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2013 war es das Thema der CeBIT in Hannover. Zwei Jahre später ist die Share Economy ein Trend, der mittlerweile auch beim Mittelstand angekommen ist. Benötigt ein Unternehmen fachliche Kompetenz für die Realisierung eines Projektes, so erreicht es dank einer wachsenden Community passende Experten, die nicht notwendigerweise aus dem nahen Umkreis sein müssen.

Als es vor einigen Jahren in den USA losging, steckte die Akzeptanz in Sachen Human Cloud noch in den Kinderschuhen. Jetzt ist die sogenannte Share Economy nicht nur gewachsen, sie hat sich entwickelt, ist erwachsen geworden. Kommerzielle und private Sharing-Modelle schießen schon seit geraumer Zeit in jeder deutschen Großstadt aus dem Boden. Mit einem Smartphone können Tauschgeschäfte über das Internet spontan und unkompliziert getätigt werden – abgerechnet wird in kleinen Zeiträumen, im Minutentakt, passend zum wachsenden Wunsch nach mehr Flexibilität.

Zeitgleich verändert sich die Arbeitswelt rasant und die Nachfrage nach hochqualifizierten Freelancern steigt exponentiell. Unternehmen müssen ihre Suche nach Spezialisten ausdehnen. Dieser Meinung ist zumindest das Unternehmen Elance, ein Onlineportal, auf dem Freelancer ihre Kenntnisse und Fähigkeiten darstellen und anbieten können. „Unternehmen können zügig und unkompliziert, ohne viel Bürokratie, externe Arbeitskräfte einkaufen – langfristige Arbeitsverträge sind meist nicht nötig“, wirbt das Unternehmen. Ein Trend, der sich in Asien sogar in einer ganzen Stadt ausbreitet, sie mittlerweile sogar als Sharing City gilt.

Mittelstand + Share Economy = völlig neue Möglichkeit

Für Mittelständler ergeben sich durch die Share Economy völlig neue Möglichkeiten, die Betriebswirtschaftlichkeit des jeweiligen Unternehmens flexibler auszurichten. So kann ein Unternehmen sich durch das systematische Ausleihen und Bereitstellen von Gegenständen sowie Räumen und Flächen neue Einnahmen sichern, sein eigenes Netzwerk ausbauen und so selbst Güter und Arbeitspotenziale nach Bedarf kalkulieren. Laut der Studie Share Economy von pwc wird das Arbeiten in nicht zementierten Arbeitsstrukturen sogar weiter zunehmen. So bedeutet für 55 Prozent der Deutschen das Konzept ein Motor für Arbeitsplätze. 68 Prozent sind der Meinung, dass es im Jahr 2030 normal sein wird, statt eines einzigen 40-Stunden-Jobs, mehrere Einnahmequellen zu haben. Diese Einschätzung steht auch im Einklang mit den Erwartungen der Deutschen an die Arbeit der Zukunft: Knapp die Hälfte möchte lieber freiberuflich arbeiten als in einem Unternehmen mit festen Strukturen.

Ähnlich optimistisch sieht es Professorin Heike Simmet, Leiterin des Labors Marketing und Multimedia an der Hochschule Bremerhaven. Ihrer Meinung nach werden sich die größten Potenziale in den Bereichen Fuhrpark und Logistik zeigen. „Sich eine Fahrzeugflotte mit anderen zu teilen, senkt nicht nur die Kosten, sondern ist zugleich ein Signal mit positiver Außenwirkung, das besagt: Wir gehen besonders effizient mit unseren Ressourcen um. Und im riesigen Wachstumsmarkt Logistik beobachten wir immer wieder, dass es zu Engpässen kommt. Smarte Konzepte zu entwickeln, mit deren Hilfe Kapazitäten gemeinsam genutzt werden können, sind da ein vielversprechender Lösungsansatz, um diesem Problem zu begegnen.“ Die Lean-Methode im Zuge von Industrie 4.0 wird dabei wohl eine entscheidende Rolle spielen. Denn auch der gezielte Einsatz von Ressourcen innerhalb eines Unternehmens, fördert die Wirtschaftlichkeit und schont zugleich die Umwelt.

Share Economy für jeden?

Gibt es Share-Economy-Skeptiker? Ja. Der Autor Dieter Schnaas schrieb 2014, dass Share Economy eher eine Ideologie sei. „Weshalb man nur in aller Vorsicht und Distanz von der Begrifflichkeit Gebrauch machen sollte. „Share Economy“ ist ein wirtschaftspolitisches Programm, eine Agenda interessierter.“ Er steht mit seiner Einschätzung nicht alleine da. Unternehmen, die langjährige und komplexe Projekte umsetzen, können nie kurzfristig Know-how einkaufen. Deren Mitarbeiter müssen grundsätzlich auf lange Sicht eingearbeitet werden. Teilweise bis zu drei Jahre benötigen Absolventen, um Thematik Stein für Stein kennenlernen – kurzfristiges Denken schadet somit nicht nur dem Unternehmen, es schadet meist der Qualität des jeweiligen Ergebnisses beziehungsweise Produktes. „Es fehlt den meisten Mitarbeitern schlichtweg die nötige Erfahrung in den unterschiedlichsten Bereichen der jeweiligen spezialisierten Unternehmen. Sie kommen zwar mit einer guten Ausbildung ins Unternehmen und wissen grundsätzlich wie man beispielsweise programmiert. Sie können damit allerdings in der freien Wirtschaft nicht alleine bestehen. In unzähligen Bereichen gibt es keine Ausbildung, die einen auf das reale Arbeitsleben und im Speziellen auf interne Prozesse vorbereitet. Bis beispielsweise ein frisch gebackener Informatiker selbst entwickelte Systeme samt der dahinter laufenden Prozesse versteht, dauert es eine Weile“, ist sich Simon Thomas, Geschäftsleiter Dr. Thomas + Partner, sicher.

Share Economy Fazit

Die Krise auf dem europäischen Arbeitsmarkt und der Fachkräftemangel in Deutschland wird das Modell Online-Arbeit auch in den hiesigen Breitengraden vorantreiben. Zudem arbeiten immer mehr Menschen freiberuflich: Allein in Deutschland arbeiten mehr als 1,1 Millionen nicht in einem festen Arbeitsverhältnis sondern sind selbstständig. Die Prognosen für ortsunabhängiges Arbeiten sind somit weiterhin positiv. Auch im Bereich Arbeit wird künftig kräftig geteilt werden – und „Projekt-Sharing“ als Teil der Share Economy wird sich immer mehr durchsetzen. Viele deutsche, vor allem kleine und mittelständische Betriebe, arbeiten eher versteckt und verfügen nicht über eine branchenübergreifende Präsenz in der Öffentlichkeit. Diese „Hidden Champions“ bilden im B2B-Sektor eine wichtige Säule und sind branchenintern äußerst beliebt. Doch gerade diese Unternehmen – und da denke ich an Zulieferer, zum Beispiel Hersteller von Feinmechanik und –technik – finden oftmals nicht die geeigneten Fachkräfte und Spezialisten, die sie für ihre Arbeiten benötigen. Hier können spezielle Plattformen für Online-Arbeit einen echten Mehrwert bieten – und letzterer ist unternehmenstechnisch immer individuell.