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Ein kostenfreies Büro, in dem ich als Gründerin im Umfeld von Gleichgesinnten ungestört an meinem Geschäft feilen kann – das hätte ich auch gerne gehabt. Ich sitze mit Andreas Fischer, Vorstand der PionierGarage Karlsruhe im frisch gegründeten Launchpad, dem ersten studentischen Startup-Inkubator Deutschlands. In einer versteckten Ladenzeile in der Rintheimer Straße steht Gründern seit kurzem eine ca. 240 Quadratmeter große Fläche zur Verfügung, in denen sie gemeinsam im Team an ihren Ideen arbeiten können.

Aus der Not wurde eine Tugend: Raumsucher werden zu Raumvermietern

„In der Vergangenheit gab es immer wieder Probleme, die passenden Räume zu finden, um an seiner Gründungsidee weiterzuarbeiten“, sagt Andreas. An der Universität habe man sich immer wieder mit den Instituten absprechen müssen, welche Räume gerade frei seien – dauerhafte Verfügbarkeit habe es nicht gegeben. Im Launchpad, das vom Team der PionierGarage (Hochschulgruppe für Entrepreneurship am KIT) initiiert wurde, ist das anders: 24/7 steht den Mietern künftig die Türe offen. Bei der Aufteilung der Teams auf die drei möglichen Büroräume gilt das Fitnessstudio-Prinzip: Erst einmal überbuchen und dann sehen, wie viele Platz finden. Da die meisten Teams noch studieren, gehen die Launchpad-Gründer davon aus, dass die Schreibtischplätze jeden Tag anders verteilt werden – „vorausgesetzt, die Gründer haben dann überhaupt noch Interesse daran, die Vorlesungen zu besuchen“, fügt Andreas grinsend hinzu.

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Professionelle Büromöbel statt WG-Couch: Der Entwicklung eines MinimumViable Products sollte im studentischen Inkubator nichts mehr im Wege stehen. (Bild: Launchpad)

Wem steht Launchpad offen?

Im Launchpad wünscht man sich Gründer aus dem studentischen Umfeld, die noch ganz am Anfang stehen. Hier sind diejenigen genau richtig, die eine gute Idee haben und diese in eine erste Produktversion, ein Minimum Viable Product, umsetzen wollen.

Zu den Gründerteams, die bereits ihren Einzug angekündigt haben, gehören:
•    myProducts GmbH, die eine einzige Schnittstelle zur Kundeninteraktion bieten
•    mytourapp, der persönliche Online-Reiseführer
•    spiderless, die Webshops nach Produktinformationen crawlen
•    proto3 für 3D-Entwurf, Scan und Druck
•    MagmaForm, die individuelle Plätzchenausstechform herstellen
•    Pulspartner, die sich der Digitalisierung von Vertriebsprozessen in der Medizintechnik annehmen

Die Initiatoren rechnen damit, dass die Teams 6 bis 9 Monate im Launchpad bleiben. Danach, wenn die Gründer hoffentlich auf stabileren Beinen stehen, können andere Möglichkeiten in Erwägung gezogen werden wie z. B. das eigene Büro oder ein Platz im CyberLab.

Ein kostenfreies Büro für Gründer – Doch wer finanziert das?

Große, namhafte Unternehmen wie EnBW, Daimler und Papier Fischer zahlen die Miete. Die Motivation der Unternehmen ist unterschiedlich: Einerseits wollen diese erste Berührungspunkte mit der Start-up-Szene schaffen, andererseits hätten sich die Gründer solche Möglichkeiten auch für sich gewünscht, als sie selbst am Anfang ihrer Gründung standen. Die Mietverträge mit dem Eigentümer sind zum Glück so flexibel gestaltet, dass sich das Konzept erst einmal bewähren darf, ohne gleich den Verpflichtungen eines mehrjährigen Vertrags unterlegen zu sein.

Was die Ausstattung angeht, ist noch ist nicht alles perfekt im studentischen Inkubator: Es fehlen zum Beispiel noch abschließbare Schränke, Monitore oder Beamer für Präsentationen. Sachspenden werden daher gerne angenommen. Ansonsten setzen die Launchpad-Gründer auf Selbstorganisation. Jeder Mieter muss mitanpacken, um Launchpad schöner zu gestalten. Eine „Mutti für alle“, die allein für die Organisation zuständig ist, kann es im Moment noch nicht geben. Hands-on-Mentalität ist gefragt und darf von Karlsruhes zukünftigen Gründern auch erwartet werden.

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Der Beitrag fürs „Vereinsheim“: Die Launchpad-Initiatoren setzen auf Selbstorganisation. (Bild: Launchpad)

Was bekommt derjenige, der ins Launchpad einziehen will?

•    Einen vollwertige Arbeitsplatz mit 24/7-Zugang
•    Ein bestehendes Netzwerk durch jahrelange Arbeit der PionierGarage
•    Regelmäßige Events mit Experten zu aktuellen Themen
•    Kontaktvermittlung an wichtige Partner und Institutionen
•    Austausch mit anderen Gründerteams
•    Einen Coworking-Raum für flexible Tagesmieter
•    Einen Konferenzraum für Besprechungen mit Kunden

Das Launchpad in ein paar Jahren – Was ist die Vision?

Das Launchpad soll sich als Gründungszentrum etablieren und ein fester Bestandteil der Karlsruher Gründerszene werden. Anstatt auf das nächste Gründergrillen oder PionierGaragen-Treffen zu warten und Kontakte eher zufällig zu treffen, soll das Launchpad ermöglichen, dass sich Gründer täglich sehen. Wer jeden Tag nebeneinander arbeitet, der kommt viel schneller miteinander in Kontakt und kann sich bei typischen Problemen auch direkt unterstützen, so die Vorstellung der PionierGarage. Durch den regelmäßigen Austausch können damit auch typische Gründungsprobleme oder Fehlentwicklungen vermieden werden. Das Launchpad soll den Gründern die Infrastruktur bieten, die sie im heimischen WG-Wohnzimmer nicht haben und damit ungestörtes Arbeiten am eigenen Unternehmen ermöglichen. Nicht zuletzt erhoffen sich die Initiatoren dadurch auch, die im ersten Gründungsjahr besonders hohe Sterberate der Start-ups zu verringern und die Zahl der erfolgreichen Gründungen aus Karlsruhe zu erhöhen.

„Und was passiert mit denjenigen, die einmal groß genug werden und das Launchpad verlassen?“, fragte ich. Auch dafür hat das Launchpad-Team einen Plan: Diejenigen, die vom Launchpad profitiert haben, sollen etwas an die nachfolgende Gründergeneration zurückgeben – z. B. in Form von Mentoring oder Coaching.

Wer jetzt Lust bekommen hat, dem WG-Wohnzimmer Adé zu sagen und allein oder mit seinem Gründerteam ins Launchpad einziehen möchte, kann sich direkt über die Website bewerben.