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Recherchieren, schreiben, für Suchmaschinen optimieren – das alles kostet Zeit und am Ende ist doch noch der ein oder andere Fehler im Text. Die automatisierte Texterstellung ist deshalb längst in der Online-Marketing- und Verlagsbranche angekommen. Wo liegen die Chancen und Grenzen der schreibenden Bots?

Streng genommen gibt es den Roboterjournalismus bisher nur eingeschränkt – sofern man Journalismus als investigative, kommentierende und meinungsbildende Tätigkeit definiert. Automatisiert erstellte Texte werden derzeit vor allem als Gebrauchstexte im E-Commerce oder als Servicenachrichten verwendet: als Wetter- oder Verkehrsmeldungen, Sportberichte, Börsennachrichten oder Promi-News. Doch wer bei automatisiert erstellten Meldungen an Datenschleudern und stumpf formulierte Texte denkt, täuscht sich. Mittlerweile lassen sich von Schreibalgorithmen erstellte Artikel kaum noch von „echten“, von Menschen verfassten Texten unterscheiden.

Einer der Experten im Umfeld der automatisierten Kommunikationstechnologien kommt aus Baden-Württemberg: Saim Rolf Alkan, Geschäftsführer der Stuttgarter Firma aexea, die mit AX Semantics auf automatisierte Texterstellung spezialisiert ist.

Ihre Software AX Semantics bietet auf Knopfdruck Suchmaschinen-optimierten Unique Content. Wird Ihre Firma nicht von vielen herkömmlich arbeitenden Produkt-Textern, PR-Schreibern und Content Marketeers kritisch beäugt oder angefeindet?

Alkan: Wie bei vielen Dingen gibt es auch hier Fürsprecher und Gegner. Branchen verändern sich und nicht allen Personenkreisen ist dies Recht. Wer offen gegenüber Veränderungen ist, wird schnell erkennen, welche Potenziale die Automatisierung der Texterstellung mit sich bringt. Doch die von Ihnen genannten Personengruppen sind unserer Software gegenüber eher aufgeschlossen beziehungsweise begrüßen diese sogar.

So findet das Betexten der unteren 80% der E-Commerce-Produkte aus wirtschaftlichen Gründen oft erst gar nicht statt, was die Performance dieser Produkte nicht unbedingt verbessert. Wir sind in der Lage, innerhalb weniger Minuten tausende von Texte zu produzieren, die dann zum Beispiel für die eben genannten unteren 80% der E-Commerce Produkte eins zu eins so verwendet werden können. Bei den Top-Sellern kann der Texter oder Marketeer anschließend noch einmal Hand anlegen, um die Texte anzureichern.

Ähnliches gilt für die Content Marketeers: Texten war bis dato immer in enger Abhängigkeit mit dem Faktor Zeit verbunden, was sowohl die Schnelligkeit, als auch die Möglichkeiten beziehungsweise das Volumen der Texte begrenzt hat. Mit unserer Software lösen wir uns vom Faktor Zeit und Volumen.

Die Automatisierung eröffnet der Content-Industrie völlig neue Möglichkeiten. Die Performance von Texten kann nun in Sekundenbruchteilen optimiert werden, Erkenntnisse aus A/B-Testings können innerhalb weniger Stunden auf tausende Produkttexte übertragen werden. Auch die Möglichkeit, Texte in aktuell bis zu 12 Sprachen zu generieren, eröffnet völlig neue Perspektiven im Sinne der Internationalisierung.

Auf absehbare Zeit werden wir aber natürlich den Job eines PR-Schreibers nicht ersetzen, da diese Texte oft einmalig sind, sodass der Einsatz einer Software in diesem Fall nicht wirtschaftlich wäre.

In den letzten Jahren machte zunehmend der Begriff Roboterjournalismus Schlagzeilen. Doch wenn man sich die Beispiele anschaut, so handelt es sich eher um datenbasierte Service-Texte – wie Wettermeldungen, Sportnachrichten oder Quartalsberichte – als um komplexere journalistische Texte. Oder ist das Potenzial der automatisierten Texterstellung noch nicht voll ausgeschöpft?

Das Thema steckt noch in den Kinderschuhen. Die Verfügbarkeit von Algorithmen, Logiken und vor allem strukturierten Daten ist die eine Seite, die Fähigkeit der Systeme, selbst zu lernen und den Anwender zu führen, ist die andere Seite.

