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Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CDU) hat gemeinsam mit dem Kabinett der Bundesregierung einen Maßnahmenplan zum automatisierten Fahren sowie zu den vernetzten Infrastrukturen erarbeitet. Speziell geht es um sogenannte Ethik-Regeln für Fahrcomputer, die erst kürzlich von der Ethik-Kommission als ausführlicher Bericht verfasst und veröffentlicht worden sind. Im Kern soll festgeschrieben werden, wie in Zukunft automatisiertes Fahren in Deutschland auszuschauen hat. Dafür stehen vordergründig Fragen zu Haftung und Datenschutz im Fokus. Das Paper soll helfen, Regeln für die Einführung von automatisierten sowie autonomen Fahrzeugen aufzustellen. Eine Zusammenfassung.

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Bundesminister Alexander Dobrindt hat erst vergangene Woche den Bericht der Ethik-Kommission zum automatisierten Fahren vorgestellt. Das Experten-Gremium unter Leitung des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Udo Di Fabio hat darin Leitlinien für die Programmierung automatisierter Fahrsysteme entwickelt und diesen nun mit einem Maßnahmenplan zum automatisierten Fahren der breiten Masse zur Verfügung gestellt. Geht es nach Dobrindt, handelt es sich um die erste Leitlinie für automatisiertes Fahren, weltweit. Im Kern geht es dabei um die Frage, nach welchen ethischen Grundsätzen Maschinen funktionieren sollen, wenn sie in unterschiedlichen Situationen auf bestimmte Art und Weise reagieren und menschliches Leben beeinflussen. Mit im Zentrum steht dabei das automatisierte und vernetzte Fahren als eines der ersten Anwendungsfelder der Interaktion von Mensch und Maschine. Interessant dabei: Im Fokus der Betrachtung der Ethik-Kommission standen automatisierte Fahrfunktionen der Stufen 4 (Vollautomatisierung) und 5 (Autonomes, sprich fahrerloses Fahren). Also Technologien, die heute noch nicht, zumindest außerhalb von intralogistischen Anlagen, zur Verfügung stehen (siehe Bild).

Automatisiertes und autonomes Fahren steht beim Maßnahmenplan im Fokus.

Die Zulassung automatisierter und vernetzter Fahrsysteme ist unter Berücksichtigung von Sicherheit, menschlicher Würde, persönlicher Entscheidungsfreiheit und Datenautonomie ethisch verantwortbar und kann gesellschaftlich und ethisch geboten sein, wenn damit vorhandene Potenziale der Schadensminimierung genutzt werden können. Der Schutz von Menschen muss Vorrang vor allen anderen Nützlichkeitserwägungen haben.

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur

Sachschaden geht vor Personenschaden

Der wohl wichtigsten Punkte ist zweifelsohne ‚Sachschaden geht vor Personenschaden‘; auch wenn meiner Meinung nach dieser Punkt auf Jahrzehnte nicht geklärt werden wird. Denn alleine die einzelnen Punkte sind juristische Auseinandersetzungen, die nur langsam aufgedröselt werden können.

  • In Gefahrensituationen hat der Schutz menschlichen Lebens immer höchste Priorität. Bei unausweichlichen Unfallsituationen ist jede Qualifizierung von Menschen nach persönlichen Merkmalen (Alter, Geschlecht, körperliche oder geistige Konstitution) unzulässig.
  • In jeder Fahrsituation muss klar geregelt und erkennbar sein, wer für die Fahraufgabe zuständig ist: Der Mensch oder der Computer.
  • Wer fährt, muss dokumentiert und gespeichert werden (u.a. zur Klärung möglicher Haftungsfragen).
  • Der Fahrer muss grundsätzlich selbst über Weitergabe und Verwendung seiner Fahrzeugdaten entscheiden können (Datensouveränität).

Zwei weitere Punkte könnten in naher Zukunft spannend werden; juristisch sowie technischer Natur. So will man die Anpassungen „des deutschen Straßenverkehrsrechts an den technologischen Fortschritt automatisierter Systeme anpassen“. Technische Innovationen und Neuerungen sollen „laufend überprüft und bei Notwendigkeit konsequent fortgeführt werden“. Wir wissen doch alle, wohin die Reise der automatisierten Systeme hinführt. Es wäre vielleicht auch an der Zeit, die meines Erachtens wichtige Frage zu beantworten; wann denn überhaupt komplett autonome Fahrzeuge, ohne menschliches Eingreifen, in Europa fahren dürfen? Bisher ist dieses Unterfangen nämlich verboten – auch wenn eine Gesetzesänderung bereits eine Auflockerung der Vorschrift ermöglicht hat.

Zum automatisierten Fahren gehört: Infrastruktur und Technologie

Ebenfalls als schwierig wird sich die Gestaltung der beteiligten beziehungsweise benötigten Gewerke abzeichnen: Denn die garantierte Sicherheit der benötigten Infrastruktur; inklusive dem damit verbundenen Datenschutz muss laut Maßnahmenplan gewährleistet sein. So dürfen automatisierte und vernetzte Systeme, insbesondere lernende und selbstlernende Systeme, nicht zu einer totalen Überwachung der Verkehrsteilnehmer führen; sie müssen zuverlässig hohe Sicherheitsanforderungen an fahrzeugsteuerungsrelevanten Funktionen erfüllen – inklusive des Schutzes vor Manipulationen der Fahrzeugsteuerung. Laut Dobrindt wird dafür speziell ein Szenarien-Katalog entwickelt und an eine neutrale, noch zu bestimmende Instanz übergeben, um entsprechende allgemeingültige Vorgaben zu erstellen und zu überwachen.

Autonomes Fahren bedarf einer komplett neu gedachten Infrastruktur.
Die Zukunft wird zeigen, wie gut Europa, wie gut Deutschland aufgestellt sein wird. Einheitliche Grenzen unabhängige Standards sowie neuste Technologien werden benötigt, um ein autonomes Fahren überhaupt zu ermöglich. Wo genau die Herausforderungen liegen habe ich bereits in den beiden Artikeln ‚Autonomes Fahren: viel Innovation, noch wenig Bewegung‚ und ‚Digitalisierung ja, Fortschritt nein – macht nichts…‚ aufgezeigt.

Weitere Informationen zum Thema autonomes Fahren: Testfeld Autonomes Fahren in Karlsruher Oststadt und Südtangente.

Bilder im Text: BMVI