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Billige Photovoltaik und Batterien werden die Energiewelt erschüttern – das erwartet die Unternehmensberatung Roland Berger.

Wind, Wasser, Sonne und Biomasse: Der Anteil der erneuerbaren Energien befindet sich seit Jahren kontinuierlich im Steigflug. 2014 machte der grüne Strom bereits gut ein Viertel der Stromerzeugung aus, bis 2025 sollen es bis zu 45 Prozent sein. Besonders stark wächst derzeit die Photovoltaik. Und das so stark, dass eine Disruption des Energiemarktes nur noch eine Frage der Zeit ist.

Mit 157,3 Terawattstunden von insgesamt 610 Terawattstunden machten die erneuerbaren Energien im Jahr 2014 etwa ein Viertel der Gesamtstromerzeugung aus. Während Windkraft für ein Drittel und Biomasse für etwa 27 Prozent des Grünstroms verantwortlich waren, fielen auf Photovoltaikanlagen gut 22 Prozent. Damit steht der Solarstrom zwar nur an dritter Stelle, blickt man jedoch auf den Ausbau der vergangenen Jahre ist die Photovoltaik der klare Gewinner.

Bruttostromerzeugung in Deutschland 2014 (Grafik: BMWi)
Bruttostromerzeugung in Deutschland 2014 (Grafik: BMWi)

Vor allem die feste Vergütung über einen Zeitraum von 20 Jahren war bis zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im August 2014 ein wichtiger Wachstumsfaktor. Inzwischen, um Überforderung zu vermeiden, erhalten Betreiber neuer Windkraft-, Solar-, Biomasse- und anderer Anlagen eine Marktprämie, die sich an der Menge der erneuerbaren Energien sowie dem Börsenstrompreis orientiert. Je stärker das Wachstum, desto geringer der Bonus. Die Unternehmensberatung Roland Berger sieht die Photovoltaik trotz der verringerten Prämie in der Lage, in den kommenden Jahren zur Erfolgsgeschichte zu werden.

„Das Wachstum der Solarenergie im Jahr 2014 mit einer Kapazität von 39 Gigawatt ist annähernd so groß wie Japans Atromkraftkapazität und steht weltweit derzeit auf 177 Gigawatt“, so die Studie von Roland Berger. In Deutschland befindet sich die Kapazität vor allem auf Dächern, klassische Solarparks größerer Unternehmen gibt es in Europa kaum. Weniger als ein Prozent der Photovoltaik-Anlagen gehören Energieunternehmen. Grund für den Ausbau ist vor allem der Preis. Mit 17 Cent pro Kilowattstunde ist Solarstrom schon jetzt deutlich günstiger als der Durchschnitt von 28,81 Cent. Der Preisunterschied lohnt sich vor allem dann, wenn die erzeugte Energie nicht eingespeist sondern direkt vor Ort verbraucht wird. 

Neue Energielandschaften

Um als Photovoltaik-Betreiber vom günstigen Strom zu profitieren, sind Automatisierung zur intelligenten Nutzung des verfügbaren Stroms sowie Speichertechnik die Voraussetzung. Spätestens seit sich Tesla mit der Powerwall hinter das Thema gestellt hat, ist abzusehen, in welche Richtung die Entwicklung geht. Auch die Daimler-Tochter Accumotive erschließt mit stationären Energiespeichern ein neues Geschäftsfeld.

Hinzu kommt, dass die Preise für Photovoltaikanlagen in den vergangenen Jahren stark gesunken sind. „Der Impact ist riesig! Bis 2030 könnte Photovoltaik unseren Beobachtungen zufolge neun bis zwölf Prozent der weltweiten Energieproduktion ausmachen“, so Emmanuel Fages, Leiter des Pariser Roland-Berger-Büros.

In solaraffinen Ländern wie Deutschland, Griechenland oder Italien bedeutet der Ausbau für Stromerzeuger und Netze eine besondere Herausforderung. Scheint mittags die Sonne, könnte bis 2025 mehr Strom aus Sonne ins Netz eingespeist werden als aus herkömmlichen Quellen. Zu Spitzenzeiten wäre allein Energie aus Solarzellen in der Lage, mehr als die Hälfte des Verbrauchs zu decken – je nach Wetterlage. Die hohe Fluktuation bedeutet nicht nur ein intelligentes Preissystem, das Industrie und Privathaushalte animiert zu Spitzenzeiten zu konsumieren, sondern auch einen Ausgleich der Unter- und Überkapazität durch eigene Energiequellen sowie den grenzüberschreitenden Handel.

Länder mit den größten Kapazitäten an Photovoltaik 2014 (Grafik: BMWi; Daten: IRENA)
Länder mit den größten Kapazitäten an Photovoltaik 2014 (Grafik: BMWi; Daten: IRENA)

Neuer Strom, neue Geschäftsmodelle

Die Studie von Roland Berger zeigt aber nicht nur Herausforderungen auf, sondern präsentiert auch gleichzeitig die Lösungen. Sinkt die Nachfrage nach herkömmlichem Strom, fällt Energieversorgern die Rolle des flexiblen Springers zu. Er kompensiert mit eigenen Quellen, wenn die vom Verbraucher und Unternehmen präferierte Stromerzeugung eine ungenügende Kapazität liefert. Spezialisierungen in den Bereichen Versorgungssicherheit oder Strommanagement schaffen neue Geschäftsmodelle.