Sei es der Student, der mit kellnern sein Studium finanziert oder Pflegekräfte im Nachtdienst: Immer mehr Deutsche haben einen Arbeitsalltag außerhalb von „Nine to Five“. So arbeiteten im Jahr 2016 rund 17,4 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland im Schichtbetrieb. Vor allem in der Gesundheitsbranche, der Gastronomie, im Einzelhandel und in der Industrie. Gerade in diesen Branchen gibt es oft Abrufarbeit oder Bereitschaftsdienst, also Arbeitsverhältnisse die nicht innerhalb eines festen Zeitraums erfolgen. Flexibilität und eine transparente Planung sind also gefragt – das Ganze am besten digital und geräteunabhängig.
Wer schon einmal in einer Gaststätte gejobbt hat, der wird es nur zu gut kennen: Schichten können sich nach Bedarf des Betriebs kurzfristig ändern und es muss schnell reagiert und kommuniziert werden. Im Alltag sieht es allerdings meistens so aus, dass sich Mitarbeiter vorgegebene Schichten aus starren Excel-Tabellen heraussuchen müssen und dadurch keinerlei Einfluss auf den Schichtplan haben. Dazu kommt noch die Uneinheitlichkeit: Es herrscht Papierchaos bestehend aus Stundenzetteln und Kalendern für die Urlaubsplanung. Fällt dann einer der Kollegen krankheitsbedingt aus, erfährt man das meistens sehr kurzfristig über WhatsApp. Eine derartig uneinheitliche Kommunikation bedeutet für Arbeitgeber und –nehmer vorallem eines: Stress. Das 2014 gegründete Karlsruher Startup papershift möchte diesem Organisationschaos ein Ende setzen und hat eine digitale Plattform fürs Personalmanagement entwickelt.
Von der anfänglichen Idee zum MVP
Michael Emaschow und Florian Suchan haben sich schon während ihres Studiums kennengelernt. Bevor den beiden studierten Wirtschaftsingenieuren die Idee zu Papershift kam, sammelten sie in einer vorherigen gemeinsamen Gründung erste Startup-Erfahrungen. Eben durch diese sind Michael und Florian auf die Idee gekommen, sich in ihrer neuen Firma mit dem Thema Personalplanung zu befassen: „Auch wir haben uns und unsere Mitarbeiter damals mit Excel-Listen organisiert. Das war ineffizient und superanstrengend“, blickt Michael zurück. Doch auch durch Gespräche mit der Zielgruppe wurde den beiden Gründern klar, dass beim Thema Personalplanung noch vieles getan werden muss.
Die meisten Kunden, die sich für Papershift entschieden haben, planten ihr Personal früher mit Excel: „Excel ist unser Hauptwettbewerber“, sagt Michael lachend. Dabei liegen die Vorteile einer Software für die Personalplanung auf der Hand: Für Führungskräfte oder Geschäftsführer wird die Kommunikation mit ihren Mitarbeitern vereinfacht und diese erhalten Entlastung, weil sie ihre Mitarbeiter nicht mehr in Schichten einteilen müssen, sondern nur noch Uhrzeiten vorgeben. Die Mitarbeiter wiederum werden durch die Cloud-Software stärker in die Planungsprozesse involviert und können ihre Verfügbarkeiten angeben. Auch Urlaubspläne und die Zeiterfassung werden zentral in Papershift vereint. Wie viele andere Startups startete Papershift mit einem MVP (minimal viable product), das einige der Grundfunktionen der heutigen Cloud-Software abdeckte. Mit Hilfe des Feedbacks ihrer Zielgruppe entwickelten Michael und Florian Papershift stetig weiter: „Uns war von Anfang an klar, dass wir unserer anfänglichen Idee, noch weitere Themenbereiche hinzufügen werden, erklärt Michael.
Hotel Mutti: der Einzug in den IT-Accelerator CyberLab
Der Anfang war also geschafft, die Gründer allerdings arbeiteten zu dieser Zeit noch von zuhause aus: „Irgendwann war für uns der Zeitpunkt erreicht, um den nächsten Schritt gehen“, erinnert sich Michael. Der Einzug ins CyberLab erfolgte dann im Sommer 2014: „Wir haben gesehen, dass das CyberForum im Rahmen des CyberLab Büroräume und zusätzlich noch Coachings anbietet. Das war super für uns, da wir uns über die Infrastruktur keine Sorgen mehr machen mussten und uns auf unser Produkt fokussieren konnten“, erläutert Michael. Auf viele Highlights kann das damals noch junge Startup zurückblicken: Der erste Mitarbeiter wurde in dieser Zeit eingestellt und der erste Kunde, ein Karlsruher Gastronom, wurde akquiriert. Auch auf den Gewinn des CyberChampions Award in der Kategorie „Best Concept“ sind die Gründer heute noch stolz.
Der Auszug aus dem Accelerator: Papershift wird flügge
Inzwischen, im Jahr 2018, ist Papershift längst erwachsen geworden. Der Auszug aus dem CyberLab erfolgte im März 2015. Die neue Heimat des Teams ist inzwischen Karlsruhe-Rüppurr, wo Papershift seine Wachstumspläne realisieren kann: „Wir sind nicht mehr in der Phase, in der wir uns fragen, ob wir mit unserem Unternehmen die nächsten zwei Jahre überleben werden. Ich würde sagen, wir sind ein gestandener Mittelständler“, erläutert Michael. Das Unternehmen hat mittlerweile viele Kunden aus unterschiedlichen Branchen gewonnen. So ist ein Kunde der erster Stunde ist das Burgerrestaurant bratar. Viele weitere Gastronomen aber auch Arztpraxen, Produktion und Industrie sowie Vereine sind dazugekommen. Das Team von Papershift hat sich inzwischen so weit spezialisiert, dass Personalprozesse ganz branchenspezifisch abgedeckt werden können.
Doch auch die Kunden selbst können sich die Cloud-Software ganz individuell einrichten und erhalten so die maximale Freiheit. Aus ihren ursprünglichen MVP, einer Software für die Dienstplanung ist eine digitale Abbildung der Personalabteilung entstanden. Wie man sich das vorstellen kann? Ein kurzes Beispiel: Wird ein neuer Mitarbeiter eingestellt, erhält er einen papershift-Account und notiert in seinem Profil seine Stammdaten, wie beispielsweise die Steuer-ID und Kontodaten. Die Personalabteilung, welche diese Stammdaten für die spätere Abrechnung des Mitarbeiters benötigt, erhält auf diese Daten Zugriff und kann den neuen Mitarbeiter anmelden und auch die Lohnabrechnung funktioniert so automatisiert. Der Mitarbeiter kann über Papershift seine Dienstzeiten, Urlaubsplanung und Zeiterfassung organisieren und dokumentieren. Der Geschäftsführer bekommt tiefe Einblicke in die Personalprozesse seines Unternehmens und kann gegebenenfalls Engpässen vorbeugen. Momentan arbeitet das Team an der Segmentierung der einzelnen Features der Cloud-Software.
Segmentierung und Wachstum als Ziel
Der Kunde soll künftig einzelne Module, die er für sein Unternehmen braucht erwerben können, ohne das ganze Produkt kaufen zu müssen. Das Entwickler-Team von Papershift steht im ständigen Austausch mit seinen Kunden, die sich bestimmte Features wünschen und setzt diese um. In die Zukunft blickt Michael positiv: „In fünf Jahren sind wir sind wir idealerweise Marktführer für Personalmanagementsofware im deutschsprachigen Raum und bestimmt auch in dem einen oder anderen ausländischen Markt.“