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Tausende protestieren derzeit gegen das transatlantische Handelsabkommen, kurz TTIP. Pünktlich zum Auftakt der nächsten Verhandlungsrunden präsentiert die EU-Kommission nun eine Studie zum Thema. Der gemeinsame Konsens: Ein Freihandelsabkommen mit den USA soll nach eigenen Angaben speziell kleinen und mittelständischen Unternehmen Vorteile bringen.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis die EU-Kommission reagiert. Nach den massiven Protesten der letzten Monate, die sich allesamt gegen TTIP: das transatlantische Handelsabkommen richteten, zauberte die EU-Kommission nun ein Papier hervor, welches beweisen soll, dass gerade der Mittelstand vom Abkommen zwischen USA und der Europäischen Union profitieren würde – in Deutschland zählen über 90 Prozent der ansässigen Unternehmen zum besagten Mittelstand. In New York soll in den nächsten Wochen über die Harmonisierung von Standards und Kontrollen in der Automobilindustrie gesprochen und verhandelt werden – für den Standort Deutschland die wohl wichtigste Wirtschaftssäule. Zudem dürften sich auch die vielen kleinen Zulieferer dazuzählen. „TTIP werde europäischen Mittelständlern helfen, in die USA zu exportieren“, so EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström in Brüssel. Sie zielt mit dieser Aussage zweifelsohne auf die derzeit bestehenden hohen Einfuhrhürden beider Kontinente – etwa beim Einhalten von technischen Regeln und Standards.

TTIP: Investorenschutz und Schiedsgerichtsverfahren

Reinhard Bütikofer, Mitglied des Europäischen Parlaments, hat kürzlich Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft zu den Themen TTIP und ISDS befragt; und auch Ohoven sieht im Abkommen eine Chance, aber: „Der Freihandel und der Abbau von Handelshemmnissen zwischen Ländern nutzen generell allen Beteiligten, Unternehmen wie Konsumenten. Klein- und mittelständische Unternehmen sind als Zulieferer auf nationaler Ebene schon jetzt Profiteure intensiver grenzüberschreitender Handelsbeziehungen. Werden Zölle abgeschafft sowie Zulassungs- und Zertifizierungsverfahren angeglichen, kann der Mittelstand, der in der Regel nicht über die gleichen Finanzpolster verfügt wie die Großunternehmen, mit weniger Zeit- und Kostenaufwand neue Märkte erschließen.“ Seiner Meinung nach ist die Voraussetzung allerdings, „dass mittelstandsfeindliche Elemente wie das geplante Investor-Staat-Schiedsverfahren aus TTIP herausgenommen oder mittelstandsfreundlich modifiziert werden.“ Genau bei diesem Punkt will Malmström ansetzten und bekräftigt, bei den Verhandlungen „neue Vorschläge für den umstrittenen Investorenschutz und Schiedsgerichtsverfahren unterbreiten zu wollen“. Derzeit sind die Verhandlungen diesbezüglich aber auf Eis gelegt.

Warum es beispielsweise hierzulande noch ziemlich entspannt ausschaut? Laut der Ergebnisse der Frühlingsbefragung 2014 des BDI/PwC-Mittelstandspanels, bei der insgesamt 779 Unternehmen befragt woden sind, geben 70 Prozent der Mittelständler an, dass das zwischen der EU und den USA geplante transatlantische Freihandelsabkommen bei den meisten Unternehmen in den nächsten zwei Jahren einen geringen Einfluss auf ihre wirtschaftliche Entwicklung hat. Und mehr als zwei Drittel der deutschen Industrieunternehmen (68,7%) – insbesondere jedoch die größeren und exportorientierten Unternehmen – können und wollen trotz der Eurokrise auf den Wirtschaftsraum Europa nicht verzichten. Die USA wäre dennoch ein wichtiger Absatzmarkt, der derzeit bisher für mittelständische Unternehmen schwer erreichbar scheint. Der eigentliche Marktzugang soll allerdings durch das Freihandelsabkommen weit geöffnet werden, glaubt man der EU.

Dass die EU gerade jetzt aufs Tempo drückt ist auch klar. Sie muss der schlechten Stimmung rund um die Gespräche etwas Positives entgegensetzen. In Deutschland, Österreich und Luxemburg sind viele Unternehmen und Bürger gegen das TTIP. Und die EU weiß auch, umso länger sich die Verhandlungen mit den USA in die Länge ziehen, umso Auftrieb bekommen die TTIP-Gegnern. Ob das nun schlecht oder gut ist, entscheiden sie selbst.