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In zunehmend wettbewerbsintensiven Märkten sind Servicequalität und Kundenorientierung entscheidend, um langfristiges Unternehmenswachstum und Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Steigende Ansprüche der Kund*innen setzen Service-Agent*innen und das Qualitätsmanagement unter Druck. Herkömmliche Methoden wie stichprobenartige und manuelle Bewertungen von Interaktionen werden den neuen Anforderungen nicht mehr gerecht. Um herausragenden Kundenservice zu bieten, ist eine effektive Qualitätsüberwachung erforderlich, die lückenlos und konsistent durchgeführt werden kann. In diesem Kontext bietet sich die Integration von Large Language Modellen (LLM), wie beispielsweise ChatGPT, in Qualitätsanalyse-Tools als innovative und nachhaltig wirkungsvolle Lösung an. Durch die Einbindung solcher Modelle kann die Datenanalyse automatisiert und effektiv ablaufen und ermöglicht fundierte Entscheidungen hinsichtlich verbesserter Kundenerfahrung.

Kognitive Fähigkeiten auf menschlichem Niveau 

Das Large Language Modell (LLM) ChatGPT von OpenAI hat die automatisierte Sprach- und Textanalyse revolutioniert. Seit Veröffentlichung im letzten Jahr floriert der Markt und Wettbewerber wie z.B. Google, Anthopic oder Meta präsentieren ihrerseits entsprechende Modelle. Nachrichten über Neuerungen, Updates, Risiken, Chancen sind täglich auf medialen Kanälen omnipräsent. Large Language Modelle sind in der Lage, natürliche Sprache zu verstehen und diese in ausführlichen Analysen weiterzuverarbeiten. Multimodale Modelle können gleichzeitig Ton, Bild und Sprache verarbeiten. Der entscheidende Unterschied gegenüber früheren Varianten automatisierter Textanalyse-Modellen besteht darin, dass nun erste Ansätze von “Artificial General Intelligence” (AGI)  zum Einsatz kommen. Dadurch besitzen die Modelle eine gewisse kognitive Leistungsfähigkeit und sind in der Lage, Kontext und Inhalte zu verstehen sowie flexibel auf individuelle Problemstellungen einzugehen und diese nahezu auf menschlichem Niveau bearbeiten zu können.

Large Language Modelle als Qualitäts-Analyst

Um ein ressourceneffizientes, aber dennoch wirkungsvolles Qualitätsmanagement im Kundenservice zu ermöglichen, müssen sämtliche relevante Interaktionsdaten holistisch und konsistent analysiert und bewertet werden. Selbst mit umfangreichem Analytics Know-How ist dieses Vorhaben mit rein manuellen Ansätzen nicht zu bewältigen. Automatisierte Qualitätsmonitoring-Tools gewinnen in diesem Kontext zunehmend an Bedeutung. Mit ihrer Hilfe können nicht nur wertvolle Ressourcen gespart, sondern auch die Wirkung des Qualitätsmanagement und somit die Servicequalität maximiert werden. KI-gestützte Tools können riesige Datensätze verarbeiten, extensive Analysen durchführen und Erkenntnisse strukturell und zielführend aufbereiten. Manuelle Ressourcen können sich dadurch effizient auf automatisch identifizierte Compliance-Verstöße fokussieren und diese gezielt bearbeiten. Die Trigger, durch die Verstöße als solche erkannt werden, können dabei individuell festgelegt werden. Hier werden die Vorteile von Tools, die auf Large Language Modellen basieren, besonders deutlich: Neben herkömmlichen Triggern wie bestimmte Keywords oder Lautstärke können Compliance-Verstöße auch basierend auf Kontextfragen erkannt werden. Beispiele dafür können zum Beispiel die Bewertung der Freundlichkeit der Agentin oder des Agenten auf einer Skala von 1 bis 10 sein, oder ob das Anliegen der Kundin oder des Kunden im Verlauf des Gesprächs gelöst wurde. Die genaue Formulierung oder verwendete Wörter sind dabei nebensächlich, da die Modelle in der Lage sind, den Kontext des Gesprochenen zu verstehen.

