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Die Digitalisierung an Schulen schreitet voran, doch der Datenschutz bleibt eine Herausforderung. Das Forschungsprojekt DIRECTIONS des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt eine Lösung, die Sicherheit und Transparenz bei digitalen Lernsystemen schafft und damit den Weg für eine datenschutzkonforme digitale Bildung ebnet.

In den vergangenen Jahren hat die Digitalisierung in deutschen Schulen einen beachtlichen Aufschwung erlebt. Die Corona-Pandemie wirkte dabei als Katalysator, denn plötzlich standen digitale Lernplattformen, Videokonferenztools und Lern-Apps im Mittelpunkt des Unterrichts. Doch neben den offensichtlichen Vorteilen bringt diese Entwicklung auch Herausforderungen mit sich, insbesondere im Bereich des Datenschutzes. Hier setzt das Forschungsprojekt DIRECTIONS des KIT an, das eine wegweisende Lösung für Schulen bieten könnte.

Herausforderungen der Digitalisierung an Schulen

Die Einführung digitaler Lernsysteme hat die Art und Weise, wie Lehrkräfte unterrichten und Schülerinnen und Schüler lernen, grundlegend verändert. Dabei stehen den Schulen heute vielfältige digitale Werkzeuge zur Verfügung, die den Unterricht bereichern und die Lernprozesse individualisieren können. Doch diese Technologien bringen auch eine Vielzahl an Fragen und Unsicherheiten mit sich, vor allem im Hinblick auf den Datenschutz.

Besonders kritisch wird es, wenn es um den Schutz sensibler Daten von Kindern und Jugendlichen geht. Schulen stehen vor der Herausforderung, die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einzuhalten, ohne die Vorteile der Digitalisierung zu verlieren.

Viele Lehrkräfte sind sich unsicher, ob die eingesetzten Tools den Datenschutzanforderungen gerecht werden. Diese Unsicherheit führt dazu, dass bestimmte Systeme gar nicht erst eingesetzt werden, obwohl sie pädagogisch wertvoll sein könnten. Ohnehin verfügen die Schulen selbst in aller Regel gar nicht über die notwendigen Ressourcen, um die Konformität der Tools eigenständig zu prüfen.

DIRECTIONS: Ein Projekt für mehr Sicherheit und Transparenz

Das Projekt DIRECTIONS (Data Protection Certification for Educational Information Systems) setzt genau bei dieser Problematik an. Ziel des Projekts ist es, eine verlässliche Datenschutzzertifizierung für digitale Lernsysteme zu entwickeln. Diese soll Schulen dabei helfen, DSGVO-konforme Systeme zu erkennen und sicher einzusetzen. DIRECTIONS verfolgt dabei einen zweistufigen Ansatz: Zunächst wird eine Selbstverpflichtungserklärung (SVE) eingeführt, die es Anbietern ermöglicht, ihre Systeme anhand eines festgelegten Kriterienkatalogs selbst zu überprüfen. Die Ergebnisse dieser Überprüfung können dann transparent kommuniziert werden, um frühzeitig Klarheit zu schaffen.

Im zweiten Schritt soll diese Selbstverpflichtungserklärung zu einer vollwertigen Zertifizierung weiterentwickelt werden, die von einer unabhängigen Stelle ausgestellt wird. Diese Zertifizierung bietet Schulen und Schulträgern die Sicherheit, dass die genutzten Systeme tatsächlich den erforderlichen Datenschutz gewährleisten. So können Unsicherheiten reduziert und die Akzeptanz digitaler Lernmittel erhöht werden.

Datenschutz als Chance für die Digitalisierung

Obwohl Datenschutz oft als Hindernis für die Digitalisierung gesehen wird, betont das Projekt DIRECTIONS die Chancen, die sich daraus ergeben. Datenschutzvorgaben sind nicht bloße bürokratische Hürden, sondern gewährleisten den Schutz der persönlichen Daten von Schülerinnen und Schülern, die besonders sensibel sind. Digitale Lernsysteme können eine Vielzahl an Daten erfassen, von einfachen Nutzungsdaten bis hin zu detaillierten Lernprofilen, die Auskunft über die individuellen Stärken und Schwächen der Lernenden geben. Derartige Informationen dürfen keinesfalls missbräuchlich verwendet werden und müssen deshalb besonders geschützt werden.

Eine Zertifizierung schafft hier Klarheit und Sicherheit: Schulen können sicher sein, dass zertifizierte Systeme den notwendigen Schutz bieten, und können sich so voll und ganz auf ihre pädagogische Arbeit konzentrieren. Anbieter digitaler Lernsysteme haben durch die Zertifizierung die Möglichkeit, ihre Bemühungen im Bereich Datenschutz zu zeigen und sich positiv vom Wettbewerb abzuheben. Dies trägt nicht nur zur Marktdifferenzierung bei, sondern stärkt auch das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer in digitale Bildungsangebote.

DIRECTIONS in der Praxis: Ein Blick in die Zukunft

Aktuell befindet sich das DIRECTIONS-Projekt in der Testphase, in der der entwickelte Kriterienkatalog bei verschiedenen Systemanbietern erprobt wird. Geplant sind Tests an fünf konkreten Anwendungsfällen, um die Praktikabilität und die Effektivität der Zertifizierung zu prüfen. Parallel dazu arbeitet das Projektteam an der Weiterentwicklung des Zertifizierungsverfahrens und den notwendigen Regelwerken. Sollte die Zertifizierung formal bewilligt werden, wird sie auf dem Markt angeboten, sodass Anbieter ihre Systeme offiziell zertifizieren lassen können.

Das Potenzial von DIRECTIONS ist enorm. Eine verlässliche Zertifizierung könnte den Schulen und ihren Trägern nicht nur rechtliche Sicherheit bieten, sondern auch die Digitalisierung des Bildungssektors vorantreiben. Schulen hätten endlich die Möglichkeit, digitale Lernsysteme ohne Datenschutzbedenken zu nutzen, was zu einer stärkeren und nachhaltigeren Integration digitaler Tools im Unterricht führen könnte. Dadurch könnten Bildungsprozesse effektiver gestaltet und den Anforderungen des 21. Jahrhunderts besser gerecht werden.