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Welche Jobs werden durch die Digitalisierung wegfallen? Ehrlich, ich habe keine Ahnung. Studiert man die Entwicklung von Robotik, Internet der Dinge und die der Cyber-Physischen-Systeme kann einem schon angst und bange werden; muss es aber nicht. Zum einen wird es nicht zum massenhaften Stellenabbau kommen, zum anderen wird sich bis zur totalen Superlativen digitalen Revolution die Gesellschaft mit verändert haben. Die meisten Jobs werden meines Erachtens nicht verschwinden, vielmehr ändert sich deren Anforderungsprofil.

Wir sind uns einig? Die Arbeit wird vernetzter. Dabei ist es egal ob Maschine, Big Data, Internet of Things oder Mensch – alle Beteiligten werden miteinander verknüpft. „Zum einen von Maschinen und Produktionsmitteln, die durch Künstliche Intelligenz und Big Data zu einem Internet of Things werden. Zum anderen ein laufend zunehmend vernetztes Arbeiten zwischen Menschen. Dieser Trend führt weg von starren Abläufen und Hierarchien hin zu zeit- und ortsunabhängigem Arbeiten in sich wandelnden Konstellationen“, erklärt Thorben Albrecht, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales gegenüber dem HRM-Expo-Blog ‚Zukunft Personal‚. Seine Aussage spiegelt auch eine aktuelle Studie ‚Wertewelten Arbeiten 4.0‚ seines Ministeriums wider. Fast die Hälfte der Befragten erwartet, dass die eigene Arbeitssituation in Zukunft nah an ihrem Idealbild liegen wird. Vor allem was Mitgestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten anbelangt, haben die Erwerbstätigen in Deutschland durchaus positive Erwartungen an die Arbeitswelt von morgen. Wie das mit der Automatisierung und Digitalisierung zusammenpasst?

Künstliche Intelligenz vs. Mensch

„Ich kann mir gut vorstellen, dass es solche Assistenten in Zukunft auch bei Bürotätigkeiten gibt, die zum Beispiel Routine-Mails sortieren und sogar beantworten“, sagt Lucia Falkenberg, Personalexpertin beim Verband der Internetwirtschaft eco, gegenüber der dpa. Also Arbeiten, die sich ständig wiederholen, immer dieselben Arbeitsschritte verlangen. Beispielsweise Sachbearbeiter, die lediglich Daten in Computer eingeben oder Daten nach einfachen Regeln weiterverarbeiten, werden in einigen Jahren durch computergestützte Systeme ersetzt. Die Sachbearbeiter-, die Assistenz- und Sekretärsstellen haben dann allerdings auch Zeit für andere wichtige Tätigkeiten; beispielsweise für organisatorische Dinge. Seien wir doch mal ehrlich; heutzutage geht sehr viel Zeit dafür drauf, Daten und Informationen zu sammeln und aufzubereiten. Computer sind für die Aggregation von Nachrichten und Informationen einfach besser geeignet. Das Einordnen von abstrakten Zusammenhängen dagegen können Rechner nicht. Warum eigentlich?

Was wir heutzutage Künstliche Intelligenz nennen, ist im Vergleich zur Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns ein Witz. Zur Erinnerung: Schon 2013 simulierten japanische Forscher Gehirnfunktionen. Damals rechneten satte 83.000 CPUs um gerade einmal einen Prozent Gehirnaktivität eine Sekunde darzustellen. Heute sieht es mit mehr Rechenpower nicht anders aus. Fragen, Kommandos, Antworten sind immer fest mit bestimmten Funktionen verknüpft, Assistenten in der Regel auf einzelne Applikationen sowie Befehlsketten beschränkt. Eine weitere bestehende Einschränkung: „Wenn die Maschinen einmal aus fehlerhaften Trainingsdaten etwas Falsches neu hinzugelernt haben, bekommen wir das heute nicht mehr aus den neuronalen Netzen heraus und müssen nochmal ganz von vorne lernen“, erläutert Wolfgang Wahlster, Leiter des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) gegenüber Heise Online. Ein Grund, warum „nur Arbeitsplätze mit sehr geringen Qualifizierungsanforderungen von Maschinen ersetzt werden, das betrifft nach bisherigem Stand etwa zwölf Prozent der Beschäftigten in Deutschland“, liest man dazu im Wirtschaftsmagazin Brandeins, Ausgabe März 2017, ‚Neue Arbeit’.