Die Vorteile, die sich bei der Einbindung von Large Language Modellen in Analyse-Tools  ergeben, sind eindeutig: Zum einen sind sie äußerst flexibel einsetzbar und reagieren auf unterschiedliche Eingaben mit entsprechenden Ausgaben. So kann das Ausgabeformat je nach Anforderung von natürlicher Sprache bis hin zu Programmcode variieren. Auch der Wechsel zwischen verschiedenen Sprachen und rhetorischen Stilen erfolgt flexibel. Dadurch können die Modelle einer riesigen Bandbreite von Ansprüchen, Bezugsgruppen und Einsatzfeldern gerecht werden. Zum anderen ermöglichen sie eine effiziente und effektive Verarbeitung und Analyse riesiger Datenmengen mit maximaler Ressourceneffizienz. Manueller Aufwand kann somit bis zu 95% reduziert werden und zielgerichtet für die Behebung von Problemstellen eingesetzt werden. Außerdem können die Modelle durch natürliche Sprache instruiert werden, ohne dass komplexe Programmierkenntnisse auf Nutzerseite erforderlich sind.

Sinnvolle Einbindungen von Large Language Modellen im Bezug auf Optimierungen im Kundenservice, sind beispielsweise Chatbots zur Bearbeitung von Routine-Anfragen oder, wie bereits oben angeschnitten, in Qualitätsanalyse-Tools durch Funktionen wie Sentiment-Analysen, Zusammenfassungen von Gesprächen, automatische Identifizierung von Compliance-Verstößen basierend auf Kontext-Kriterien oder Trendprognosen um Verlagerungen von Kundenpräferenzen frühzeitig zu erkennen und entsprechend reagieren zu können.

Risiken, Einschränkungen und Fazit

Wie bei allen innovativen technologischen Entwicklungen müssen Auswirkungen, Risiken und rechtliche Bestimmungen in den individuellen Praxisanwendungen intensiv beobachtet, analysiert und bewertet werden.

Aktuell treten noch vermehrt “Halluzinationen” im LLM-Output auf, weshalb dieser kritisch betrachtet und hinterfragt werden sollte. Gerade in dieser noch jungen Entwicklungs- und Anwendungsphase der Modelle sollte man keinesfalls blind auf deren Produkte vertrauen.

Hinzu kommt, dass die besten LLMs bis dato lediglich von US Cloud-Anbietern in deren Datencentern verfügbar- und nicht als lokale Installation verfügbar sind. Auch die Datenschutz-Situation ist aktuell noch unklar, weshalb die Verwendung in Italien beispielsweise systematisch verboten wurde.

Trotz dieser Herausforderungen bieten die Einsatzmöglichkeiten der Modelle zweifellos unbestreitbare Chancen für nachhaltigen Unternehmenserfolg und den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. Frühzeitiges Umdenken und Ressourcen-Investitionen können für die wirkungsvolle Implementation in Unternehmensprozesse entscheidend sein. Gleichzeitig ist es essentiell, stets über Neuerungen, Updates und rechtliche Bestimmungen auf dem Laufenden zu bleiben sowie Output-Produkte gegebenenfalls kritisch zu hinterfragen.

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Jürgen Thom
Jürgen Thom ist ein erfahrener Unternehmer mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Outsourcing- und Call-Center-Branche. 2017 gründete er gemeinsam mit Marcel Elshoff das Berliner Startup Snubes, um innovative Lösungen für die Call-Center-Branche zu entwickeln. Thom setzt sich dafür ein, traditionelle Strukturen aufzubrechen und Unternehmen dabei zu helfen, ihre Kunden besser zu erreichen und zu betreuen. Aufgrund seiner umfangreichen Erfahrung und seines breiten Netzwerks gilt Jürgen Thom bei Unternehmen als kompetenter Ansprechpartner im Bereich Outsourcing und Call-Center-Management.