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Das Thema Virtual Reality ist in aller Munde. Wir haben mit R3DT aus Karlsruhe über das Potenzial und die Möglichkeiten der Technologie gesprochen, die schon heute in der Industrie einen hohen Stellenwert hat.

R3DT startete einst als Spin-off des Karlsruher KIT. In einem Artikel bei StartingUp heißt es sogar, dass wer über euer Unternehmen berichtet, auch „ein Stück weit die Geschichte der Digitalisierung erzählt“. Gebt uns doch ein paar Einblicke in eure Entwicklung in den vergangenen Jahren.

Andreas: Na ja, „die jüngere Geschichte der Virtual Reality“ wäre passender: Als Spin-Off haben wir uns zunächst mit dem Digitalisieren und Optimieren von unternehmensübergreifenden Entwicklungsprozessen beschäftigt. Zunächst bestimmten Einzelprojekte das Geschäft mit Augmented Reality per Tablet und Virtual Reality. Doch mit Verbreitung der neuen Virtual Reality-Brillen für den Konsumermarkt fokussierten wir uns auf diese Technologie und zogen 2016 ins CyberLab. Das Ziel war von Anfang an, eine VR-Standard-Software zu entwickeln und ein skalierbares Geschäftsmodell zu verfolgen.“

Auf eurer Website schreibt ihr: „Das VR-Tool von R3DT ist jederzeit, überall und einfach einsetzbar.“ – was genau macht euer Tool und in welchen Bereichen kommt es zum Einsatz?

Achim: „Unser VR-Tool erleichtert generell den Arbeitsalltag von Industrial Engineers. Diese müssen in frühen Phasen allein anhand von 3D CAD-Modellen beurteilen, ob in geplanten Arbeitsplätzen, Montageprozessen oder Fabriklayouts Fehler vorliegen. Da fallen schwerwiegende Themen oft nicht auf. Die Folgekosten und Zeitverluste sind immens.

Mit Virtual Reality ist das anders: Fehler können so früh wie nie zuvor entdeckt werden. Entscheidend ist jedoch der Einsatz eines einfach zu bedienenden Tools – vom Einrichten der Hardware über den Start der Software hin bis zum Arbeiten in der VR-Brille. Wenn das nicht „barrierefrei“ funktioniert, will das auf Dauer im Alltag keiner mehr anfassen. Und hier unterscheiden wir uns wesentlich vom Wettbewerb, sagen vor allem auch unsere Kunden.

Die Voraussetzung zur Nutzung unseres VR-Tools ist denkbar einfach: Die Software kommt praktisch ohne Sprache aus, läuft auf Standard-VR-Hardware wie zum Beispiel HTC Vive und Oculus Rift und kann, ganz ohne Schulung, jederzeit, überall und von jedem gestartet und bedient werden. Das kann der 56-jährige Planer genauso wie die 24-jährige Absolventin von der Hochschule. Und ebenso alle Mitarbeiter*innen aus der Produktion oder Instandhaltung. Der Chef, der mal kurz draufschauen möchte, oder die Kundin, die Anlagen zur Freigabe begutachtet. Für viele unserer Kunden ist entscheidend, dass man bei R3DT in VR mit den bloßen Händen arbeiten kann statt mit nervigen Joysticks. Dies verringert die Hürde zum Einstieg und der dauerhaften Nutzung von VR enorm.

Unsere innovative Technologie wird regelmäßig entlang des gesamten Planungsprozesses eingesetzt. Die Anwendungsfälle liegen in der Arbeits- und Montageplanung inklusive Ergonomieprüfung, in der Layoutplanung von Fabriken, in der Produktentwicklung, im Sondermaschinen- und Anlagenbau sowie im technischen Einkauf und Vertrieb. 