Je länger wir uns mit dem Thema beschäftigen, desto komplexer werden die Texte, die generiert werden können. Zwar würde ich einen Quartalsbericht nicht unbedingt als einen nicht-komplexen Text klassifizieren, aber ich gebe Ihnen Recht, da ist noch viel Luft nach oben. Schon jetzt gehen wir davon aus, dass wir ca. 50% der Inhalte aus Tageszeitungen automatisieren können. Das Feuilleton werden wir aber wohl eher kaum mit automatisierten Texten bestücken, in den Ressorts Wirtschaft, Finanzen, Sport sowie im Regional- und Lokalteil wird man diese aber ganz sicher vorfinden.

Ist es nicht schon möglich, in maschinell erstellten Texten die individuellen Spuren und Daten zu berücksichtigen, die ich im Web hinterlassen habe – getätigte Einkäufe, Suchanfragen oder ähnliches – das heißt, einen auf den einzelnen Nutzer hin maßgeschneiderten Text zu erstellen? Falls ja, wie ist das mit dem Datenschutz?

Möglich ist dies nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis. Aktuell gibt es jedoch keinen uns bekannten Webseitenbetreiber, der sich dieser Herausforderung stellt und die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung stellt. Die Nutzung beziehungsweise Auswertung der Daten kann natürlich nur mit Zustimmung des Nutzers und im gesetzlichen Rahmen stattfinden. Dies ist zum einen durch den Nutzer und dessen Medienkompetenz bestimmt (lässt er Cookies zu, surft er anonym oder nicht), aber auch auf Basis des jeweils geltenden Rechts.

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2014 wurden in Tokio die ersten Roboter-Nachrichtensprecher der Welt vorgestellt

Der japanische Roboterexperte Hiroshi Ishiguro hat 2014 zwei optisch sehr menschenähnliche, sprechende Androiden vorgestellt. Als „Kommunikationsmitarbeiter“ im Miraikan technology Museum in Tokio haben sie auch schon eine Pressekonferenz bestritten. Finden Sie das nicht auch ein bisschen unheimlich? Oder eher faszinierend? Wie weit können und dürfen wir Ihrer Meinung nach gehen?

Es ist unwichtig, ob ich dies persönlich als unheimlich oder faszinierend empfinde. Die Menschen werden schlussendlich bestimmen, in wieweit sie derartige Entwicklungen oder Angebote akzeptieren. Der Markt wird und muss sich daran orientieren.

Wenn die Grenzen verschwimmen, ist es wichtig, den Menschen durch Kennzeichnung vor Augen zu führen, dass es sich eben um einen Androiden oder einen automatisierten Text handelt. Auch in anderen Bereichen der Wirtschaft stehen wir vor ähnlichen Herausforderungen. Angefangen von der Kennzeichnung genmanipulierter Nahrung bis hin zum Hinweis auf autonome Fahrzeuge.

Ist es nicht eine Frage der Zeit, bis Maschinen wie Menschen sprechen bzw. schreiben lernen? Auch was emotionale Bedeutungen von Wörtern, Doppeldeutigkeit und Sprachstil betrifft? Wie lange wird es dauern, einem Roboter beizubringen, eine Geschichte bildhaft zu erzählen?

Davon sind wir nicht allzu weit entfernt. In zwei Jahren werden wir – davon sind wir überzeugt – Kurzgeschichten und Novellen erstellt können. Ob dies sinnvoll und wirtschaftlich ist, steht auf einem anderen Blatt. Es kommt sicher auf die Art und das Wesen der Geschichte an. Eine Software ist immer nur so schlau wie der, der sie programmiert. Bestimmte Dinge lassen sich nicht in Worte fassen und bestimmte Worte lassen sich nicht in Software packen.

Und woher weiß ich nun, dass Sie das Interview selber beantwortet haben, und nicht ein Roboter, Herr Alkan?

Unsere Software ist aktuell und auch in absehbarer Zukunft nicht in der Lage, auf individuelle Interviewfragen einzugehen beziehungsweise diese überhaupt zu interpretieren und in hinreichender Qualität zu beantworten. In dieser Frage findet sich auch ganz klar die Grenze zum Journalismus wieder. Klammern wir die Frage der technischen Machbarkeit aus, steht der Aufwand und Nutzen auch aus rein wirtschaftlicher Sicht nicht in einem gesunden Verhältnis.