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Was hat die Share Economy mit einem nachhaltigen Lebensstil zu tun? Und welche Rolle spielen soziale Innovationen in diesem Zusammenhang? Diese und weitere Fragen beantwortet Thomas Wagner am vergangenen Donnerstag in seiner Keynote auf dem shareBW-Kongress im ZKM in Karlsruhe.

Thomas Wagner arbeitet für das Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production, kurz CSCP. Hört sich kompliziert an, ist es aber nicht: Das CSCP wurde 2005 vom United Nations Environmental Programme (UNEP) und dem Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt und Energie gegründet.  Der „Think and Do Tank“ berät Kunden aus Politik und Wirtschaft in den Bereichen nachhaltiger Konsum und Produktion.

Unser Lebensstil ist entscheidend

Laut Wagner gilt es in der Debatte rund um die Share Economy und Digitalisierung drei Fragen zu beantworten:

  1. Welche Bereitschaft habe ich als Individuum, mein Verhalten zu ändern?
  2. Kann der Bürger aktiv zu Lösungen beitragen?
  3. Welche gesellschaftlichen Normen und Werte sind uns hierfür wichtig?

Es ist enorm wichtig, Antworten auf diese Fragen zu finden und entsprechende Konsequenzen daraus zu ziehen. Schon heute leben wir extrem ressourcenintensiv, um unsere hohen materiellen Bedürfnisse abzudecken. Wir haben es bislang nicht geschafft, die uns zur Verfügung stehenden Ressourcen effizient zu nutzen. Der Happy Planet Index macht das deutlich: Wenn jedes Land so konsumieren würde, wie die USA, bräuchten wir mehr als sechs Planeten, um den Bedarf zu decken. Wir haben aber nur einen.

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Wenn jedes Land so konsumieren würde, wie die USA, bräuchten wir mehr als sechs Planeten, um den Bedarf zu decken. (Bild: cscp)
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Diese Grafik verdeutlicht das Verhalten eines durchschnittlichen Konsumenten in einem Industrieland. (Bild: cscp)
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Jeder Konsument hat einen anderen „Fußabdruck“ auf dieser Welt, welcher aus verschiedenen Bedürfnissen und Ansprüchen besteht. (Bild: cscp)

Diese Grafiken verdeutlichen ganz gut, welch große Vielfalt an Bedürfnissen und Ansprüchen existiert – und wie sich diese von Land zu Land unterscheiden. „Man muss die Bedürfnisse der Menschen verstehen, um unterschiedliche Lebensstile zu verstehen,“ erklärt Wagner. „Jemand, der in Brasilien auf dem Land lebt und ein Auto braucht, um irgendwo hinzukommen, hat andere Ansprüche als jemand, der in einer Großstadt in den USA lebt, in der der öffentliche Nahverkehr gut ausgebaut ist. Aus diesem Grund muss man sich immer anschauen, was in einer Gesellschaft vorhanden ist.“

Soziale Innovationen sind gefragt

„Soziale Innovationen sind neue Wege, Ziele zu erreichen, insbesondere neue Organisationsformen, neue Regulierungen, neue Lebensstile, die die Richtung des sozialen Wandels verändern, Probleme besser lösen als frühere Praktiken, und die deshalb wert sind nachgeahmt und institutionalisiert zu werden“

Dieses inzwischen fast 30 Jahre alte Zitat von Wolfgang Zapf ist heute aktueller denn je. Denn wenn der shareBW-Kongress in Karlsruhe eines gezeigt hat, dann dass es für eine funktionierende Share Economy unabdingbar ist, dass wir uns von alten Mustern lösen und Neues wagen.

„Sharing Economy-Modelle können den Wechseln von Verhaltensweisen auf individueller Ebene unterstützen und die Bürger als Teil der Lösung integrieren,“ meint Thomas Wagner. „Soziale Normen und Werte entwickeln sich. Und am Ende liefert die Sharing Economy so Lösungen für die verschiedenen Bedürfnisse der Bürger. Soziale Innovationen werden nutzbar gemacht.“

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Die fünf Typen der sozialen Innovationen zeigen deutlich, dass die Share Economy eine wichtige Rolle spielt. (Bild: cscp)

Ein Blick auf die fünf Typen sozialer Innovationen, verdeutlicht, dass die Sharing Economy bei jeder dieser Innovationen eine wichtige Rolle spielt:

  • Do-it-together: Man organisiert gemeinsam Aktivitäten für nachhaltigen Konsum. Gemeinschaftsgärten und die solidarische Landwirtschaft sind nur zwei Beispiele von vielen.
  • Konsumgemeinschaften: Sie ermöglichen kollaborative Konsumformen. Peer-to-Peer Car-Sharing und Food-Sharing fallen in diese Kategorie.
  • Do-it-yourself: Man geht neue Wege um Dinge selbst zu erschaffen. Anstatt etwas wegzuwerfen bringt man es in ein Repair Café oder FabLab.
  • Strategischer Konsum: Konsumangebote werden aktiv mitgestaltet – etwa durch Carrotmobs oder Energienachbarschaften.
  • Nutzen-intensivierender Konsum: Produkte werden effizienter genutzt. Das Paradebeispiel dafür ist das öffentliche Bike-Sharing.

Bleibt die Frage, wie man sich dem Thema am besten annähert. Eine mögliche Antwort könnten Living Labs sein. In diesen Versuchsumgebungen können ökologische und soziale Vorteile von neuen Produkten und Praktiken im “realen Leben” getestet und das Verhalten der Menschen beobachtet und analysiert werden. Basierend auf den Ergebnissen können im Anschluss Anpassungen vorgenommen werden, so dass sich das Projekt in der „realen Welt“ skalieren lässt.

Die vollständigen Folien zum Vortrag von Thomas Wagner mit alle Infografiken können Sie hier herunterladen.