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Beacons sind der neue Trend, wenn es um Indoor-Navigation geht. Die kompakten Bluetooth-Sender versorgen Nutzer mit Informationen und leiten sie in Gebäuden an ihr Ziel. Die Zeit scheint reif, flächendeckend auf Beacons zu setzen.

+++Update: Die Entwicklung neuer Anwendungsszenarien für 2016 findest du hier.

Den Startschuss für die Ortung innerhalb von Gebäuden auf Basis der Drahtlos-Technologie Bluetooth Low Energy gab Apples Software-Chef Craig Federighi im Sommer 2013 mit der Präsentation des mobilen Betriebssystems iOS 7. Eher beiläufig fiel bei der Auflistung der neuen Funktionen auch der Begriff iBeacon für das proprietäre Verfahren, das mittlerweile nicht nur von mobilen Apple-Geräten, sondern auch von Smartphones mit Android 4.3 genutzt werden kann.

Kern der iBeacon-Technologie sind kleine Geräte – sogenannte Beacons – von der Größe einer Streichholzschachtel, die entweder batteriebetrieben oder mit permanentem Stromanschluss in Räumen oder an Objekten installiert werden können. Auch Smartphones können als Beacon fungieren und sind attraktiv für Unternehmen, die zum Beispiel iPads als Informationszugriff ähnlich wie Apple in seinen Stores einsetzen. Ein solches Beacon – zu deutsch Leuchtfeuer – sendet in kurzen, regelmäßigen Abständen im 2,4 GHz-Band eine eindeutige Kennung, die sogenannte UID (Unique ID).

Bild: Craig Federighi/Apple/Youtube
Bild: Craig Federighi/Apple/Youtube

Ist eine App auf dem Smartphone für den Empfang von iBeacon-Signalen konfiguriert und kommt das Smartphone in die Reichweite eines Senders, lässt die Technologie die Standortbestimmung innerhalb eines Gebäudes zu. Ähnlich wie bei der Ortung mithilfe von Mobilfunkmasten funktioniert auch die Ortung per iBeacon auf Basis der RSSI genannten Signalstärke. iBeacon unterscheidet bei den Abständen, die iBeacon-empfangende Smartphones aufgrund der Signalstärke messen, zwischen „Unmittelbar“ (0 bis 10 cm), „In der Nähe“ (10 cm bis 3 m)  „Weit weg“ (weiter als 3 m).

Dank iBeacon wird das Smartphone zum Musemsführer und Shopping-Guide

Die Möglichkeiten der iBeacon-Technologie lassen sich anhand eines Museumsbesuches erklären. Sobald das iPhone noch vor den Türen des Museums das erste Beacon erkennt, startet im Hintergrund die Museums-App und begrüßt den Besucher mit Informationen zu aktuellen Ausstellungen. Einmal geöffnet wird das iPhone zur Informationsquelle mit Texten, Bildern und Videos. Das System lokalisiert den Nutzer und weiß beispielsweise, vor welchem Ausstellungsstück er sich gerade aufhält. Voraussetzung ist, dass die Inhalte bereits auf dem Smartphone vorliegen oder über eine Internetverbindung nachgeladen werden können. Bis auf die UID verschicken iBeacons keine Daten.

Die jeweilige UID kann aber auch dafür sorgen, dass das iPhone die passende Audiodatei lädt und während des kompletten Besuchs die Funktion eines standortgenauen Audio Guides übernimmt. Das funktioniert, ohne dass eine Auswahl getroffen oder zum nächsten Titel gesprungen werden muss. Dank der günstigen Beacons sind selbst Museen mit kleinen Budgets in der Lage, ihren Gästen einen informativen Aufenthalt per Text und Ton zu ermöglichen. Teure Audio Guides könnten somit schon bald der Vergangenheit angehören.

Auch Ladenbetreibern eröffnen sich durch iBeacon Chancen, verbesserte Leistungen anzubieten – von der Willkommensbotschaft mit einem speziellen, persönlichen Angebot angefangen über die Navigation und Suche nach bestimmten Produkten im Laden bis hin zu weiterführenden Informationen zu Produkten. Bleibt der Smartphone-User vor einem Tisch mit Hemden stehen, könnte ein iBeacon-Signal die Meldung einer Bonusaktion auslösen oder aber passende Hosen empfehlen.

