Lesedauer ca. 5 Minuten

Im GründerView stellen wir in regelmäßigen Abständen die StartUps aus Baden-Württemberg vor. Expertise leicht und per Videochat zu verschiedenen Themen austauchen? Guzz ist eine Video-Plattform, die nach dem Prinzip „Ich weiß, was du nicht weißt“ funktioniert. Wie Gründer Tom Brückner auf die Idee gekommen ist und was er von der Share Economy Bewegung hält, erklärt er uns im Gründerview.

techtag: Euer StartUp in einem Tweet!

#Guzz ist eine Community, in der sich Menschen über Video-Chat in praktischen Dingen unterstützen

Wer oder was inspirieren Dich?

Menschen, die neue Ideen einfach mal ausprobieren, ohne sie gleich als undurchführbar zu verwerfen. Beste Beispiele: Google X und Elon Musk.

Welche App darf auf keinem Smartphone fehlen?

Guzz natürlich :-)

Was hat Dich motiviert, selber zu gründen anstatt beispielsweise weiter in dem Softwarehaus zu arbeiten, in welchem Du nicht nur 12 Jahre erfolgreich warst, sondern das Du auch mit aufgebaut hast?

Ganz einfach: meine Neugier. Wir waren sehr erfolgreich und hatten tolle Kunden, quasi einmal den DAX rauf und runter. Trotzdem fühlte sich das alles auf Dauer wie ein „Tanker“ an, das Unternehmen ist ja auch kräftig gewachsen (und wächst immer noch).

Am wohlsten habe ich mich immer in der Sturm-und-Drang-Phase eines Startups gefühlt, wenn es jeden Tag etwas Neues zu entdecken gibt und man nie so recht weiß, ob das eigene Projekt wirklich ein Erfolg wird.

Wie und wo kam dir deine Geschäftsidee?

Als an einem Wochenende meine Waschmaschine ihren Geist aufgab und ich vergeblich auf YouTube und anderswo nach passenden Reparaturanleitungen gesucht habe. Nicht fündig geworden, habe ich prompt die falsche Pumpe bestellt und mich tierisch geärgert. Warum kann man nicht einfach zum Smartphone greifen und einen Hobbytechniker kontaktieren, der mal fünf Minuten draufschaut? Schnell wurde mir klar, dass diese Grundidee auf unendlich viele Alltagssituationen übertragbar ist, nicht nur auf Reparaturen.

tom brückner von guzz
Die Neugier überwog und Tom Brückner beschloss als Gründer noch einmal von vorne anzufangen. (Bild: Tom Brückner)

Bei Guzz kann man also per Video-Chat Menschen helfen. Nach dem Motto: „Ich weiß, was Du nicht weißt und umgekehrt“ kann man entweder selber „Guzz-Guru“ werden oder sich von anderen Gurus beraten lassen. Kannst Du uns dazu mehr erklären?

Guzz kommt immer dann zum Einsatz, wenn die Unterstützung eines „echten Menschen“ benötigt wird, um ein individuelles Problem zu lösen, eine neue Fertigkeit zu lernen oder eine komplexe Entscheidung zu treffen. Zum Beispiel: beim Sprachenlernen mit einem Muttersprachler am anderen Ende der Welt; beim Einüben eines komplexen Riffs mit einem Gitarrenlehrer; oder wenn man bei der Entscheidung über einen Hauskauf eine „dritte Meinung“ benötigt.

Guzz funktioniert im Kern sehr ähnlich wie Skype, bietet aber zusätzlich eine Match-Making-Community, über die Ratsuchende und „Gurus“ zusammenfinden. Wir vermeiden bewusst den Begriff „Experte“, da es bereits genügend „Expertenportale“ gibt. Guzz ist eine Share-Economy-Plattform, bei der jeder Ratsuchende zugleich auch Guru für seine eigenen Themen sein kann, ähnlich wie das bei YouTube der Fall ist.

Erklärvideos und Anleitungen zu bestimmten Themen könnte man ja auch auf YouTube und anderen Foren finden. Was für Vorteile steckt hinter Guzz?

