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Im GründerView stellen wir regelmäßig die Startups aus der Region und ihre Ideen vor. Eine längere Aufmerksamkeitsspanne, erholsamerer Schlaf oder mehr Kreativität durch Training der Gehirnaktivität. Wer hat nicht schon davon geträumt? Das Team von brainboost Neurofeedback nutzt diese, bei ADHS oder Epilepsiepatienten längt gängige Methode für einen breiten Kundenstamm. Tobias Heiler, Co-Founder des Startups stellt sich unseren Fragen.

techtag: Euer Startup in einem Tweet!

Tobias Heiler: #Gehirntraining 2.0; wir boosten dein Gehirn durch Neurofeedback; mehr Lebensqualität und geistige Leistungsfähigkeit. Im Herzen von München.

Ihr nutzt die Neurofeedback-Technik, um sowohl medizinische und psychische Erkrankungen zu heilen, als auch zur Steigerung der Lebensqualität von gesunden Menschen. Also ein gemischter Kundenstamm?

Genau, ein gemischter Kundenstamm aus Patienten, Sportlern, Managern, Studenten und Schülern. Beim Training und bei den Trainingszielen gibt es aber oft Überschneidungen, da wir mit dem Neurofeedback ganz gezielt bestimmte Symptome oder Aktivitätsmuster angehen. Der Wunsch nach besserer Konzentration kann beispielsweise bei einem Manger oder Studenten bestehen, weil hohe geistige Anforderungen gestellt werden, bei einem anderen ist ADHS oder Depression der Grund für eine eingeschränkte Aufmerksamkeit.
Zusätzlich zu den individualisierten und maßgeschneiderten Neurofeedback Trainingsprotokollen bieten wir außerdem noch für jede Zielgruppe Zusatzangebote, beispielsweise Lerntyp-Analyse und Lerncoaching für Schüler und Studenten.

Wie kann man sich den Ablauf einer Neurofeedback Session vorstellen?

Vor dem eigentlichen Training steht die Analyse bzw. Diagnostik. Dazu erstellen wir ein Bild von den Verhaltensmustern des Gehirns, ein sogenanntes quantitatives EEG. Mit diesen Daten und den Informationen aus dem ausführlichen Aufnahmegespräch wird dann das eigentliche Neurofeedback Training geplant und durchgeführt.

Beim Training wird zunächst eine EEG-Kappe aufgesetzt, eine minimalistische Version, die nur die wichtigen Positionen mit Elektroden versorgt. Dadurch stört die Kappe nicht und die Frisur wird nicht unnötig verwüstet. Es wird dann sofort ein ordentliches Signal an den Computer gesendet. Das Trainingsprotokoll wählt dann daraus die entsprechenden Daten aus, beispielsweise die „Konzentrations-Aktivität“. Dies ist natürlich stark vereinfacht, aber im Prinzip kann man es sich so vorstellen. Dem Trainierenden wird diese Aktivität dann widergespiegelt, in einer Form die leicht verständlich ist, etwa als Töne oder geometrische Formen auf einem Bildschirm, die die Größe in Abhängigkeit von der Aktivität ändern. Etwas spannender und daher sehr beliebt: Musik, die laut und leise wird, oder Filme, die hell und dunkel oder klein und groß werden. Dabei können sich die Trainierenden bei uns Ihre Wunschmusik oder Ihren Wunschfilm aussuchen.

Dann wird etwa 40 Minuten ferngeschaut, wobei der Trainierende stets versucht, das Bild des Filmes groß oder hell zu kriegen. So lernt er seine Gehirnaktivität besser wahrzunehmen und auch zu trainieren. Am Anfang eher unbewusst, später stellt sich normalerweise ein gewisses Maß der Kontrolle ein. Für viele ein richtiger Boost für das Selbstbewusstsein: Sie können jetzt ihre Gehirnaktivität kontrollieren.

Patient bei einer Neurofeedback Behandlung
Patient bei einer Neurofeedback Behandlung (Bild: Brainboost Neurofeedback)

Euer Unternehmen existiert seit dem Februar dieses Jahres und besteht aus Mitarbeitern, die aus verschiedenen Bereichen stammen – wie beispielsweise aus der Medizin, BWL und Sportwissenschaft. Wie habt Ihr Euch gefunden und wie kam es dann zur Gründung Eures Startups?

Zum Glück sind Philipp (Arzt) und Tobi (Sportwissenschaftler + BWL) Brüder, das hat die Suche doch ziemlich vereinfacht. Max ist ein alter Schulfreund von beiden und war daher auch recht schnell überzeugt; so ist ein Team entstanden, in dem jeder die Stärken und Schwächen des anderen kennt, und sich voll vertrauen kann. Das zentrale Element der Gründung war tatsächlich das Neurofeedback selbst, wir haben also nicht ein Problem identifiziert und eine Lösung gefunden, sondern wir hatten eine Technologie für uns entdeckt, die eine Lösung für viele Probleme sein könnte. Und genau diese Anwendungsfälle wollen wir finden, und dabei das Neurofeedback selbst auch noch weiterentwickeln. Mit diesem Unternehmensziel haben wir brainboost gegründet.