Jenseits von Museum und Marketing

Der Flughafen von San Francisco verwendet seit Sommer dieses Jahres etwa 300 Beacons in der Größe eines Flaschendeckels, verteilt im ganzen Flughafen, um sehbehinderten Menschen die Navigation durch das Gebäude zu vereinfachen. Die Bluetooth-Signale, die die etwa 20 US-Dollar (umgerechnet 16 Euro) teuren batteriebetriebenen Beacons des österreichischen Herstellers indoors versenden, werden von einer App empfangen und verarbeitet. Diese weist mithilfe der integrierten Vorlese-Funktion auf markante Orte hin. Eine Liste mit Geschäften und anderen Orten erlaubt aber auch die Navigation durch den Flughafen.

Wer hierzulande iBeacon in Aktion erleben möchte, muss nur dem Flughafen Frankfurt einen Besuch abstatten. Dort hat die Lufthansa kürzlich eine unbekannte Anzahl von Beacons installiert, die in Kombination mit der Lufthansa-App für iOS auf die nächste Lufthansa-Lounge oder aber die Wartezeit am Sicherheits-Check hinweisen. In London Gatwick, London Luton und dem französischen Drehkreuz Charles de Gaulle in Paris hat hingegen der Niedrigpreis-Konkurrent Easyjet einen ersten Testlauf mit Beacons gestartet. Die App der Fluglinie soll ebenfalls als Navigationshilfe dienen und am Sicherheits-Check und anderen Kontrollen an das Öffnen des elektronischen Tickets erinnern.

iBeacon bald flächendeckend?

Dass Beacons im kommenden Jahr stark an Bedeutung und Verbreitung zunehmen werden, ist in erster Linie der breiten Verfügbarkeit von Hardware und Software-Lösungen zu verdanken. Während Unternehmen wie Bluloc sich als Universal-Dienstleistler positionieren, tüfteln andere Startups wie Asandoo an iBeacon-gestützten Hausnotrufsysteme-Systemen für ältere Menschen. „Richtig interessant wird es, wenn man Beacons als mobile Begleiter und Ergänzung zum Smartphone betrachtet“, sagt Stephanie Renda, Geschäftsführerin von match2blue. Der Spezialist von mobilen Applikationen und kontextsensitiven Lösungen arbeitet an Beacon-Produkten für verschiedene Zielgruppen. Mit lilalarmi wird beispielsweise Anfang 2015 ein kleiner Signalgeber für die ganze Familie auf den Markt kommen.

Die zu den Urgesteinen des App Stores zählende App Barcoo fährt hingegen konsequent die Marketing-Schiene und zeigt in Kooperation mit My Muesli wie sich iBeacon-basiertes Marketing auf Ladengeschäft-Niveau betreiben lässt. Wer über den Münchener Viktualienmarkt schlendert und dabei am My-Muesli-Laden vorbeikommt, erhält über die Barcoo-App eine Push-Nachricht, die über neue Produkte informiert oder zu einem Kaffee einlädt.

Ob Beacons bei der Verkausförderung das nächste große Ding werden, ist umstritten und hängt stark von der Akzeptanz durch den Verbraucher ab. „Technisch ist viel möglich, aber der Verbraucher entscheidet über die Relevanz“, sagte Christian Schmalzl, Vorstand des Werbedienstleisters Ströer, der Berliner Morgenpost. Deshalb müsse Beacon-Werbung „richtig gut“ sein.

Mit Blick auf iBeacon-fähige Empfangsgeräte hat die Veröffentlichung des iPhone 6 und iPhone 6 Plus für eine weitere Verbreitung gesorgt. Vor dem Launch des iPhones lag der Marktanteil von iBeacon-fähigen iPhones unter allen iPhones bereits bei 73 Prozent. Bei einem Marktanteil von 42,1 Prozent auf dem US-Markt war vor dem Launch der neuen iPhones damit fast jedes dritte Smartphone ein iBeacon-fähiges iPhone. Bei Smartphones mit Android ist mindestens die Version 4.3 Voraussetzung, die laut Google bei mehr als einem Drittel aller Geräte installiert ist. Gute Voraussetzungen also, dass 2015 das Jahr der Beacons wird.