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Die Digitalisierung betrifft schon lange nicht nur die Informations- und Kommunikationstechnologie oder die Industrie, vielmehr ist sie in allen Bereichen der Gesellschaft angekommen. So entdecken beispielsweise immer mehr Träger der öffentlichen Kultur die Möglichkeiten und wollen verstärkt neue Formate, wie Apps oder Onlinegames, zur Kultur- und Wissensvermittlung umsetzen.

Das Independent-Games-Studio „Studio Fizbin“ hat in einer Zusammenarbeit mit dem WDR eine App zur „Sendung mit dem Elefanten“ entwickelt. Im Interview spricht Executive Producer Tobias Frisch über die ElefantenApp und über Möglichkeiten von Lern-Apps für Kinder.

Die ElefantenApp richtet sich wie die „Sendung mit dem Elefanten“ an Kinder zwischen 3 und 6 Jahren. Können Kinder in diesem jungen Altern überhaupt schon mit Smartphones umgehen?

Die digitale Transformation findet schon längst statt. Wir befinden uns in einer Gesellschaft, die Jahr für Jahr immer stärker mit interaktiver Technologie aufwächst. Nahezu jeder Haushalt hat ein oder mehrere interaktive Endgeräte, allen voran die mobilen Geräte.

Tobias Frisch ist Executive Producer bei Studio Fizbin  (Bild: Tobias Frisch)

Diese Entwicklung macht auch vor den Jüngsten nicht halt, die die Grundfunktionen (Wischen, Tippen, Swipen) in kürzester Zeit erlernt haben und auch in diesem Alter schon ihre ersten Erfahrungen machen. Wir waren davon zu Beginn unserer Arbeit im Kinder-Apps-Bereich auch selbst überrascht, es ist aber einfach Fakt. Das Erlernen und der Umgang muss aber vernünftig stattfinden und neben dem wichtigsten Faktor, den Eltern, sind auch wir und unsere Auftraggeber (hier also die öffentlich-rechtlichen TV-Sender) dafür verantwortlich, dass entsprechend gestaltete Angebote zur Verfügung stehen, und nicht „erwachsene“ Programme genutzt werden. Zum Glück haben das auch einige Träger der öffentlichen Kultur erkannt und sind wirklich bemüht, im Feld der interaktiven Software-Entwicklung Fuß zu fassen.

Was waren die Erwartungen des WDR an die ElefantenApp? Wie eng wurde zusammengearbeitet?

Zunächst mussten wir eine öffentliche Ausschreibung mit genauer Leistungsbeschreibung gewinnen. Die ElefantenApp stammt direkt von der Redaktion, die auch die „Sendung mit dem Elefanten“ verantwortet, sie kennen die Charaktere, die Welt und ihre Möglichkeiten also sehr genau.

Die wichtigsten Faktoren waren, dass wir den Spirit der Sendung und der dazugehörigen Website aufgreifen und die App eine Ergänzung, aber keine Alternative darstellt. Dafür waren wir in der Konzeption der Spiele sehr frei beziehungsweise  haben bereits als Teil der Ausschreibung mehrere Spielkonzepte vorgestellt. Es war dafür von Vornerein klar, dass die App neben Spielen auch das Sendungs-Streaming enthalten muss, was auch die meistgenutzte Funktion ist. Es ist natürlich toll, die Lieblingssendungen auch unterwegs ansehen zu können. Die Zusammenarbeit kann man als „sehr eng“ bezeichnen, es gab wöchentlich eine Abstimmungs- und Feedbackrunde mit uns und der Redaktion. Jede Idee, jede Grafik, jedes weitere Design wurde abgestimmt, damit alles zusammenpasst. Für Außenstehende wie uns ist es sehr schwierig, eine bestehende Welt direkt zu übernehmen, ohne Abstimmung geht da nichts. Jetzt, nach dem dritten Inhalts-Update, kennen wir uns aber ganz gut aus, wie die Welt ist, funktioniert und aussieht.

Bei so einem jungen Publikum gibt es sicherlich in Sachen Inhalt, Design aber auch Sicherheit vieles zu beachten Was waren die besonderen Herausforderungen beim Projekt ElefantenApp?

Wie schon erwähnt mussten wir uns eng an Sendung und Website halten. Darüber hinaus war es aber besonders schwierig zu antizipieren, was die Kinder verstehen und damit selbst nutzen und anwenden können und was nicht. Ohne Testen mit der Zielgruppe ist das unmöglich.

