Lesedauer ca. 5 Minuten

Noch ist der sogenannte Quantencomputer ein reines Versuchslabor. Außerhalb der Forschung gibt es diese Art von Superrechnern noch nicht wirklich. Was aber ist eigentlich ein Quantencomputer? Was sind die Vorteile? Und warum ist es so schwer, eine solche Maschine Realität werden zu lassen? Auch wenn die Anwendungsgebiete beschränkt sind; gegen die Rechenpower eines ‚Quanten‘ würden die heute bekannten Superrechner schlichtweg alt aussehen – zumindest theoretisch.

Gigantische Rechenleistungen, abhörsichere Kommunikation, eine Vielzahl neuer Anwendungen und dadurch großes Potenzial für Wirtschaft und Wissenschaft: Das sind die Ausblicke der Quantentechnologie. Ein Quantencomputer vereint Quantenphysik und Computer-Technologien und führt nach wie vor klassischen Rechenoperationen aus; berücksichtigt dabei allerdings die Gesetzmäßigkeiten der Quantenphysik. Sprich, rechnet ein herkömmlicher PC mit Bits und Bytes, setzt der Quantenrechner auf sogenannte Qubits. Der Unterschied: Der PC rechnet mittels Binärsystem und kennt demnach nur zwei Zustände: Strom fließt, Strom fließt nicht. Das entspricht den Zahlen 1 und 0. Der Quantencomputer kann dagegen nicht nur mehr Informationen auf weniger Speicherplatz speichern; er rechnet spezielle Aufgabenstellungen auch wesentlich schneller als sein binärer Kollege.

Wie arbeitet ein Quantencomputer?

Die Rechenleistung eines Quantencomputers wächst exponentiell mit seiner Größe; erweitert man also einen Quantencomputer um ein einzelnes ‚Rechenbit‘, verdoppelt sich direkt seine Rechenleistung aufgrund der quantenmechanischen Gesetze, die ihm zugrunde liegen. Zum Vergleich: Die Rechenleistung eines klassischen Computers wächst nur linear mit seinen Komponenten: Zehn Prozent mehr Transistoren bewirken im Idealfall auch nur zehn Prozent mehr Leistung. Ein weiterer Vorteil eines Quantenrechners: Die Darstellung von Quantenzuständen benötigt nur noch jeweils zwei statt 16 Byte, ohne dass sich die Genauigkeit der Ergebnisse signifikant verringert. Von der Vereinfachung, die einer Verringerung des Speicherbedarfs um den Faktor acht gleichkommt, können auch andere Anwender profitieren.


So gilt auch beim Quantencomputer das Bit als kleinste Einheit, doch sind die Möglichkeiten in der Folge ganz andere. Während das klassische Byte, die nächstgrößere Einheit, 256 verschiedene Werte annehmen kann, verfügen sogenannte Quantenbytes schon über 65.535 zum Großteil unabhängige Elemente. Quanten-Computer verwenden für ihre Berechnungen Atome und subatomare Partikeln als Übertragungseinheiten. Sie sind das Gedächtnis und die ausführende Recheneinheit in einem – man spricht auch vom Zwitter. Mit dieser Eigenschaft könnte ein solcher Rechner, ohne Leistungsschwankungen, parallel rechnen und hochwissenschaftliche Aufgaben übernehmen – sowie die Ent- und Verschlüsselung von Datenströmen kontrollieren. Herausforderung dabei: Wie bereits erwähnt, können Quantencomputer nur bestimmte Aufgaben schneller abwickeln. Als Beispiel sei die Primfaktorzerlegung genannt, die zum Knacken von Passwörtern genutzt wird. Klassische Rechner wird ein solcher Quantencomputer nicht ersetzen, auch weil in der Praxis alle beteiligten Atome eine sogenannte Superposition einnehmen und in dieser während einer Rechenoperation gehalten werden müssen – ein schwieriges Unterfangen, da Wechselwirkungen sich negativ auf die Atome auswirken.

Tatsächlich würde ein universeller Quantenrechner einen Quantensprung bei der Entwicklung konkreter Anwendungen in den Bereichen Medizin, Chemie, Automotive, künstliche Intelligenz, aber auch für die Kryptographie darstellen.