So unterschiedlich die Anwendungsbereiche sind, so verschiedenartig sind die Branchen und Größen unserer Kunden aus der Industrie. Dazu zählen Zentralbereiche und Produktionsstandorte von Großunternehmen ebenso wie Spezialmaschinenbauer mit unter 100 Mitarbeitern. Beispielsweise global agierende Konzerne wie Bosch, Continental, Daimler, Valeo und ZF Friedrichshafen. Ebenso bekannte Weltmarktführer und Hidden Champions wie Eberspächer, ebm-papst, Festo, Hosokawa-Alpine, Hydro Systems, Koenig & Bauer, Netzsch, Sick, Trumpf und Wittenstein. Und geniale Familienunternehmen und Spezialisten wie Elabo, Harting, Iscar, Josera Erbacher, Kadia, Romaco, Schnaithmann, Sonotronic und Tesat-Spacecom.“

R3DT

Können VR-Lösungen klassische Prototypen wirklich vollständig ersetzen?

Andreas: Ja, das reicht in vielen Fällen aus zum Beispiel zur Freigabe von Konzepten, womit sich die Anschaffung des VR-Systems schon beim ersten Einsatz bezahlt macht. Doch unser VR-Tool ermöglicht in anderen Fällen erstmals die virtuelle Arbeit mit Prototypen „wie in echt“, wenn, wie sehr oft, Sondermaschinen oder Anlagen nur einmal gebaut werden: für die gab es bislang gar keinen klassischen Prototypen. Daher kommt unser Slogan „meet your reality“.“

Wie ist bislang das Feedback aus der Industrie auf die virtuellen Prototypen?

Achim: Das Interesse an VR insgesamt nimmt die letzten Monate enorm zu. Das liegt am Bekanntheitsgrad der Technologie, die zum Beispiel auf Messen vorgestellt und in VR-Spielhallen genutzt wird. Und die Suche nach neuen Lösungen ist sowieso Standard bei erfolgreichen Unternehmen. Insbesondere zur Fehlersuche aber auch generell, um Zeit zu gewinnen. 

Dabei lieben unsere Nutzer die einfache Anwendung des VR-Tools ohne Vorkenntnisse und Schulung: Dank intuitiver Bedienung mittels einzigartiger Hand-Interaktion werden die 3D-Modelle jederzeit wie in echt erlebt. Egal ob am Schreibtisch des Konstrukteurs oder Planers, im Besprechungszimmer mit Kollegen und Geschäftspartnern oder beim Vor-Ort-Termin von technischen Ein- und Verkäufern. So kann das Erfahrungswissen von Werkern, Monteuren und vor allem Kunden besser in der Planung berücksichtigt werden.“

Werfen wir einen Blick auf das Thema VR im Allgemeinen. Welche Entwicklungen erwarten uns in den kommenden Jahren?

Andreas:Die Hardware wird, wie immer, noch besser, kompakter und günstiger. VR kann sich zwar heute schon jedes Unternehmen leisten, doch in den vergangenen Wochen kamen nun noch kompaktere VR-Brillen auf den Markt, die den schnellen Einsatz in kleinen Unternehmen oder Abteilungen noch lukrativer machen beispielsweise in Vertrieb, Einkauf oder Ausbildung. Auch bei PCs ist die erforderliche Grafikleistung heute schnell zugekauft und binnen 1-2 Jahren sicherlich Standard. Spätestens dann gehört die VR-Brille am Arbeitsplatz dazu wie heute der Zweitbildschirm.

Doch die Hardware bleibt in der Industrie natürlich nur Mittel zum Zweck. Entscheidend zur Verbreitung von VR sind praktikable Gesamtlösungen, die im Arbeitsalltag direkt und benutzerfreundlich eingesetzt werden können, um Aufgaben und Probleme zu lösen. Für Spielereien und aufwendige Vor- und Nachbereitungen hat da keiner Zeit.“

Welche Bedeutung hat für euch der Standort Karlsruhe?

Achim: „In Karlsruhe sind wir zu Hause, hier wollen wir leben und können an unseren Zielen optimal arbeiten. Und die Region ist ebenso höchst attraktiv sowohl für junge Absolventen als auch für zugezogene Familien. Zudem ist die Infrastruktur klasse auch für Geschäftsreisen egal ob mit der Bahn oder per Pkw. Und wer hat schon drei Flughäfen, die binnen einer Stunde erreicht werden können? Das einzige, was uns derzeit fehlt, sind weitere Neuzugänge für den Software-Vertrieb. Doch die Bewerber klopfen nun auch von alleine an!“