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Vier IT-ler treffen sich im Rahmen eines Hackathons. Ihre Idee? Eigentlich simpel: Kinder bei längeren Autofahrten beschäftigen – und das ganze mit Lerneffekt. Das Ergebnis? Das Team gewinnt das codeFEST8, einen von Volkswagen ausgerichteten Wettbewerb im Rahmen der CeBIT 2015.

Es ist in letzter Zeit nicht unüblich, dass Großkonzerne auch im Bereich Mobilität bei der Innovationsfindung auch StartUps und deren Ideen mit ins Boot holen. Neben BMW, die schon mit mehreren Kooperationen in der StartUp-Szene von sich reden machten, weitet auch Volkswagen seine Aktivitäten in diesem Bereich aus. Beim codeFEST8 programmierten im ersten Schritt mehrere hundert Studenten an acht Universitäten im Rahmen von Hackathons IT-Lösungen rund um die Mobilität der Zukunft. Je zwei Teams pro Universität stellten ihre Ideen im Finale auf der CeBIT vor. Die Karlsruher Marcel Engelmann, Karl Lorey, Michael Sbitnev und Tobias Weis überzeugten die Jury am meisten – und planen nun die Zukunft von Road Genius.

techtag: Ihr vier habt euch erst im Rahmen des codeFEST8 kennengelernt – quasi „Liebe auf den ersten Code“. Wieviel Zeit hattet ihr, um euch für oder gegen eine Zusammenarbeit zu entscheiden?

Road Genius: Wir haben uns am Freitagabend vor dem eigentlichen Wettbewerb kennengelernt. Irgendwann kamen wir durch Zufall an einem Tisch zusammen. Wir hatten bis dahin alle noch kein Team, waren uns aber direkt sympathisch. Marcel hat dann zum Glück von seinem kleinen Bruder und seiner Idee zur Unterhaltung durch eine Quiz-App erzählt. Der Rest des Teams, also Michael, Karl und Tobias, war sofort begeistert und wir beschlossen die Idee gemeinsam umzusetzen.

Wie ergänzt ihr euch als Team? Und war euch von Beginn an bewusst, dass diese Teamarbeit so erfolgreich verlaufen würde?

Als Team arbeiten wir unwahrscheinlich gut zusammen. Wir kommen aus völlig unterschiedlichen Bereichen der Informatik mit verschiedenen Schwerpunkten. Dadurch konnte jeder seine speziellen Fähigkeiten in das Projekt mit einbringen. Insgesamt konnten wir so gemeinsam Probleme meistern, deren Lösung wir vorher als Einzelperson nicht für möglich gehalten hätten. Wir haben unglaublich eng zusammengearbeitet und jedes Teammitglied hat seinen Teil dazu beigetragen, Road Genius zu einem Erfolg zu machen. Im Nachhinein ist es kaum zu glauben, dass wir uns erst zu Beginn des Wettbewerbs kennengelernt haben. Für uns war die Zusammenarbeit etwas ganz besonderes und es ist wirklich ein Wink des Schicksals gewesen, dass wir in dieser Konstellation zusammen gefunden haben.

War das codeFEST8 euer erster Hackathon?

Für Michael und Karl war es der erste Hackathon, Marcel und Tobias hatten bereits ein paar Erfahrungen gemacht. Bei einem so großen Wettbewerb hatte jedoch noch keiner von uns mitgemacht. Besonders deshalb war es dann spätestens ab der CeBIT ziemlich spannend. Wir wollten im Wettbewerb hauptsächlich unsere App entwickeln und waren deshalb ohne größere Ambitionen auf den Sieg gestartet. Vielleicht war aber genau diese Konzentration auf die Problemlösung unser Vorteil. Insgesamt haben wir so viel an Erfahrung mitgenommen. Ein großer Dank gilt deshalb den Mentoren von VW, welche uns bei Fragen tatkräftig unterstützt haben, und natürlich der Volkswagen AG im Ganzen als Veranstalter des codeFEST8. Es war wirklich eine tolle Erfahrung.

Innerhalb von 28 Stunden eine App entwickeln – worauf muss man da achten, um sich im Entwicklungsprozess nicht zu verzetteln?

Es ist vor allem wichtig, dass die Aufgaben innerhalb der Gruppe klar verteilt sind und nicht in unterschiedliche Richtungen entwickelt wird. Außerdem war es für uns sehr wichtig, dass wir von Anfang an die wichtigen Entscheidungen im Team besprochen und beschlossen haben. Dadurch konnten wir alle Meinungen und Ideen mit aufnehmen und so ein optimales Ergebnis erzielen. Zum Erfolg beigetragen hat außerdem eine zentrale Verwaltung des Codes und die Nutzung von wenigen Verwaltungstools. Dadurch gab es nur eine zentrale Anlaufstelle und man konnte sich besser auf die eigentlichen Aufgaben konzentrieren. Entscheidend war am Schluss wahrscheinlich, dass wir mit relativ umfangreichem Konzept und lauffähigem Prototyp sowohl auf konzeptioneller als auch auf technischer Seite gut aufgestellt waren.

Eure App in einem Tweet!

#RoadGenius – Die ortsbasierte Quiz-App für Kinder gegen Langeweile auf Autofahrten. Mehr Informationen unter https://roadgenius.de

Eine App für quengelnde Kinder im Auto –seid ihr spontan auf diese Idee gekommen? Oder habt ihr jüngere Geschwister und kennt das Problem aus erster Hand – wart ihr vielleicht selbst der nörgelnde kleine Bruder…?

