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Obwohl die Luca-App von Anfang an wenig bis keinen Nutzen hatte, brachte sie deren Macher*innen durch geschicktes Marketing viel Geld ein. Doch nun scheint der IT-sicherheitstechnische Albtraum ausgeträumt zu sein. Ein Kommentar.

Als das iPhone im Jahr 2009 noch relativ neu war, brachte Steve Sheraton die iBeer-App auf den Markt. Die Scherz-App nutzte das integrierte Gyroskop um es so aussehen zu lassen, als ob man Bier trinken würde. Kippte man das iPhone, schwappte das Bier hinter dem Display hin und her. Im Prinzip war iBeer völlig nutzlos, aber dennoch verdiente Sheraton mit der 2,99-Dollar-App zeitweise 20.000 US-Dollar. Am Tag.

Ähnlich verhält es sich mit der Luca-App. Obwohl IT-Expert*innen von Anfang an darauf hinwiesen, dass die App gänzlich nutzlos und in vielerlei Hinsicht hochproblematisch ist, konnte diese durch geschickte Marketing-Stunts als Heilsbringer in der Corona-Pandemie vermarktet werden. Mehr als 20 Millionen Euro an Lizenzgebühren überwiesen die Bundesländer an das Unternehmen hinter der Luca-App.

Luca App: Viel Fantasie, wenig Nutzen

Im Wikipedia-Eintrag zur Luca-App, in dem übrigens der Unterpunkt „Kritik“ den meisten Platz nimmt, heißt es: „Luca ist eine COVID-19-App zur Datenbereitstellung für eine Kontaktpersonennachverfolgung, um nach Auftreten einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mögliche Infektionsketten nachverfolgen und unterbrechen zu können.“

Eben mit dieser Story tingelte der Rapper Smudo von Talkshow zu Talkshow und warb für die App. Dazu muss man wissen, dass er über die Fantastic Capital Beteiligungsgesellschaft UG – ebenso wie die anderen Fanta 4 – 22,9 Prozent am Unternehmen culture4life  besitzt, das die Luca-App betreibt.

Im Nachhinein stellte sich dies als genialer Schachzug heraus: „Zweifelhaftes Geschäftsmodell, mangelhafte Software, Unregelmäßigkeiten bei der Auftragsvergabe: Der Chaos Computer Club (CCC) fordert das sofortige Ende der staatlichen Alimentierung von Smudos Steuer-Millionengrab,“ forderte der CCC. Nahezu zeitgleich rieten knapp 80 deutsche IT-Sicherheitsforscher*innen in einem offenen Brief von der Verwendung der Luca-App ab. Aber all das spielte keine Rolle, denn in den Medien wurde fast ausschließlich über Smudo und seine verheißungsvolle Luca-App berichtet. Die Vorstellung, dass die App den Corona-Lockdown beenden könnte, war einfach zu verlockend – auch für die Politik, die jede Form der Kritik ausblendete und sogar auf ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren mit Ausschreibungen verzichtete.

Der Rest ist Geschichte. Bereits kurze Zeit nachdem die Bundesländer für Millionen von Euro Lizenzen für die Luca-App gekauft hatten, folgte eine beispiellose Serie von Pannen und Fehlern. So war es möglich, Personen an Orten einzuchecken, die sie nie besucht hatten. Unterdessen demonstrierte der Sicherheitsforscher Marcus Mengs, wie einfach sich per Luca ein Trojaner bei den Gesundheitsämtern einschleusen lässt. Die Liste an Problemen wurde fast täglich länger, insbesondere mit Blick auf den Datenschutz.

Nachdem die Kritik nun auch in den Medien immer lauter wurde, begannen endlich auch die verantwortlichen Stellen die Sinnhaftigkeit von Luca zu hinterfragen. Das erstaunliche Ergebnis: Die App ist weitestgehend nutzlos. Von 130.000 Corona-Infektionen war die Luca-App in nur 60 Fällen in der Lage, bei der Kontaktverfolgung zu helfen. Das hängt unter anderem auch damit zusammen, dass die von der App übermittelten Daten oft nicht aussagekräftig genug für die Gesundheitsbehörden waren.

Luca App: Sie ist weg

Inzwischen ist die Luca-App in der Versenkung verschwunden. Ein Bundesland nach dem anderen kündigt seine Lizenzen. Zudem wurde Anfang 2022 publik, dass Polizeibehörden zur Ermittungszwecken auf Daten aus der Luca-App zugegriffen haben. Das wiederum hat zahlreiche Nutzer*innen dazu veranlasst, die App umgehend von ihrem Smartphone zu entfernen.

Mit einem Mal steht die Luca-App also ohne Geschäftsmodell da – und wird von allen Seiten kritisch beäugt. Nun wollen die Macher*innen auf neue Funktionen setzen, beispielsweise ein Zahlungssystem für Restaurants. Zudem soll man den Personalausweis in der App hinterlegen können, um im Restaurant oder bei Veranstaltungen die Erbringung des Impfnachweises inklusive Identitätsfeststellung zu erleichtern.

Es ist allerdings höchst fraglich, ob dies die Luca-App vor dem Aus retten kann. Für den Impfnachweis nutzen die meisten jetzt schon die offizielle Corona-Warn-App oder CovPass. Die Motivation, dafür künftig die Luca zu verwenden, ist gering – vor allem in Anbetracht der ganzen Probleme und Skandale der vergangenen Monate. Selbiges gilt für die Bezahlfunktion, zu der es in Form von Apple Pay und Google Pay schon seit Jahren bessere Alternativen gibt.