Karlsruhe hat die Steuerprivilegien für Unternehmen als verfassungswidrig erklärt und urteilt damit schärfer als es Experten erwartet haben. Unternehmen müssen nun Einschnitte fürchten. Das Verfassungsgericht gibt dem Gesetzgeber bis 30. Juni 2016 Zeit für eine Neuregelung.
Karlsruhe hat gesprochen und hält die gesetzlichen Vorschriften, die Paragrafen 13a und 13b Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, über die Privilegien für Firmenerben nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Verfassungsrichter sind der Meinung, dass kleine und mittlere Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, zur Sicherung ihres Bestands und zur Erhaltung der Arbeitsplätze steuerlich begünstigt werden müssen. Doch auch größere Betriebe können diese Vorteile für sich nutzen – zu Unrecht findet Karlsruhe. Eine genaue Überprüfung der jeweiligen Bedürftigkeit sei „soziale Gerechtigkeit“ und somit Pflicht.
Erbschaftssteuer: Zehn Milliarden mehr
„Die oben beschriebenen Paragrafen machen es möglich, dass Firmenerben beim Übergang des Unternehmens von den Steuern teilweise oder sogar ganz befreit werden, wenn sie den Betrieb mehrere Jahre fortführen, Arbeitsplätze erhalten und einen Großteil des Betriebsvermögens in die Produktion eingebunden ist“, so die faz. Ob die Schlupflöcher bestehen bleiben, wird sich 2016 zeigen. Bis dahin muss der Gesetzgeber nachgebessert haben. Ebenfalls als verbesserungswürdig stuften die Richter die Freistellung in Sachen Mindestlohn ein. Unternehmen mit bis zu 20 Mitarbeitern müssen sich dahingehend nicht am Mindestsatz halten. Die Richter sehen darin eine Ungleichbehandlung. Eine Ungleichbehandlung, die zurzeit aber für kleinere Firmen weiterhin Bestand haben wird.
Und nun? Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Regelung zur Erbschaftssteuer für verfassungswidrig erklärt hat, fordert der Bayrische Finanzminister Markus Söder eine Reform. Söder ist der festen Überzeugung, „die Erbschaftssteuer soll geringer ausfallen, je länger der Erbe eines Betriebs das Unternehmen fortführt und die Jobs bleiben“.
Um was geht es? Derzeit bringt die Steuer 4,5 Milliarden Euro im Jahr, ohne die beklagte Klausel wären es bei den 27.000 Erbfällen mindestens zehn Milliarden Euro mehr. Das wird dem Mittelstand hierzulande nicht gefallen. Denn gerade im Süden Deutschland sind viele familiengeführte Großunternehmen angesiedelt. Spiegel Online schreibt, dass Unternehmen bis zu 100 Milliarden am Fiskus vorbeischleusten, eine Steueroase für Unternehmen?