Technologie Konferenz – Münchner Kreis

Quantencomputer in Zukunft, heute und gestern

Wechselwirkungen, die bereits seit 2008 bekannt sind. Damals waren es die Nachbarn aus Dänemark, die mittels Dr. Henrik Ingerslev Jørgensen, vom Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen, es schafften Qubits zu einem Zusammenspiel zu bringen. Seine Ergebnisse gaben zum ersten Mal den Blick frei, die Wechselwirkung zwischen zwei Elektronen zu verstehen, die damals nebeneinander in Kohlenstoff-Nanoröhren lagen, einem Röhrchen, das aus mehreren Grafit-Schichten besteht – auch Nanotube genannt.

Und heute? Wissenschaftlern des Jülich Supercomputing Centre haben gemeinsam mit Forschern der Universitäten in Wuhan und Groningen 2017 einen neuen Weltrekord aufgestellt. Ihnen gelang es erstmals, einen Quantencomputer mit 46 Qubits zu simulieren. Für ihre Berechnungen nutzten sie den Jülicher Superrechner ‚JUQUEEN‘ sowie den derzeit weltweit schnellsten Superrechner ‚Sunway TaihuLight‘ am chinesischen National Supercomputing Center in Wuxi.

Asien scheint auch für deutsche Unternehmen ein interessantes Umfeld zu sein. So wird auch bei Volkswagen die Forschung großgeschrieben. Das Unternehmen arbeitet gemeinsam mit Google an einer hauseigenen Quantenlösung. „Ein wichtiges Feld der Zusammenarbeit wird die Verkehrsoptimierung per Quantencomputing sein. Hier bauen wir auf den Erkenntnissen unseres ersten Forschungsprojekts mit 10.000 Taxis in der chinesischen Hauptstadt Peking auf“, erklärt Martin Hofmann, Leiter Konzern IT. „Google verfügt bereits über einen leistungsfähigen Quantencomputer und die notwendige Software. Wir wissen, dass der Computer bestimmte wohldefinierte Rechenaufgaben hervorragend lösen kann. Allerdings stammen diese Benchmark-Aufgaben aus dem mathematisch-abstrakten Bereich. Gemeinsam mit Volkswagen wollen wir herausfinden, welche anwendungsbezogenen Aufgaben der Quantencomputer besser bearbeiten kann als ein herkömmlicher Rechner“, ergänzt Hartmut Neven, Entwicklungsleiter des Google Quantum Artificial Intelligence Laboratory. Und das VW-Projekt, eine Verkehrsflussoptimierung via D-Wave Quantum Annealer zu forcieren, wurde mittlerweile auch zu Papier gebracht.

Aber auch in Karlsruhe setzt man nicht nur auf Supercomputer, sondern auch auf die Quantenphysik. Ein interessanter Podcast zeigt auf, woran es bei den oben beschriebenen Herausforderungen zum Teil noch hapert: Stichwort Adiabatischen Quantencomputer. Der Podcast hält nicht nur geballtes Wissen verbal parat; der dazugehörige Textauszug bietet zudem unzählige Links zum Thema. Sei es drum, mittlerweile sind wir hinsichtlich der Quanten soweit, dass wir zumindest ein Gefühl dafür bekommen könnten, um was es bei quantenmechanischen Zuständen geht. So lädt die Seite Algassert.com dazu ein, sich mit dem Thema näher zu beschäftigen. „In Quirk repräsentieren horizontale Linien Qubits. Dem Experimentator stehen ein paar Dutzend Komponenten zur Verfügung, die er auf die Qubits ziehen kann, um ihr Verhalten zu beeinflussen: logische Komponenten, mathematische Funktionen und Elemente, die die Zustände mehrerer Qubits verknüpfen“, beschreibt es das Fachmagazin c´t. Laut des Autors verfügt das Programm auch über einen Editor, mit dem man eigene Komponenten bauen kann.

Wagen wir kurz einen Blick in die Glaskugel, vielmehr in die Vergangenheit: Konrad Zuse würde nicht mehr aus dem Staunen kommen, wenn er in die ‚heutige Zukunft‘ blicken könnte: Denn schon 2006 forschten Wissenschaftler an der Möglichkeit, synthetische Erbgut-Schnipsel als Software beziehungsweise Rechner zu nutzen. Enzyme, die DNA lesen, spalten und zusammenfügen, stellen die Hardware. Um dann über die Masse Leistung zu bündeln, behilft man sich eines Tricks: Die Molekular-Rechner werden in einen Wassertropfen gepackt, und da sie parallel arbeiten, schaffen sie theoretisch 66 Milliarden Operationen pro Tropfen – auch weil rund drei Billionen der Rechner in einem solchen Wasser-Balg Platz finden (Quelle: Spektrum). Diesem Plätschern würde Zuse nur zu gerne lauschen.