Digitalisierung: Fusion von Mensch und Technik

An der Hochschule Karlsruhe Technik und Wirtschaft hat man dazu Daten aus über 3.000 europäischen Betrieben analysiert. Die Erkenntnis: Betriebe mit Robotersystemen investieren nicht weniger in den Faktor Mensch. Außerdem tendieren laut der Studie Unternehmen mit Industrierobotern und automatisierten wie auch digitalen Prozessen dazu, ihre Produktionskapazitäten nicht mehr ins Ausland auszulagern. Das schafft nicht nur neue Kompetenzen, sondern auch neue Arbeitsplätze. Man rechnet damit, dass sich bis 2030 der Arbeitskräfte-Engpass auf zwei Millionen Erwerbstätige halbiert. Ohne die Digitalisierung würde der Engpass im Jahr 2030 bei fast 4,2 Millionen Arbeitskräften liegen.

Das Weltwirtschaftsforum in Davos geht davon aus, dass durch die Digitalisierung weltweit 7,1 Millionen Arbeitsplätze verloren gehen, aber nur 2,1 Millionen neue entstehen.

Anmerkung der Redaktion: Wir sind derzeit zirka 7,5 Milliarden Menschen auf der Welt.

Von „guter Arbeit“ können Menschen ihren Lebensunterhalt bestreiten und sich gegen soziale Risiken absichern. Gute Arbeit macht nicht krank, kann Sinn stiften und sogar Spaß machen. Daran ändert auch die Digitalisierung nichts.

Thorben Albrecht, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Ich persönlich bin der festen Überzeugung, dass es zunächst Jobs treffen wird, die derzeit dafür sorgen, dass Geschäftsprozesse organisiert und permanent kontrolliert werden müssen. Als Beispiel nenne ich das Stromnetz. Schon heute werden Tausende Quadratmeter vielleicht sogar -kilometer einer Stadt lediglich über einen Leitstand und von vielleicht gerade einmal fünf Personen überwacht. Auf fachliches Know-how kann bei solch kritischen Netzen aber dennoch nicht verzichtet werden. Ein Leitstand visualisiert und überwacht kontinuierlich die jeweiligen Prozesse, identifiziert Soll-Ist-Abweichungen und gibt Anwendern prozessbezogene Handlungsempfehlungen – im Ernstfall muss allerdings der Mensch via Software oder Handwerk den jeweiligen Fehler beheben. „Industrie 4.0 ist nicht gleichzusetzen mit einer vollautomatisierten, menschenleeren Fertigung, sondern vielmehr die Fusion von Mensch und Technik“, ergänzt Etienne Axmann, Leiter VDMA Integrated Assembly Solutions (siehe Video). Der Mensch wird sprichwörtlich zum Dirigenten der Wertschöpfungskette.

Mein Fazit

Klar, die Digitalisierung wird immer schneller und effektiver in unserem Arbeitsleben eindringen. Das hat seine Vor- und Nachteile. Aber die Arbeitswelt muss sich auch den neuen Anforderungen stellen. Und ja, es werden Arbeitsplätze wegfallen. Es werden allerdings auch neue entstehen. Die Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie die Politik sind gefragt. Sie müssen gemeinsam Qualifizierungsmaßnahmen entwickeln, um am Ende nicht nur die oberste Bildungsschicht abzuholen. Auch der kleine Arbeiter muss in den digitalen Prozessen berücksichtigt werden.

Die Qualifizierung von Mitarbeitern wird das A und O in der Digitalisierung sein. „Als arbeitsmarktpolitisches Ziel wollen wir zum einen Menschen davor bewahren, aufgrund mangelnder Qualifizierung in Arbeitslosigkeit zu geraten, und zum anderen die Nachfrage des Marktes nach Fachkräften bedienen“, fordert Thorben Albrecht. „Wir müssen Digitalisierung so aufziehen, dass Beschäftigte in die Prozesse eingebunden bleiben und sie steuern können.“ Fest steht, Arbeitnehmer werden sich daran gewöhnen müssen, sich in Zukunft mit Robotern den Arbeitsplatz zu teilen.

Zudem muss der Arbeitnehmer sich langsam aber sich auch damit beschäftigen, sich und seine Qualifikation besser zu verkaufen. Die Zukunft wird auch durch sogenannte ‚Ad-hoc-Clickworker‚ gestaltet werden. Selbstorganisation, Reputation sowie Praxiserfahrung sind dann zwar die drei tragenden Säulen des Arbeiten 4.0; das eigentliche Know-how besteht dann allerdings aus dem nötigen Netzwerk und dem Umgang mit diesem – egal ob hoch- oder niedrigqualifiziert.