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Die digitale Transformation lässt sich nicht aufhalten. Doch in deutschen Unternehmen wird weder die Tragweite, noch die Herausforderung ausreichend erkannt. Digitalisierungsvorhaben scheitern oft an vermeidbaren Umsetzungsfehlern.

Jedes vierte Unternehmen in Deutschland mit einem Mindestumsatz von jährlich 250 Millionen gibt an, dass der Stellenwert der digitalen Transformation im vergangenen Jahr „deutlich gestiegen ist“. Ein Drittel stellt einen „gestiegenen Stellenwert“ fest. „Doch obwohl damit 60 Prozent der Firmen die wachsende Bedeutung sehen, nennen gerade einmal 35 Prozent die Digitale Transformation als eines ihrer drei Top-Themen und nur ganze sechs Prozent als das wichtigste Thema im Unternehmen“, sagt Philipp Depiereux, Gründer und Geschäftsführer von Etventure. Die Digitalberatung hat zusammen mit der GfK Nürnberg knapp 2000 Großunternehmen in Deutschland zu diesem Thema befragt.

Mit nur 48 Prozent ist in weniger als der Hälfte der Unternehmen die Umsetzung der digitalen Transformation durch Mitglieder des Vorstands oder der Geschäftsführung gesteuert. Ein weiteres Anzeichen, dass das Thema nicht ernst genug genommen wird. Die Etventure-Studie belegt eindeutig: Je stärker Vorstände und Geschäftsführer die Digitalisierung steuern, desto häufiger werden erfolgreiche Ergebnisse in den Großunternehmen sichtbar. „Wenn komplette Geschäftsmodelle und -abläufe eines Unternehmens digitalisiert und in Frage gestellt werden sollen, greift das tief in sämtliche Prozesse sowie in die Kultur des Unternehmens ein. Das bedeutet für das Unternehmen: Ist der Vorstand nicht Treiber des Digitalprozesses, wird die digitale Transformation nicht gelingen“, so Depiereux.

Chancen für Start-ups

„Dabei ist Digitalisierung Chance und Herausforderung Nummer eins. Was der Buchmarkt und die Musikindustrie bereits schmerzlich erfahren mussten, könnte bald andere Branchen, auch im B2B-Bereich, treffen: Wer jetzt nicht digitalisiert, überlässt die Wertschöpfung den großen Technologiekonzernen wie Google, Amazon oder Apple oder auch ganz neuen digitalen Angreifern, die in den Markt drängen“, ist Depiereux überzeugt. Jedes dritte Unternehmen arbeitet inzwischen mit Start-ups zusammen, um die Herausforderung der Digitalisierung zu bewältigen. Dadurch erhoffe man sich einen verbesserten Zugang zu neuen Technologien sowie eine schnellere und vermehrte Innovation.

Doch was sind die Gründe für den fehlenden Umsetzungswillen. Mit einer Nennung von 65 Prozent steht „die Verteidigung bestehender Strukturen“ als Hürde in den Unternehmen an erster Stelle. Es folgen „fehlende Zeit“ (54 Prozent) und „fehlende Erfahrung“ (52 Prozent) als Rechtfertigung. Auch hier macht die Führungsebene einen schlechten Eindruck: 40 Prozent geben an, dass „notwendige weitreichende und radikale Entscheidungen von den Führungskräften gescheut werden“ oder man „zu festgefahren“ im Unternehmen sei.

Mit 92 Prozent sind sich aber fast alle Umfrage-Teilnehmer einig, dass die digitale Transformation die Anforderungsprofile der Arbeitsplätze und auch Arbeitsweisen im Unternehmen verändern werden. Depiereux nennt Beispiele für eine vorbildliche Umsetzung: „Wir erleben häufig, dass spannende Innovationsvorhaben an internen Widerständen scheitern. Daher haben Geschäftsführer von führenden Unternehmen wie Schindler, Osram oder auch Viessmann und Klöckner entschieden, Digitalprojekte zunächst außerhalb des Unternehmens, in einem geschützten Raum, zu starten.“