Die beiden Mini-Computer Raspberry Pi und Arduino werden von vielen als Konkurrenzprodukte betrachtet. Bis zu einem gewissen Grad stimmt das auch. Tatsächlich sind sie aber grundverschieden. Auch das ist ein Grund, wieso beide harmonisch zusammenarbeiten.
Streng genommen gibt es den oder das Arduino nicht. Einerseits beschreibt der Name, der auf die Lieblingsbar der Erfinder zurückgeht, das Entwicklungswerkzeug und andererseits die Hardware. Auch diese lässt sich aufspalten in die Boards der US-amerikanischen Arduino LLC und der italienischen Arduino S.R.L. Welches der beiden den Namen tragen darf, darüber streiten sich die beiden Unternehmen derzeit vor Gericht. Grundsätzlich sind die Boards aber kompatibel zueinander. Es scheint darauf hinaus zu laufen, dass der Name Arduino künftig nur noch in den USA geführt wird, während bautechnisch gleiche Boards im Rest der Welt als Genuino verkauft werden. Unabhängig vom Namensstreit gibt es die Boards in verschiedenen Ausführungen, um so verschiedenen Anforderungen zu entsprechen.
Beim Raspberry Pi ist die Sache deutlich einfacher: Die Hardware heißt Raspberry Pi, das Betriebssystem beispielsweise Ubuntu Mate, Raspbian oder Windows 10 IoT Core. Auch der Raspberry Pi ist in mehreren Varianten erhältlich.
Mikrocontroller vs. Computer
Für Laien sind ein Raspberry Pi und ein Arduino Board kaum zu unterscheiden. Beide sind in der Standardausführung etwa so groß wie zwei Streichholzschachteln und verfügen über einen USB-Anschluss sowie mehrere Pins, die zur Programmierung wichtig sind. Während der Arduino aber auf einen Rechner mit Windows, OS X oder Linux angewiesen ist, um Programmiercode zu erhalten, ist der Raspberry Pi ein eigener, kleiner Rechner, der per HDMI mit einem Monitor verbunden und per USB-Maus und -Tastatur gesteuert wird.
So die Theorie. Praktisch bedeutet das, dass ein Arduino in der Lage ist, ein vorher aufgespieltes Programm wiederholt abzuspulen. Beispiel: „Wenn ich auf eine Taste drücke, aktiviere den Rollladenmotor für zehn Sekunden.“ Der Prozess ist dabei immer gleich. Der Raspberry als kompletter Rechner vermag hingegen, mehrere Programme parallel und nacheinander auszuführen. Ein Raspberry könnte dem Rollladen-Programm noch mehrere Variablen hinzufügen: „Wenn ich die Taste drücke und es draußen dunkel ist, schalte das Licht im Haus ein.“ Die Lichtsteuerung verlangt weitere Berechnungen und die Kombination des Befehls mit der Variable Helligkeit, die über einen Sensor oder über eine Programmierschnittstelle abgerufen wird.
Bei dem Unterschied stellt sich die Frage, wieso man zu einem Arduino greifen sollte, wenn der Raspberry doch das Gleiche und mehr leistet? Zum einen sind Arduino-Boards ab weniger als fünf Euro erhältlich. Für einen Raspberry werden Preise ab etwa 20 Euro aufgerufen. Außerdem ist die Programmierung der gleichen Aufgabe mit der Software Arduino IDE auf einem Arduino einfacher als auf einem Raspberry, der vorher noch ein komplettes konfiguriertes Betriebssystem benötigt. Die einfachere Bedienung eines Arduinos macht den Bausatz übrigens auch für Programmier-Einsteiger interessanter.
Keine Konkurrenz, sondern komplementär
Unter Bastlern werden die Boards nicht selten im Tandem verwendet. Während beispielsweise der Raspberry eine Berechnung ausführt, übernimmt der Arduino auf Mitteilung des Raspberrys die Steuerung eines Motors. Andersherum wäre es denkbar, dass ein Raspberry eine komplizierte Aufgabe erst dann verarbeitet, wenn ein Arduino dazu das Go übermittelt. Die Verbindung zwischen den Geräten funktioniert sowohl kabelgebunden als auch drahtlos. Das ermöglicht beispielsweise die Steuerung der Rollläden im ganzen Haus ohne Umbauarbeiten durch Kabelkanäle. So wäre es denkbar, günstiger Arduino-Boards an sämtlichen elektrischen Geräten anzuschließen, während ein Raspberry die zentrale Steuerung übernimmt.
Die Bier-Tastatur als Beispiel
Wie die Teamarbeit zwischen Raspberry Pi und Arduino aussehen kann, zeigte der tschechische Bierhersteller Staropramen. Auf der Technikkonferenz Webstock 2012 präsentierte das Unternehmen berührungsempfindliche Bierdosen, angeordnet als Tastatur. Die Arduinos in jeder Dose übernahmen dabei die simple Aufgaben, bei Berührung den jeweiligen Buchstaben, Zahl oder Sonderzeichen an den Raspberry zu übermitteln. Über diesen erfolgte wiederum die Tonausgabe, die Anzeige auf dem Fernseher und die Übermittlung der Daten.