Selbst als erfahrene Spieldesigner wurden wir öfter überrascht. Steuerungen, Bedienelemente oder Spielregeln, die für uns total cool und einfach waren, konnten von den Kindern nicht angewandt werden. Daneben gibt es noch gewaltige Unterschiede zwischen den Fähigkeiten von 3-jährigen oder 6-jährigen Kindern, die App soll aber genau diese Altersspanne komplett ansprechen. Ein Beispiel: ursprünglich wollten wir ein Spiel einbauen, bei dem der blaue Elefant immer verschiedene Hindernis-Situationen überwinden muss, gesteuert wird aber immer nur mit einem digitalen Button. Dieser hat dann pro Szene verschiedene Bedeutungen. Man muss beispielsweisein einem Boot  den Knopf drücken, um die Richtung zu wechseln.

Ziel hier ist es, einen Stern einzusammeln, der zufällig rechts oder links vom Boot herunterfällt. In der nächsten Szene muss der Elefant von Baumstamm zu Baumstamm über einen Sumpf hüpfen, der Button dient beim Drücken dem Sprung. Klingt für uns total simpel, aber spannend durch die immer neuen Szenen. Die Kinder aber konnten den Transfer von Button auf „Bedeutung pro Szene“ einfach nicht vollziehen. Sie wollten immer direkt auf den Elefanten drücken, ziehen oder draufdrücken. Es klappte nicht. Am Ende haben wir hier ein ganz anderes Spiel entwickelt, ein Geschicklichkeitsspiel in den Wolken, bei dem der Elefant in einer Seifenblase zum Ziel geführt werden muss. Solche Iterationen im Zusammenspiel mit Testen bei Kindern sind unglaublich wichtig.

Welche Fähigkeiten werden bei Nutzung der App geschult?

Wir haben inzwischen Spiele für Geschicklichkeit und Feinmotorik, Geduld und Denkvermögen, Kreativität und Einfallsreichtum. Es gibt auch ein Spiel, was mit Hilfe der echten Welt funktioniert: ein Versteckspiel, bei dem das Gerät (sprich der Elefant) versteckt wird, die Eltern oder Freunde müssen den Elefanten dann suchen. Wir würden künftig gerne noch mehr Spiele zur Kombinationsgabe und Merkfähigkeit machen.

Was denkst du, werden didaktische Apps künftig Kindersendungen ablösen?

Das glaube ich nicht, beide Formate können sich aber hervorragend ergänzen. Momentan werden in der App Sendungen gestreamt und in der Sendung auf die App hingewiesen. Da ist aber viel mehr denkbar, so könnte man beispielsweise in der Sendung aufrufen unser Zeichenspiel zu spielen und Screenshots davon einzusenden.

Es wäre durch die Internetanbindung möglich, Inhalte freizuschalten, wenn sie in der Sendung vorgestellt oder eingebunden werden. Natürlich müssen wir hierbei an Datenschutzvorschriften denken oder daran, dass in vielen Fällen die Eltern mit dabei sein müssen. Aber denkbar sind solche Ergänzungen und Einsätze auf jeden Fall. Grundlegend sind wir sowieso der Ansicht, dass die App am besten gemeinsam von Eltern und Kind(ern) erlebt wird.

Welche Einstellungsmöglichkeiten bietet die ElefantenApp den Eltern, um beispielsweise zu verhindern, dass die Kinder zu lange spielen?

Dazu wurde direkt von der Redaktion gewünscht, den Elefantenwecker, den es auch schon auf der Website gibt, einzubauen. Eltern können in einem eigens für sie eingerichteten und per Sicherheitssperre abgetrennten Bereich eine Zeit einstellen, wie lange Kinder die App nutzen dürfen. Dann ertönt ein sehr lauter Ton und die  Meldung, dass die Zeit um ist. Allerdings nimmt das nicht die Verantwortung von den Eltern hab. Es ist mehr eine Art Erinnerung für die Eltern, dass das Kind jetzt lange genug gespielt hat. Sinn unserer App ist es auf jeden Fall nicht, das Smartphone herzugeben, um  mehrere Stunden seine Ruhe zu haben. Wie mit allen anderen Selbst-Unterhaltungs-Dingen auch.

Die ElefantenApp ist nicht das erste Projekt von Studio Fizbin, bei dem Spiele weg  aus dem Spielezimmer und hinaus in den öffentlichen Raum gelangt sind. Gibt es ein Projekt, das du mit Studio Fizbin unbedingt gerne realisieren würdest?

Wir würden unglaublich gern eine App für die Sendung „Löwenzahn“ machen. Es ist unsere Kindheit aber vor allem könnte man da so unglaublich tolle, viele Lernspiele erfinden.  Das wäre sicher ein großer Spaß! Generell wünschen wir uns, dass viele öffentliche Träger mehr Mut haben, wir können uns grade auch für Museen eine Vielzahl an tollen, interaktiven Ausstellungs-Elementen vorstellen. Klar, Spieleentwicklung kostet was, aber kann auch ganz einmalige Erfahrungen erzeugen.

Hier geht’s zur ElefantenApp im App Store

Idle Miner Tycoon im App Store

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Idle Miner Tycoon bei Google Play