordnen und anschließend auf den fremdsprachlichen Zielmarkt übertragen. Laut einer Studie der Kölner Namensagentur Endmark werden drei Viertel der englischen Claims von deutschen Rezipienten nicht im Sinne des Absenders verstanden.
Um solche Fehlinterpretationen in der Markenkommunikation vorzubeugen, baut Chrono24 in Berlin ein Editorial Office auf. Das Ziel: Nicht externe Dienstleister schreiben die Texte für die Webseite und das Luxusuhren-Magazin, sondern ein mehrsprachiges Redaktionsteam.
Wer international schreibt, muss auch international sprechen
Dieses Ziel verfolgt Chrono24 auch in Bezug auf die Kundenkommunikation. Denn eine mehrsprachige Webseite bringt auch mehrsprachige Kundenanfragen mit sich. In Zeiten des Social Web erwarten übrigens auch 42 % der Kunden eine Rückmeldung innerhalb einer Stunde.
Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, muss die Anfrage des Kunden schnell verstanden und professionell in seiner Sprache beantwortet werden. 12 Sprachen deckt das Team von Chrono24 bereits ab. Weitere sollen folgen. Und aus diesem Grund nehmen in den nächsten Monaten auch Support Teams in New York und Hongkong die Arbeit auf.
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