Die Filme auf YouTube helfen sicher in sehr vielen Fällen weiter, sind aber vorproduziert und können deshalb nicht auf individuelle Fragen eingehen. Guzz ist hingegen „live“, die Unterstützung erfolgt im Dialog mit einem echten Menschen. Gegenüber Foren muss man sein Problem dabei auch nicht erst umständlich in textuelle Form bringen. Zudem kann man über Guzz Feedback zu Dingen erhalten, die man kaum in einem Forum publizieren würde, wie z. B. einen Hausplan.

Guzz nutzt obendrein die Möglichkeiten eines Mobiltelefons gezielt aus. So kann man beispielsweise beide Kameras nutzen, um das Griffbrett einer Gitarre zu zeigen; oder das zu reparierende Fahrrad; oder einen Baum im eigenen Garten, den man korrekt beschneiden möchte. Daraus ergeben sich komplett neue Anwendungsszenarien für eine Live-Beratung.

Viele Größen wie Airbnb und Uber werden häufig kritisiert, keine authentischen Sharing-Economy Plattformen zu sein, sondern lediglich Dienstleistungen zu günstigeren Preisen. Guzz beruht auf gegenseitige Hilfe ohne materielle Gegenleistung– inwiefern siehst Du da einen Unterschied?

Ich kann diese Kritik an Airbnb und Uber zwar nachvollziehen, halte sie aber für wenig zielführend. Disruptive Angebote werden unseren Alltag immer ein Stück weit umkrempeln. Sich an altbewährte Geschäftsmodelle zu klammern, hilft nicht viel. Ich bin mir auch nicht sicher, ob der Begriff „Sharing Economy“ zwangsläufig Kostenfreiheit beinhalten muss. Denn ich „teile“ bei Airbnb ja durchaus meine Wohnung, wenn auch entgeltlich.

Dass Guzz komplett auf materielle Gegenleistungen verzichtet, ist übrigens nicht ganz richtig. Wir werden unseren Gurus in Zukunft die Möglichkeit bieten, ihre Leistungen auf Wunsch auch gegen Bezahlung anzubieten. Nicht nur, um Guzz darüber zu refinanzieren, sondern auch, weil dies für die Gurus einen zusätzlichen Anreiz darstellen kann, ihr Wissen „live“ zu teilen. Das bedeutet aber nicht, dass Guzz eine komplett kommerzielle Plattform werden wird. Vielmehr werden die Gurus wählen können, ob sie ihre Leistungen kostenfrei, gegen einen festen Stundensatz oder auf Trinkgeldbasis anbieten möchten. Uns ist es gleich, ob jemand kostenfreie Unterstützung beim Bau einer Modelleisenbahn oder kostenpflichtige Gitarrenstunden anbietet – jeder ist willkommen. Gerade das von Twitch inspirierte Trinkgeldmodell halten wir für besonders spannend, senkt es doch die Hürde für die Ratsuchenden, sich am Ende erkenntlich zu zeigen.

Karlsruhe ist für Gründer…

…grundsätzlich sehr gut aufgestellt, aber nicht unbedingt für C2C-Modelle (dafür geht man vielleicht besser nach Berlin oder gleich ins Valley).

Dein Rat für jeden Gründer?

Erst dann auf Investoren oder Acceleratoren zuzugehen, wenn nennenswerte Traktion vorhanden ist. Vorher macht es keinen Sinn. Ansonsten denke ich aber, Fehler gehören zum Gründen einfach mit dazu, und nur über Fehler kommt man voran.

In deiner Playlist läuft gerade … rauf und runter.

Fiva und Låpsley

Über Guzz

Für vieles gibt’s eine App, aber nicht für die praktischen Dinge des Lebens. Guzz will das verändern. Die Guzz Community vermittelt Menschen, die sich live per Video-Chat beim Problemlösen, beim Lernen und beim Treffen von Entscheidungen helfen – wenn YouTube und Foren überfordert sind. Lasst Euch unterstützen beim Reparieren Eures Fahrrads, bei der Gestaltung Eurer Wohnung, beim Erlernen eines Instruments – oder sogar beim Beschnitt eines Baums in Eurem Garten. Und jeder kann selbst zum Guzz-Guru werden.
www.guzz.io

Dein StartUp im GründerView? Mail an akbaba(at)techtag.de