Unser Team-Mitglied Marcel hat einen kleinen Bruder und kann deshalb aus erster Hand über das Problem von quengelnden Kindern berichten. Allerdings kam ihm die Idee erst kurz vor dem Wettbewerb, als er sich Gedanken über die Teilnahme am codeFEST gemacht hat. Natürlich kennen auch unsere Eltern das Problem von früher, wir waren sicher keine ruhigen Kinder. Jeder wird sich an die Langeweile auf Autofahrten erinnern. Und genau da wollen wir mit Road Genius ansetzen, indem wir versuchen diese Langeweile zu bekämpfen. Besonders an diesem Konzept ist, dass das Kind angeregt sein soll, mit der Umgebung zu interagieren und diese zu erkunden. So soll das Kind gut unterhalten werden und trotzdem etwas lernen. Das tolle an Road Genius ist, dass jeder das Problem kennt und die Lösung so einfach zu erklären ist.

Woher bezieht ihr die Daten für eure App? Greift ihr da auf Wikitravel-Datenbanken oder Vergleichbares zu?

Natürlich können wir da nicht zu viel verraten, aber unter anderem spielt die Wikipedia eine Rolle. Hier haben wir freien Zugang zu einer Menge an ortsbasierten Informationen. Mit dem einfachen Abruf von Wikipedia-Artikeln ist es aber noch lange nicht getan. Es müssen zunächst altersgerechte Fragen generiert und selektiert werden. Hierzu haben wir uns einen umfangreichen Algorithmus überlegt, der das Niveau von Fragen einstuft. Weiterhin passen wir die Fragen dann auch explizit noch an den Wissensstand des Kindes an. Dies ist ein schmaler Grat, da die Fragen weder zu einfach noch zu schwer sein dürfen. Aber genau das gelingt uns mit diesem Algorithmus. Weiterhin gibt es natürlich in der angebundenen Community auch die Möglichkeit selbst Fragen einzusenden.

Spielt die Fahrtgeschwindigkeit eine Rolle für die Nutzung der App? Bei Tempo 180 km/h auf der Autobahn sieht man manche Punkte in der Umgebung ja doch eher nur vorbeifliegen…

Die Nutzung der App sollte auch bei Geschwindigkeiten jenseits der 180 km/h kein Problem darstellen. Da man sich bei diesen Geschwindigkeiten hoffentlich auf der Autobahn aufhält, sind die Fragen eh an die aktuelle Position, also an die Autobahn angepasst. Sollte man auf der Landstraße so schnell unterwegs sein, sind hoffentlich nicht erst die Bemerkungen der Kinder, Grund über die aktuelle Geschwindigkeit nachzudenken. Das ist aber generell und insbesondere bei Familien wohl eher unwahrscheinlich. Grundsätzlich bieten wir aber neben standortbezogenen auch normale Quiz-Fragen für den Ausnahmefall an. So können wir beispielsweise auch Strecken überbrücken, auf welchen keine Internetverbindung besteht.

Auf der CeBIT habt ihr eure Idee dann noch einmal vor der Jury vorgestellt und überzeugt – Wie war das so, in der großen Halle und in direkter Konkurrenz zu einem anderen Team die App zu präsentieren?

Die Vorstellung vor der Führungsebene der Volkswagen AG war ziemlich spannend. Man kann sich das ungefähr so wie bei DSDS vorstellen. Eine große Show mit Kameras, Moderatoren und alles live. In der Jury sitzt aber statt Dieter Bohlen die Führungsebene der Volkswagen AG, unter anderem CIO Martin Hofmann. Statt ein Lied vorzutragen, hatten wir dann eine Minute Zeit, um unsere Idee zu pitchen und eine weitere Minute, um eine Frage aus der Jury zu beantworten. Danach wurde dann per Voting entschieden, ob wir oder das andere Karlsruher Team ins Finale einziehen. Da das andere Karlsruher Team auch eine tolle Idee hatte, kam der große Vorsprung beim Einzug ins Finale für uns schon sehr überraschend. Als wir dann tatsächlich den ersten Platz gewonnen haben, waren wir einfach nur überwältigt. Erst Recht, als es am Ende sogar Standing Ovations des gesamten Publikums gab.

10.000 Euro Preisgeld – Herzlichen Glückwunsch! Habt ihr schon Pläne für die Nutzung der Prämie?

Wir werden auf jeden Fall an unserer Idee weiterarbeiten und die App weiterentwickeln. Nach dem Finale nehmen wir uns jetzt die Zeit, alles in Ruhe durchzugehen und zu planen. Wir glauben an Road Genius und werden die App mit allen verfügbaren Mitteln unterstützen. Natürlich müssen wir uns dafür überlegen, wie wir das Preisgeld am besten einsetzen.

In welcher Verpackung werden wir Road Genius in einem Jahr sehen? Als Anwendung, vernetzt exklusiv mit dem GPS meines neuen VW Golfs, oder doch als Reisebegleiter für Jedermann?

Wir haben diverse Möglichkeiten ausgemacht, wie es mit Road Genius weiter gehen kann. Natürlich ist die Vernetzung mit dem Navigationssystem eines Autos sehr spannend und würde einige Vorteile bieten. Wir können uns gut vorstellen, dass unsere App bald auf den Monitoren der Rückbank läuft. Aber auch als eigenständige App haben wir diverse Möglichkeiten interessante Konzepte zu verwirklichen, die es so bisher noch nicht gibt. In jedem Fall wollen wir nicht untätig bleiben und unsere App schlussendlich einer breiten Masse zur Verfügung stellen. Wie es letztendlich konkret weiter geht, wird sich in der nächsten Zeit klären. Wir wollen auch noch nicht zu viel verraten.

Das codeFEST wurde für Volkswagen von der Agentur Young Targets organisiert, die sich auf Hackathons und andere Recruitainment-Events spezialisiert hat.