Wir haben dann natürlich unsere Nähe zu den zwei super Universitäten in München genutzt, um Werkstudenten und Praktikanten in den entsprechenden Feldern zu finden.

Über welche Stolpersteine musstet Ihr während der Gründung steigen?

Der Aufbau einer fundierten Expertise im Bereich Neurofeedback hat sich recht schwierig gestaltet. Das Wissen ist sehr verstreut und bruchstückhaft, und geht auch bei vielen Institutionen nicht über Basiswissen hinaus. Wir haben daher Monate lang recherchiert und experimentiert, Paper gelesen und verglichen, eigene Protokolle entwickelt und viele Nächte getestet, bis wir schließlich zufrieden waren. Unser Ziel ist es, das perfekte Neurofeedback anzubieten, und dafür scheuen wir keine Mühen. Wir können jetzt alle gängigen Neurofeedback-Techniken anbieten, vom quantitativen EEG und dem innovativen LORETA, über Z-Wert, ISF bis klassische Amplitudentraining.

Da wir zum Teil schon einige Jahre Gründungserfahrung haben, konnten wir die großen Anfängerfehler vermeiden, aber wir sind dafür natürlich auch wieder auf andere Probleme gestoßen.

Habt Ihr als Gründerteam schon einen normalen Büroalltag? Oder gibt es noch jeden Tag ein neues Erlebnis?

Einen normalen Büroalltag haben wir zum Glück nicht, sonst wäre es ja langweilig. Grundsätzlich wird das ohnehin schwierig, da wir ja ein Hybrid-Startup aus Arztpraxis, Coaching-Unternehmen und Marketing-Mission haben. Zudem sind wir kürzlich in eine größere Praxis/Büro umgezogen, es kann also schonmal sein, dass zwischen 2 Behandlungen schnell gestrichen werden muss. Aber genau so soll es ja auch sein. Wir stecken sehr viel Arbeit und eigene Ideen in brainboost, und dabei sind wir schon recht perfektionistisch.

In welchem Startup würdet Ihr gerne mal einen Tag Einblick in den Arbeitsalltag bekommen?

Tobi: UNU Elektro Roller. Die Produktenwicklung und Produktion, die Road Map. [Tobi ist (Elektro)Mobilitätsfreak]

Philipp: Ein Gastro-Start-Up, z.B. Urban Soup aus München, da Kochen eine Leidenschaft von mir ist. Lebensmittel mit höchster Qualität verarbeiten und dann unter einem schön designten Label anbieten… ein Traum.

Max: Finanzchef24.de, mich interessieren Investmentmöglichkeiten und Finanzierung generell.

Als Gründer ist man doch immer auf der Suche nach Kapital… Was würdet Ihr mit einem Investment von, sagen wir 200.000 €, machen?

Da könnten wir erstmal unser Team weiter vergrößern, und unsere fleißigen Werkstudenten etwas entlasten. Wir haben viele gute und sinnvolle Ideen, die aber leider etwas weiter unten auf der To-Do Liste stehen, da wir primär das Tagesgeschäft am laufen halten. Mit dem Investment könnten wir da etwas weniger streng sein, und etwas gewagtere Projekte verfolgen. Insgesamt kommen wir aber auch jetzt ganz gut zu recht, wir bekommen Kreativität und Produktivität gut unter einen Hut.

Was sind die nächsten Ziele, welche Ihr Euch für Euer Unternehmen gesetzt habt?

Wir sind aktuell noch in einer Phase, wo die meisten kurzfristigen Ziele eher unspektakulär sind, z.B. Büro/Praxis fertig einrichten oder Website neu designen. Mittelfristig möchten wir auf jeden Fall unsere 2 großen Projekte auf den Weg bringen, den Einstieg in das Betriebliche Gesundheitsmanagement und unser Neurocoaching für Studenten an die Unis zu bringen. Die Produktentwicklung dafür ist beinahe abgeschlossen, jetzt steht hauptsächlich Marketing an. Bis Ende des Jahres sollten wir das aber auf jeden Fall hinkriegen. Und nächstes Jahr steht ja eventuell schon ein zweiter Standort an…

Über brainboost Neurofeedback

Wir ermöglichen Menschen, das Potenzial ihres Gehirns besser zu nutzen. Dadurch steigert sich die Leistungsfähigkeit, aber auch die Lebensqualität.
Dies wird durch Neurofeedback erreicht, einer wissenschaftlich-medizinischen Technik. Die Gehirnaktivität und verschiedene Verhaltensmuster können in Echtzeit dargestellt, analysiert und dann trainiert werden, z.B. für den therapeutischen Bereich, im Sport oder Coaching. Das brainboost Team besteht aus Ärzten, Sport- und Gesundheitswissenschaftlern.
http://www.brainboost-neurofeedback.de/

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