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Mit dem Start der Netzallianz wollte Verkehrsminister Alexander Dobrindt dem Breitbandausbau in Deutschland neuen Schub verpassen. Aber schon nach wenigen Wochen zeigen sich die ersten Probleme.

Zur Hightech-Messe Cebit ist es mittlerweile Tradition, dass Politik und Wirtschaft sich ein digitales Thema auf die Agenda setzen und groß bewerben. In diesem Jahr war es die von Infrastrukturminister Alexander Dobrindt ausgerufene „Netzallianz Digitales Deutschland“. Erklärtes Ziel der Initiative ist es, die mit der Digitalisierung aller Lebens- und Wirtschaftsbereiche einhergehenden Zukunftschancen für mehr Innovation, Wachstum und Beschäftigung zu nutzen und Deutschland zum führenden digitalen Standort in Europa auszubauen. Laut Ministerium sei es eine gesellschaftspolitische Verantwortung, überall in Deutschland die Teilhabe an dieser digitalen Welt zu ermöglichen. Entscheidende Voraussetzung hierfür ist der flächendeckende Zugang zu modernsten digitalen Netzen für Personen und Unternehmen.

Die Netzallianz entstand im Sog der Zielvereinbarung im Koalitionsvertrag, nach der es bis zum Jahr 2015 in Deutschland eine flächendeckende Breitbandversorgung von mindestens 50 MBit/s geben soll. Zur Erinnerung: 2009 versicherte Angela Merkel, dass 75 Prozent der deutschen Haushalte bis 2014 mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 MBit/s im Internet unterwegs sein werden. Ein Blick auf den aktuellen Breitband-Atlas zeigt, dass in Deutschland zwar flächendeckend Breitband verfügbar ist, aber nur bis zu einem Tempo von bis zu 6 MBit/s.

Mit der Allianz aus investitions – und innovationswilligen Telekommunikations- und Netzunternehmen sollen nun die ambitionierten Ziele vorangetrieben werden. Beim ersten Treffen im März diskutierten große und mittelständische Unternehmen die für die nächsten drei Jahre geplanten Investitionen und Vorschläge für flankierende Maßnahmen. Eine der Kernfragen, der sich die Netzallianz stellen muss: Wie können Deutschland und Europa den Anschluss an die digitale Spitzengruppe in der Welt halten? Nach einer Studie von Eurostat liegt Deutschland im EU-Vergleich demnach auf Platz fünf, drei Prozentpunkte hinter Spitzenreiter Finnland. In dem Flächenland verfügen 88 Prozent der Haushalte über einen Breitbandanschluss. 2008 lag Deutschland noch auf Platz neun, deutlich hinter dem damaligen Spitzenduo Dänemark und Niederlande (je 74 Prozent). Aber auch hier gilt: Breitband ist nicht gleich Breitband.

Blockade durch die Telekom

Schon vor dem zweiten Treffen im Herbst werden die Problemfelder deutlich: Der TÜV Rheinland hat errechnet, dass der bundesweite Breitbandausbau auf 50 Mbit/s 20 Milliarden Euro kosten würde. Es ist unklar, wie das Vorhaben finanziert werden soll. Zudem steht die Telekom in der Kritik, den Breitbandausbau zu verschleppen. Die beiden führenden Breitbandverbände BREKO und VATM beklagen in einer aktuellen Pressemitteilung: „Während die Politik einen flächendeckenden Breitbandausbau mit 50 MBit/s fordert, blockiert die Deutsche Telekom den Ausbau in ländlichen und unterversorgten Regionen schon bei 1 MBit/s.“ Die Telekom berufe sich auf eine Verfügung der Bundesnetzagentur, die es ihr erlaubt, den Glasfaserausbau durch Wettbewerber schon dann zu verhindern, wenn in einem Ausbaugebiet die Hälfte der Bürger bereits mit 1 MBit/s versorgt sind. In einem internen Blog stellt die Telekom außerdem klar: „Wir können nur dort investieren, wo wir die Chance haben, unser Geld zurück zu verdienen.“

Aus diesem Grund arbeite laut Minister Dobrindt die Netzallianz mit Hochdruck daran, Investitionshemmnisse abzuschaffen. Für die beteiligten Unternehmen soll sich das Mitziehen „am Schluss auch rechnen“. Mit dem Finanzministerium sei beispielsweise vereinbart, dass die Erlöse der Auktion des 700-MHz-Bandes „zum wesentlichen Teil“ wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgeschossen werden können. Die Gewinner würden dann verpflichtet, mit dem erhaltenen Spektrum auch den Internetausbau im ländlichen Raum voranzutreiben.

Hürden für den Mittelstand

Derweil fühlen sich mittelständische Unternehmen benachteiligt. Branchenvertreter kritisieren, dass die Ausschreibungen der Länder sich teilweise explizit auf die Technologie von Kabel und Glasfaser festlegen würden. „Wäre die Richtfunk-Technologie mit aufgenommen worden, hätten wir sowohl vom Preis als auch von der Bandbreite her konkurrieren können,“ moniert Hartmut Preuße, Geschäftsführer der Stadtwerke Schwedt, die Ausschreibungen in Brandenburg. Ein Verstoß gegen das Gebot der Technologieneutralität und eindeutige Bevorzugung der Deutschen Telekom, urteilen die Gutachter, die nun aufgrund der Ergebnisse eines Gutachtens eine Beschwerde bei der EU-Kommission prüfen wollen.

Angesichts der vielfältigen Probleme war die Netzallianz möglicherweise gut beraten, die Handlungsfelder für alle Beteiligten in einem sogenannten „Kursbuch“ erst bei einem zweiten Treffen im Herbst zu benennen. Andererseits ist bis dahin auch wieder wertvolle Zeit verstrichen. Die Fraktion Die Linke fragt daher, wie sich die Bundesregierung vorstelle, das Ziel „bis 2018 eine flächendeckende Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsnetzen von mindestens 50 Mbit/s zu erreichen“ umzusetzen, wenn die Handlungsfelder für alle Beteiligten erst im Herbst 2014 benannt werden. Als weiteren Showstopper hat die Fraktion zudem die Vergabe der Frequenzen der Digitalen Dividende II ausgemacht, denn diese könne erst im Jahr 2016 umgesetzt werden. Zudem gehe die Laufzeit bestimmter Frequenzen sogar noch deutlich über das Jahr 2016 hinaus.

Eine Antwort der Bundesregierung steht noch aus.