Lesedauer ca. 6 Minuten

Im GründerView stellen wir spannende Startups und ihre Produkte vor. Aber auch das Leben als Gründer steht im Mittelpunkt der Fragen. Entstanden aus einem Projekt für Rocket Internet und finanziert über Bootstrapping bietet das Team von PhraseApp eine Software zur einfachen Simultan-Übersetzung von Webseiten und Apps. Wir haben mit Frederik, Mitgründer von PhraseApp, gesprochen.

Euer StartUp in einem Tweet!

#PhraseApp hilft Startups international erfolgreich zu sein. Über unsere Webanwendung können Software-Sprachdateien online übersetzt werden.

Wer oder was inspirieren dich?

GitHub ist als Produkt und Unternehmen ein großes Vorbild. Programmierer lösen ein Problem für sich selbst und andere Programmierer auf der ganzen Welt. Sie waren sehr lange mit einem kleinen Team sehr erfolgreich und sind nun rasant gewachsen. Auch PhraseApp ist als Entwicklerproblem entstanden, das wir eigentlich zunächst für uns lösen wollten. Es stellte sich aber schnell heraus, dass unsere Software auch vielen anderen Entwicklern die Arbeit bei der Internationalisierung und Übersetzung von Software erleichtert. GitHub ist auch ein Beispiel dafür, dass man auch ohne VC die erste Umsatzmillion erreichen kann.

Wie und wo kam euch eure Geschäftsidee?

Begonnen hat alles schon 2011 – damals haben wir die technische Plattform für Wimdu entwickelt. Oliver Samwer stellte uns dabei vor die Herausforderung Wimdu von Anfang an – und so schnell wie möglich – in 20 Sprachen anzubieten. Damals war es fast ein Ding der Unmöglichkeit, da es keine Software am Markt gab, die dieser Aufgabe gerecht wurde und in unseren agilen Entwicklungsablauf integriert werden konnte.
Also blieb uns nichts anderes übrig, als selbst die benötigten Tools zu bauen – damit konnten wir schneller übersetzen und den gesamten Prozess verwalten. Wir schafften es auch tatsächlich in weniger als zwei Monaten. Danach kamen wir schnell auf den Gedanken, dass wahrscheinlich auch andere Unternehmen vor dem gleichen Problem stehen. So wurde PhraseApp geboren.

Ihr seid also aus dem Rocket-Universum heraus entstanden. Seid ihr nun komplett eigenständig unterwegs? Eure Finanzierung lief ja per Bootstrapping…

Neben Rocket Internet waren wir als Firma für viele andere, wie z.B. Wunderlist, Axel Springer und Metro aktiv. Aber PhraseApp ist unser erstes in Eigenregie entwickeltes Produkt und komplett über Bootstrapping gewachsen. Wir konnten glücklicherweise aus Kapital heraus operieren, das wir über Entwicklungsdienstleistungen einnahmen. Unser Existenzrisiko konnten wir damit niedrig halten, da wir jederzeit die Möglichkeit hatten, uns wieder ausschließlich dem Dienstleistungsgeschäft zu widmen. Allerdings hat diese Doppelbelastung zeitweise einen klaren Fokus auf PhraseApp schwieriger gemacht. Unser Antrieb bei der Gründung war stets größtmögliche Unabhängigkeit zu erreichen und diese auch zu bewahren, daher war Bootstrapping für uns der optimale Weg.

Woher kommen denn die Übersetzungen? Und welche Sprachen habt ihr so im Portfolio?

Wir bieten über mehrere integrierte Partner Übersetzungen in über 50 Sprachen an. Viele unserer Kunden bringen allerdings auch ihr eigenes Übersetzerteam mit, das dann direkt mit unserer Software arbeiten kann. Das Übersetzungsprojekt wird in PhraseApp an einem zentralen Ort zusammengefasst und der aktuellste Übersetzungsstand ist immer sofort für die Veröffentlichung verfügbar. Dabei können Programmierer, Projektmanager und Übersetzer in unserer Software zusammenarbeiten und so Verzögerungen und Fehler vermeiden, die bei komplexen Übersetzungsprojekten oft entstehen.

Welche App darf auf keinem Smartphone fehlen?

Meine Lieblingsapp ist gerade Duolingo. Mit Duolingo kann man ganz einfach – und gratis – neue Sprachen lernen. Damit versuche ich gerade etwas Russisch zu lernen und mein Französisch etwas aufzufrischen. Die App funktioniert besonders gut mit Englisch als Ausgangssprache. Außerdem bin ich seit den Tagen bei Simfy recht audiophil, daher kann ich Mimi Music empfehlen. Zuammen mit einer Hörtestapp verändert Mimi Music den Klang von abgespielter Musik aus Soundcloud oder der iPod App und das Ergebnis ist unglaublich: Besserer Klang bei geringerer Lautstärke.

Screenshot der Software von PhraseApp
Webbasiert und somit für das Unternehmen von überall zugriffsbereit: Das Übersetzungstool. (Screenshot PhraseApp)

Was ist deine Empfehlung für die Mittagspause?

Headspace. Der Fitnessklub für den Kopf. Einfach mal 10-Minuten abschalten und mit der App in sich gehen, um etwas zur Ruhe zu kommen.

Ihr sitzt in Palo Alto und in Hamburg… Was kann die Perle, was das Valley nicht kann?

Beide Städte haben ihre individuellen Schwächen und Stärken. Hamburg ist unsere Heimat und bietet einen Gegenpol zur Start-up Bubble im Valley. Hier bündeln wir unsere Kräfte und können uns klar auf unsere Aufgabe fokussieren, PhraseApp noch besser und größer zu machen. Außerdem haben wir gerade hier Zugang zu hervorragenden Talenten, die eine hands-on Mentalität besitzen, da wir uns von anderen Firmen als attraktiver Arbeitgeber absetzen können. All das macht Hamburg für uns zu einem perfekten Gegenpol zum Valley und somit können wir das Beste aus beiden Welten kombinieren.

Ihr seid Teil des German Accelerator Programms und konntet eure Förderphase jetzt noch einmal verlängern. Was nehmt ihr aus dieser Zeit mit?

Generell kann ich jedem Startup und Gründer empfehlen an einem Acceleratorprogramm in den USA teilzunehmen und sich dafür zu bewerben. Man lernt hier vor allem das eigene Unternehmen nochmal von allen Seiten zu beleuchten und sich kritisch damit auseinanderzusetzen. Das Feedback, das wir erhalten haben ist Gold wert, genauso wie der Austausch mit spannenden Mentoren und erfahrenen Gründern. Die Amerikaner haben zum Thema Gründen einfach nochmal eine andere und viel pragmatischere Einstellung. Natürlich konnten wir über das Programm in den USA auch einfacher an potentielle Kunden herantreten.

Habt ihr als Gründerteam schon einen normalen Büroalltag? Wie stellt ihr sicher, dass bei der Kommunikation über den Atlantik hinweg keine relevanten Infos verloren gehen?

Das verteilte Arbeiten erfordert oft Skypecalls zu Zeiten außerhalb des normalen Arbeitstages und deutlich mehr Planung der Kommunikation. Wir versuchen uns bestmöglich auf die Aktivitäten zu fokussieren, die im jeweiligen Land am besten umzusetzen sind. Wenn man gerade in den USA ist, sollte man sich nicht zu sehr aus der Ferne in die Produktentwicklung einmischen. Gleichzeitig kann man in den USA sehr viel einfacher mit Kunden vor Ort Termine wahrnehmen und so den Vertrieb vereinfachen. Wir haben schon einen gut strukturierten Produktentwicklungsalltag und versuchen nun auch Bereiche wie Marketing und Sales in dieser Form aufzubauen.

Und zu guter Letzt: Dein Rat für jeden Gründer?

Gründern, die sich gerade in der Gründungsphase befinden oder erst gründen wollen, kann ich nur raten schon im Gründungsteam zu berücksichtigen, dass sich das Team in den jeweiligen Fähigkeiten und Persönlichkeiten ergänzt. Gerade im Hinblick auf die Zukunft kann dies einem viel Zeit und Mühe ersparen. Je mehr betriebliche Bereiche man bereits mit den Gründern qualifiziert abdecken kann, desto geringer ist der Aufwand für das Finden ergänzender Teammitglieder.

Es gibt ein Buch, das ich jedem Gründer ans Herz legen kann: “Disciplined Entrepreneurship” von Bill Aulet – meiner Meinung nach die bestinvestierten 30 Euro eines Gründers. In 24 Schritten führt er konkret durch die Grundlagen der Entwicklung von Ideen mit potenziellen Kunden bis hin zur erfolgreichen Umsetzung.

Ansonsten gilt es, jede Möglichkeit zu nutzen, um das eigene Unternehmen und Produkt in einem öffentlichen Rahmen zu präsentieren – auch wenn es vielleicht nicht jedermanns Sache ist und erstmal Überwindung kostet. Wenn niemand davon erfährt, ist es egal wie gut euer Produkt ist. Also geht raus und nutzt jede Chance darüber zu sprechen.

Über PhraseApp

PhraseApp synchronisiert Software-Sprachdateien mittels eines Onlineservices und ermöglicht deren verteilte Übersetzung und Bearbeitung im Browser. Internationale Märkte werden mit übersetzten Inhalten und Interfaces besser addressiert – schneller und einfacher als je zuvor. Gegründet wurde PhraseApp von Wolfram Grätz, Tobias Schwab und Frederik Vollert. Das Unternehmen hilft mittlerweile über 500 namhaften Kunden – unter anderem Kreditech, Bosch, Xing, Meetup und vielen weiteren – dabei ihre Softwareprodukte erfolgreich zu übersetzen.
www.phrase.com/de

Dein StartUp im GründerView? Mail an svb(at)techtag.de